Reisen Band 2. Gerstäcker Friedrich

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Reisen Band 2 - Gerstäcker Friedrich

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sondern auch /61/ eine Krankheit des Rindviehs zur Folge hatte, die Tausende hinraffte und sogar den Menschen schädlich wurde.

      Der Port-Philipp-District wurde dazu noch von einem Waldbrand heimgesucht, der, ich weiß nicht wie viele tausend Acker Busch und Felder, wie Fenzen und Wohnungen niederbrannte und sogar mehrere Menschenleben vernichtete. Eine Menge Vieh ging mit der ganzen diesjährigen Ernte dadurch verloren, und es mußte jetzt von hier aus Getreide hinuntergeschafft werden, von wo es sonst nach Sidney verschifft wurde.

      In Sidney fing mir übrigens die Zeit an laug zu werden, es war das einzig kaufmännische Treiben, um das sich hier Alles drehte, und so beschloß ich denn, mit meiner Reise durch das Innere nicht länger zu zögern, stellte meinen Koffer zu Herrn Consul Kirchner ein, der sich freundlich erboten hatte, ihn mit einem in wenigen Tagen nach Adelaide bestimmten Schoner dorthin vorauszuschicken, und frug keinen Menschen mehr über den Marsch selber und die dortigen Indianer - ich hatte die Schaudergeschichten satt, mit denen mich die Leute von meiner Tour zurückhalten wollten. - Es war nichts als Mord und Totschlag und Nierenfettausschneiden, und kommt man nachher an Ort und Stelle, so sind die Gefahren in das Unglaubliche hinein übertrieben gewesen. Es war ja so auf allen den nur etwas außergewöhnlichen Märschen, die ich bis dahin noch gemacht.

      Mit Waffen war ich übrigens vollkommen gut versehen, um wenigstens von meiner Seite nichts zu versäumen, und fest entschlossen dabei, mich mit den wilden Stämmen, die, wie ich recht gern glauben wollte, verräterisch genug sein mochten, so wenig als möglich einzulassen. - Das Übrige fand sich an Ort und Stelle. /62/

      2.

      Postfahrt von Sidney nach Albury.

       Die Beförderung von Passagieren und Briefen ist hier in Australien ganz in den Händen von Privatpersonen, die sich kontraktlich verpflichten, die „Mail“, das heißt die Briefsäcke, zu gewissen Stunden an Ort und Stelle zu liefern, und die Passagiere, die ihnen aus Gnade und Ungnade übergeben sind, als eine zwar lästige, aber doch des Gewinnes wegen nötige Zugabe betrachten. In diesem Sinne und von diesem Princip ausgehend, ist auch die ganze Posteinrichtung getroffen, und ein Passagier, der sich auf der „Royal-Mail", wie die Karren prunkvoll genug heißen, einschifft, mag nur seine Seele einstweilen Gott empfehlen und sich ganz und gar mit seinem Körper beschäftigen, denn dessen Mißhandlung wird sicherlich seine ganze Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Doch zur Sache.

       Dienstag, den 22. April, Nachmittags vier Uhr, ging die Post ab. Am Tage vorher hatte ich meinen Passagierschein genommen - das heißt mein Geld gezahlt, denn ein Schein wurde dafür nicht ausgegeben — und auf meine Frage, ob viele Passagiere mitführen, erhielt ich die trockene und etwas eigentümliche Antwort: „Nur eine Dame, für die Sie werden Sorge tragen müssen“.

       Das war short and sweet, und ich wußte im Anfang nicht, was ich daraus machen sollte; der Mann sah aber so ernst aus und hatte so entsetzlich viel zu tun - nicht mit Postbeförderung, sondern er war auch nebenbei Ausschenker in einem Schnapsladen, und bediente seine Kunden fortwährend, indeß er mich zu gleicher Zeit Thurn und Taxierte - daß ich ihm meine „drei Pfund Sterling" bis Yaß - einer Zwischenstation - geduldig auszahlte, und mir nun auch nicht weiter den Kopf über die geheimnißvolle Dame zerbrach, sondern meine Vorbereitungen zur morgenden Abreise traf und dem Schicksal dann ruhig seinen Lauf ließ. /63/ Der Nachmittag vier Uhr kam und mit ihm die Postkutsche, ein sehr bequemes und elegantes Fuhrwerk und unseren Postwagen nicht unähnlich, aber ohne Vorder- und Hinter- coupés, eine einfache, vortrefflich gepolsterte Kutsche. Vorsichtiger Weise war ich zeitig genug an Ort und Stelle, stieg ein und drückte mich nun behaglich in die eine Ecke auf den hintern Sitz. So, d e n hatt' ich sicher!

