Reisen Band 2. Gerstäcker Friedrich

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Reisen Band 2 - Gerstäcker Friedrich

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benutzen, um sich der mehr als zudringlichen und meistens den Platz behauptenden Rehe zu erwehren. - Den letzteren mußte übrigens das Klima nicht besonders zusagen, denn als ich zum zweiten Mal hier herauskam, war der Bock schon verendet.

      An fremden Tieren waren noch da: ein junger bengalischer Tiger, ein prachtvolles glattes, geschmeidiges Thier, und ein kleiner schwarzer Bär vom Himalayagebirge, ein kleiner, häßlich struppiger, faul und mürrisch aussehender Gesell, der sich übrigens seiner Häßlichkeit ordentlich zu schämen schien, denn er hielt sich fast ununterbrochen die eine Vordertatze vor das Gesicht.

      Als ich später noch einmal Botanybai besuchte, fuhren wir auch mit einem Boot an das andere Ufer der Bai hinüber, das insofern merkwürdig ist, als Capitain Cook hier sowohl wie La Perouse, der berühmte französische Seefahrer, zum ersten Mal australischen Boden betraten. Das Ufer wird dort durch einen sehr weichen gelben Sandstein gebildet, der sich auch in steiler niederer Klippe emporzieht, und zum Andenken an diese Stelle ist dort eine kleine Kupferplatte in den Fels eingelassen, welche die näheren Daten enthält. La Perouse dagegen ist auf dem linken Ufer der Bai eine kleine Säule von Sandstein gesetzt, um sein Andenken zu feiern. - Nachdem er nämlich die australischen Küsten verließ, hat man nie wieder von ihm gehört, und nur nach langen Jahren, wenn ich nicht irre, an den Küsten von Neu-Guinea, Anzeichen gefunden, daß sein Schiff dort gestrandet und die Mannschaft verloren gegangen oder erschlagen sein müßte.

      An Scenerie bietet Botanybai übrigens gar nichts und kann nicht im Entferntesten mit der benachbarten Sidneybai oder Port Jackson, wie sie gewöhnlich genannt wird, verglichen werden. - Die unmittelbaren Ufer der Bai und einige kleine /49/ niedere Talflächen ausgenommen, ist das Land eine buschüberwachsene Sandfläche, die oft in dürre weiße Sandstrecken ausartet, und Port Jackson, das da so reizend mitten im dürren Boden liegt, kam mir wahrlich vor wie ein kleiner Ausschnitthändler, der seinen ganzen Warenvorrat aufgeputzt im Schaufenster hängen und zu diesem Zweck seinen ganzen übrigen Laden geplündert hat. Botanybai ist allerdings der Mannigfaltigkeit neuer Pflanzenarten wegen berühmt, die man dort entdeckte, und ich gebe zu, daß man, in's Einzelne gehend, die verschiedenen mit Blumen bedeckten Büsche, die mannigfachen Gattungen der Banksias und anderer, ungemein schön und interessant finden kann; das aber nimmt dem Ganzen doch nicht seinen Charakter, und der ist, sobald man den Wasserspiegel verläßt, ein entschieden trauriger.

      Botanybai ist übrigens außerdem ein so harmloser Platz als möglich, und hat den schlimmen Namen, den es in der civilisirten Welt trägt, sicherlich auf die unschuldigste Weise bekommen. An feinen Ufern war nie eine Verbrechercolonie, ja die Leute sind dort nicht einmal zu Arbeiten verwandt, da gar nichts hier gearbeitet worden, und dennoch trägt der Name Botanybai jetzt fast alle Schrecken jener Periode - das kommt davon, wenn man schlechte Nachbarn hat.

      Natürlich besuchte ich auch das Theater in Sidney, muß aber gestehen, daß ich von dem guten Geschmack des dortigen Publikums keinen sehr günstigen Begriff bekam. Ich hatte geglaubt, daß ein von England aus direct abstammendes Publikum etwas mehr künstlerischen Sinn haben würde, als Bruder Jonathan in den Vereinigten Staaten; aber Gott bewahre, ich fand denselben Bombast, dieselbe Marktschreierei, und die Schauspieler, mit nur sehr wenigen Ausnahmen, der Art, daß sie selbst auf einer mittelmäßigen Bühne Deutschlands dieselbe Aufnahme wie hier empfangen Hütten, nur daß die Bedeutung dort eine etwas verschiedene gewesen wäre. Trommeln und Pfeifen gilt hier nämlich für unbegrenzten Beifall, und es tat meinem Herzen wohl, ohne unartig zu werden, ganz in deutschem Sinne mit einstimmen zu können.

