Reisen Band 2. Gerstäcker Friedrich

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Reisen Band 2 - Gerstäcker Friedrich

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dasselbe. Gerade hier war jedoch Wasser genug, und wir setzten in einem großen breitschlächtigen Fährboot über.

       Am nächsten Tag bekamen wir für die Abgegangene wieder einen andern Passagier als Leidens geführten - einen jungen Mann, und seiner weißen Halsbinde und dem etwas breit- krämpigen Hut nach unter jeder Bedingung Geistlicher, der, wie ich auch bald genug erfuhr, seine Glieder allmonatlich dem australischen Marterfuhrwerk, Royal-Mail genannt, preisgab, um in Albury seine geistlichen Functionen zu versehen - ich betrachtete ihn mir als eine Art Märtyrer mit einer /74/ gewissen Ehrfurcht. In Albury glücklich und ohne Knochenbrüche angekommen, hält er dann Sonntags seine regelmäßigen Predigten, und tauft und traut was ihm gebracht wird und sich während seiner Abwesenheit angehäuft hat.

      Interessant war sein Entree - natürlich kam er zu mir auf den Hintersitz, und mit einem sanften, verbindlichen Gruß aufsteigend, nahm er seinen Sitz ein und zog ein kleines Gebetbuch aus der Tasche, in dem er zu lesen anfing. Er war allerdings schon öfter auf dieser Post gefahren und hatte volle Ursache, seinen Leichnam dem Herrn der Heerschaaren im Besondern und sämtlichen Posten im Allgemeinen zu empfehlen, aber er gab auch ein treffendes Beispiel, daß man in Zeit der Not wenn man beten will, nicht die Hände dabei falten darf, sondern zugreifen muß; denn kaum konnte er zehn Worte gelesen haben, als der Kutscher in die Pferde hieb, und mit dem ersten Ruck war auch Buch und Hut des geistlichen Mannes, der nur rasch mit beiden Händen ausgriff, um sich vor dem eigenen Falle zu bewahren, über Bord. Wir mußten wieder halten, um Beides aufzulesen, und der reisende Prediger steckte von da ab sehr vernünftiger Weise sein Buch in die Tasche.

      Am nächsten Abend bekamen wir etwa dritthalb Stunden Zeit zum Schlafen; wie wir aber am andern Morgen wieder abfahren wollten, erwies es sich, daß der geistliche Herr kein „kleines“ Geld bei sich hatte, um seine Zeche zu zahlen; seiner Bitte, das Geld bis Albury für ihn auszulegen, willfahrte ich gern, wunderte mich nur, dort angekommen, über sein schlechtes Gedächtnis. Er erwähnte kein Wort weiter von den drei Schillingen, und ich muß vermuten, daß er mich als ein „ W e r k z e u g“ betrachtet habe.

      Diesen Morgen traf ich auch einige deutsche Familien, die hier bei Engländern ausgemietet waren und ihre Heimat mitten in dem graslosen, dürren Gumwald gegründet hatten; sie fühlten sich aber trotzdem vollkommen wohl, denn sie hatten doch hier, was sie in Deutschland nicht gehabt: ihr gutes Auskommen, und mit anderen Bedürfnissen total unbekannt, mit ihrer Familie um sich her, auch weiter keine Entschädigung /75/ nötig für Das, was sie etwa sonst noch im alten Vaterland zurückgelassen.

      Die Gegend war hier übrigens so wasserarm, daß mir die Leute versicherten: nicht weit von hier sei im Walde ein Wasserloch, zu dem der glückliche Besitzer desselben einen Mann mit einem geladenen Gewehr gestellt habe, um fremdes Vieh und fremde Viehtreiber davon abzuhalten.

      Butter und Milch gelten gegenwärtig in dieser Gegend als Naturmerkwürdigkeiten.

      Sonnabend um zwölf Uhr erreichten wir endlich bei besserem Weg und über die Ebene hin, welche die Wasser des Murrumbidgee und Murray voneinander trennt, das kleine Städtchen A l b u r y, am Ufer des letzteren, und an allen Gliedern steif, kaum fähig von dem steten Anhalten meine Arme noch zu regen, kletterte ich vor einem der Wirtshäuser in Albury von dem Marterkastcn herunter, und war wirklich selber erstaunt, mich noch ganz und unzerbrochen, nur mit einigen im Verhältnis zu den erhaltenen Stößen wirklich unbedeutenden Quetschungen, wieder vorzufinden. Hier verließ ich die sogenannte Melbourne-Post, um mich auf dem Murray oder Hume, wie der Murray hier oben größtenteils genannt wird, einzuschiffen.

      Albury ist ein kleines, wachsendes Städtchen, so recht im Innern des Landes, und steht bis jetzt auch nur durch diese Personenpost und sonst durch Güterkarren mit dem fast vierhundert Meilen entfernten Sidney und dem nur etwa zweihundert Meilen abliegenden Melbourne in Verbindung.