       Ich saß kaum ordentlich, als die Thür wieder aufging und eine Dame durch den galanten Kutscher einbefördert wurde - „ah, meine Schutzbefohlene!" dachte ich bei mir selber, und rückte etwas mehr in die Ecke - es war ein allerliebstes kleines Frauchen von etwa zwanzig bis einundzwanzig Jahren, mit einem kleinen rotbäckigen Säugling auf dem Arm. Der Sitz war breit genug, daß wir ganz bequem neben einander sitzen konnten, und die Dame nahm nach kurzem Gruß den andern Rücksitz ein. - „So, nun kann's fortgehen," dachte ich, hatte mich aber geirrt. Da öffnet sich behend ein zweites Tor, und daraus rannte nicht etwa etwas hervor, sondern da hinein wurde jetzt, wie es schien, durch die „Rückwirkung" zweier zinnoberroter Männergesichter eine Dame geschoben, welche die Muschel eines gewöhnlichen Schlittens vollkommen ausgefüllt hätte, und uns beide erstaunten Passagiere jetzt gerade so ansah, als ob sie fragen wollte: nun, welchen von Beiden soll ich zuerst totdrücken?

       Mein armer Rücksitz - die Höflichkeit gegen Damen erforderte, daß ich ihn aufgab, und dieser Koloß hätte die Höflichkeit gegen zwei Damen fordern können; ich glitt auf einen Vordersitz, Kürbis drückte sich neben meiner Schutzbefohlenen ein und entwickelte hier, zu meinem unbegrenzten Erstaunen, als sie den breiten rotbunten Shawl auseinanderschlug, ebenfalls einen kleinen und jetzt aus voller Kehle zu schreien beginnenden Staatsbürger, den sie bis dahin unter den weiten Halten ihres Tuches geborgen gehalten. Aber noch waren wir nicht zur Ruhe gekommen, als die Tür zum dritten Mal aufging, um jetzt nicht eine, nein, lieber Leser, sondern d r e i auf einmal einzulassen. Eine davon trug ebenfalls ein Kind, und die anderen beiden sahen sich, als sie herein waren, gleichfalls um, als ob sie nur erwarteten, ein paar /64/ kleine Schreier nachgereicht zu bekommen. - Damen schienen hier Kinder, wie bei uns Regen- oder Sonnenschirme bei sich zu führen.

       „Aber, um Gottes willen, wie viel sollen denn eigentlich hier noch herein ?“ frug ich jetzt in Verzweiflung den Kutscher. „Sechs!“ war die lakonische Antwort, und die Tür flog wieder zu.

       Sechs w a r e n wir schon, „ohne die Weiber und Kinder“, wie es in Schlachtberichten lauten würde - hier jedenfalls ohne die letzteren, und ich mußte trauernd zusehen, wie sich die Letztgekommene - irgend ein rücksichtsloses rotbäckiges Kind des Landes - mühsam, aber entschlossen zwischen meine arme kleine Schutzbefohlene - ja, wer um Gottes willen von allen diesen war es denn eigentlich? - hineinarbeitete.

       „Ist Ihr Gewehr geladen?“ schrie auf einmal die dicke Dame, die erst jetzt meine, zwischen Thür und Knie geklemmte Büchsflinte gewahr wurde, mit einem förmlichen Aufkreisch.

       „Nein, Madame,“ war meine, wenn auch artige, doch sehr lakonische Antwort.

       „Aber wenn es doch etwa –“

       „Es ist kein Korn Pulver darin –“

       „Aber wenn es nun platzt –„

       „Platzen?“ frug ich erstaunt und sah die korpulente Frau an, die wirklich ein Gesicht machte, als ob sie jeden Augenblick das Explodieren der entsetzlichen Waffe erwartete.

       Die wieder aufgerissene Tür unterbrach in diesem Augenblick unser Gespräch.

       „Only one more!“ rief der Kutscher, und wollte eben noch in Wirklichkeit eine Dame mit einem Kind hereinbefördern - das aber war zu viel. - Ich bin sehr gern in Damengesellschaft, aber man kann eine Sache auch übertreiben. - Glücklicher Weise saß ich dicht neben der Tür, nichtsdestoweniger hatte ich mein rechtes Knie so zwischen denen meiner schönen und unschönen Nachbarinnen eingeklemmt, die auch nicht einen Zoll breit zur Seite weichen konnten, daß es einer wirklichen Anstrengung bedurfte, um frei zu kommen. Kürbis, die mir gerade gegenübersaß, richtete sich so weit als möglich auf, /65/ schrie aber (ihr Kind, um Raum zum Bewegen zu geben, mit beiden Händen oben unter die Decke pressend) Mord, als der Kutscher, dem ich vor allen Dingen erst einmal mein Gewehr hinausgereicht hatte, ihr die Mündung gerade unter die Nase hielt. - Ich hielt mich nicht länger auf - dem Kutscher meine Hand gebend, der mich am Arm ergriff und mit Hilfe eines mitleidigen Beistehenden ins Freie zog, erreichte ich glücklich und tief aufatmend frische Luft, und meine kalifornische Zarape, wie noch einige andere Kleinigkeiten im Stich lassend, arbeitete ich mich „an Deck“, das heißt

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