      Der ganze Zettel schon war amerikanisch: erst ein Drama mit genauer räuberromanartiger Angabe der verschiedenen /50/ Szenen und entsetzlichen Vorfälle, dann komische Gesänge, die sämtlich vom Publikum auf die ungezogenste Weise als capo verlangt wurden, und höchst mittelmäßige, aber sehr stark applaudierte Tänze dazwischen. Vielleicht geschah es an dem Abend nur zufällig, aber es kamen sehr viele Damen in engen Tricots vor, die nicht selten keineswegs zarte, aber stets sehr stark applaudierte Sachen sagten. Das Publikum schien überhaupt nicht im Mindesten eigen, wie ich wenigstens aus einem kleinen Lustspiel zu ersehen glaubte, das nach dem Drama gegeben wurde, und in dem ich den Schauspielern Vieles wieder abbat, denn sie spielten vortrefflich. Das Sujet desselben war sehr einfach: ein paar schmollende junge Eheleute, die ein plötzlich ankommender, ungekannter Bruder der Frau - natürlich Offizier - versöhnt, der von dem Ehemann erst für einen Nebenbuhler gehalten wird. In der Entwickelung äußert dabei der Ehemann, daß der Offizier - der sich mit ihm, nachdem er seine Frau geküßt, nicht schlagen will - verdiene, den Rock, den er trage, vom Leibe gerissen zu bekommen, worauf der Offizier sehr kaltblütig äußert: „wenn er meine". Dann zieht er in höchster Gemütsruhe seinen Rock aus; „vielleicht auch die Weste?" sagt er dann, und entäußert sich auch dieser. Das Ehepaar nebst den Dienstboten - einem alten Bedienten und der jungen Magd - stehen entsetzt. - Rock und Weste liegen auf dem Stuhl - das Publikum lauscht in atemloser Spannung. „Wünschen Sie etwa noch mehr?" fragt mit Seelenruhe der schreckliche Offizier, und macht dabei eine ganz unzweideutige Bewegung, um sich auch seiner Unaussprechlichen zu entledigen, was nur durch eine angstvoll ablehnende Bewegung des Ehemannes und durch einen gemeinsamen Entsetzensschrei der Frau und der Dienerin, wie durch das unbändige Aufjubeln des Hauses verhindert wurde. Ein einziger junger Mann im Parterre schien auch dieses zu wünschen, denn er schrie aus Leibeskräften: down with them ! — wurde aber überstimmt.

      Das Publikum selber war für mich interessanter fast als das Spiel. Wirklich habe ich kaum je eine wild- und bunt- gemischtere Menge beisammen gesehen. Die erste Galerie enthält ausschließlich die feine Welt; schon der Name dress /51/ circle zeigt, was sie bedeutet, und schwarze Fracks und weiße Glacehandschuhe haben dort unbestreitbar die Majorität. Die Damen sind ebenfalls im höchsten Putz, und allen anderen ersten Gallerten gleich wird hier, nur mit sehr wenigen Ausnahmen, weder Mißfallen noch Tadel ausgesprochen; es herrscht eine edle, würdige Steifheit. Die zweite Galerie ist für die Mittelklasse, aber nur ein halb anständiger Platz, denn man darf sich keineswegs wundern, wenn plötzlich einmal eine junge Dame ihre beiden Hände auf Eines Schultern stützt und über den etwas Überraschten hin mit der größten Unbefangenheit und unverkennbarer Aufmerksamkeit das Spiel betrachtet. Die dritte Galerie ist der billigste Platz, der Aufenthalt der Gerechten - das Paradies, und je schrecklicher der Zettel, desto voller. Der interessanteste Raum ist aber jedenfalls das Parterre, denn wenn jener den Namen des Paradieses verdient, so sieht das Parterre aus, als ob dort die Schafe und Böcke noch nicht geschieden wären, und fortwährend in höchster Ungeduld den entscheidenden Ausspruch, der sie zur äußersten Rechten oder Linken berufen solle, erwarteten. - Wie aus der Arche Noah herausgeschüttelt sitzen dort „ein Männlein und ein Fräulein" traulich bei einander, Matrosen und Dienstmädchen, Grisetten und Ladenjünglinge, Handwerker und Wasserleute, kurz Ers und Sies im tollsten Farbenschmelz, mit Strohhüten, Mützen, Blumenhauben, roten Shawls, Hemdärmeln, Spitzenkragen und Fracks. Während der Akte amüsiert sich dieses Völkchen vortrefflich mit Lachen, Bravoschreien, Dacaporufen und Trommeln und Pfeifen - beides, wie gesagt, hier Beifallsbezeigungen -, und in den kurzen Zwischenacten wird seine Lust erst recht laut, so daß also für dasselbe ein solcher Theaterabend einer fortgesetzten, ununterbrochenen Reihe von Vergnügungen zu gleichen scheint. Dann kommt die Zeit, wo hier und da einer der sich berufen fühlenden Laien auf die Bank steigt, und seiner ihm entzückt lauschenden Umgebung einen declamatorischen oder musikalischen Vortrag hält. Hier führen zwei Matrosen ein Scheingefecht mit Stöcken auf - sehr zur Unbequemlichkeit eines ruhigen Mannes in einem braunen Rock, der all' die Hiebe bekommt, die der eine Matrose pariert; /52/ dort hat ein Anderer den kaum verlassenen Platz eines Dritten räuberischer und hinterlistiger Weise occupirt, und ein hitziger Wortwechsel droht ein noch viel hitzigeres Ende nehmen zu wollen: schon reißt der Eine seine Jacke vom Leibe, seinen Ellbogen in dem bevorstehenden Kampfe freieres Spiel zu gewähren, als sich plötzlich ein Aufwärter mit Leib und Tragkorb hineinlegt, und zwar im wörtlichsten Sinne des Worts, aber auch eben so unfreiwillig als glücklich für den Frieden des Hauses. Mit einem Korb nämlich voller Apfelsinen, Äpfel, Birnen und Feigen beladen, ist er, der allgemeinen Gewohnheit nach, ruhig über die Bänke, das Obst zum Verkauf ausbietend, dahergeschritten, unglückselige Neugierde leitete seine Bahn nach dem ausbrechenden Tumult hin, nur noch eine Bank weiter, da

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