       In gegenwärtiger Zeit beschränkt sich diese Verbindung aber fast einzig aus die Post, denn der totale Grasmangel der Umgegend und die enormen Preise für j e d e s Viehfutter machten es den sonst gehenden Güterkarren fast unmöglich, ihr Vieh durchzubringen, und diese Preise, besonders des Proviants, waren deshalb auch sehr gestiegen. Handel und Verkehr stockte aus dieser Ursache auch etwas in Albury, denn seit sechzehn Monaten war kein ordentlicher Regen gefallen, und der Murray in diesem Augenblick so niedrig, daß sich der ewige älteste Mann mit dem schlechten Gedächtniß selbst /76/ nicht darauf besinnen konnte, ihn je so niedrig gesehen zu haben.

      Von Mr. und Mrs. Heaver in Albury, an die ich Briefe von Sidney aus gebracht hatte, wurde ich aus das Herzlichste aufgenommen; sie behandelten mich während der kurzen Zeit meines Aufenthalts dort in der Tat nicht wie einen Fremden, sondern wie ganz zu ihrer Familie gehörig, und hier war es, wo ich die fast unbegrenzte Gastfreundschaft des Murray zum ersten Mal, und zwar gleich in ihrer ganzen Ausdehnung, kennen lernte. Ich werde nie die wirklich angenehme Woche vergessen, die ich in ihrem Hause verlebte.

      Meine erste Sorge in Albury war nun natürlich, mich nach einem Canoe oder Fahrzeug umzusehen, aus dem ich meine Reise antreten konnte, oder, da kein solches zu bekommen war, nach passendem Holz zu einem auszuhauenden Canoe; aber leider sollte ich hier alles Das bestätigt finden, was mir schon mehrere der in Albury Bekannten vorher darüber gesagt hatten. Gumbäume so weit das Auge reichte, Gumbäume so weit ich am Ufer hinauf- oder hinunterging - ewige, unverwüstliche, unvermeidliche, unausstehliche Gumbäume, mit einem Holz so schwer, daß der kleinste Span wie Blei untersank, und daraus sollte ich ein Canoe hauen? Eine Hoffnung blieb aber noch: in den Hügeln dicht bei Albury sollten noch Stringybarkbäume mit etwas leichterem und besser zu bearbeitendem Holze stehen, und um diese aufzufinden, nahm ich mir einen der dort herumstreifenden Indianer oder „Schwarzen“ mit.

      Bei Albury lagerte gerade ein kleiner Stamm, und ich bekam hier diese Söhne der australischen Wildniß zum ersten Mal in ihrem vollen, noch wenig civilisirten Zustand zu sehen. Oh mein schönes Imeo mit deinen Palmen- und Guiavenschattcn, mit deinen Orangen und Brodfrüchten und deinen lieben, freundlichen, schlanken und reinlichen Bewohnern — die Männer mit den offenen Gesichtern und kräftigen Gestalten, die Frauen mit den klaren schwimmenden Augen, den üppigen, glattgekämmten und geölten Haaren und dem freundlichen Lächeln! - und von dort wie mit einem Zauberschlag hierher verpflanzt zwischen die ewigen trostlosen Gumbäume /77/ und zwischen das schwarze, schmutzige, heimtückische, mordlustige Volk dieser Wälder - der Abstand war zu entsetzlich. Und das zu erreichen, hatte ich mich selbst der Gefahr ausgesetzt, auf einer australischen Royal-Mail zu fahren! Es geschah mir aber ganz recht; ich habe mich überhaupt schon von frühester Kindheit an mit größter Mühe, und oft mit nicht geringer Aufopferung, in alle möglichen Arten von Verlegenheiten hineingearbeitet, und war dann gar häufig selber erstaunt, ihnen wieder, wenn auch oft mit Hinterlassung sämtlicher Federn, entgangen zu sein. Gegenwärtig schien ich mich in einer Urpatsche zu befinden, und ich fing an, wirklich neugierig zu werden, wie ich aus dieser wieder gerettet würde.

      Die Erzählungen, die ich hier über die Schwarzen oder Blacks, wie sie die Engländer nennen, hörte, waren gar nicht tröstlicher Art; in letzter Zeit besonders sollten wieder mehrere Mordtaten vorgefallen sein, und wie auch darüber Einige noch im Zweifel waren, ob ich mein Canoe glücklich den Fluß hinunterführen könne, so waren sie doch darüber Alle einig, daß ich wahrscheinlich unterwegs von den Blacks „gespeert“ werden würde. Eine angenehme Sache, wenn man bedenkt, daß die Speere von sehr hartem Holz und sehr spitz sind, welche Spitze von den unvorsichtigen Wilden jedesmal vorneweg geworfen wird! Man gab sich dabei jede nur erdenkliche Mühe, mir die für mich doch jedenfalls interessant sein müssenden genauesten Daten anzugeben, mit welcher Sicherheit sie ihr Ziel zu treffen wüßten, und zwar von achtzig bis hundert Schritt, und die Mitte des Stromes, die ich nicht einmal immer halten konnte, betrug an keiner Stelle mehr als vierzig bis fünfzig.

      Auf das Umständlichste erfuhr ich ebenfalls, was sie mit Denen machen, die sie entweder überfallen oder auf sonstige Art in ihre Gewalt bekommen. Sie haben gerade kein besonderes Interesse dabei, sie zu töten (falls sie nicht zu einer besonders feierlichen Gelegenheit,

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