Wilde Welt. Gerstäcker Friedrich

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Wilde Welt - Gerstäcker Friedrich

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Nu war der Plan, die Flüchtigen von dem mit Militär besetzten Ort abzuschneiden, gefaßt. „Vorwärts - da hinüber, vorwärts!" befahl Osantos, und die Hufe der behenden und zähen Steppenrosse berührten kaum den Boden in ihrem Sturmeslauf.

      Ueber die Pampas hin, Glück und Seligkeit im Herzen und die Gefahr, die ihnen noch immer drohte, nicht achtend, floh Diego mit dem lieben Mädchen. Josefa saß wacker im Sattel, und des alten Gaucho Pferd war ein tüchtiger Renner, wie die weite Steppe keinen besseren je getragen. Weit hintenaus warfen sie den Rasen, und die Vorsicht, die Diego gebraucht hatte, im Anfang und so lange sie noch unter dem Schutz der Nacht dahin ritten, die Verfolger durch kurze Kreuz- und Querritte von der Fährte zu bringen oder wenigstens aufzuhalten, erwies sich für's Erste wirksam genug, um ihnen einen beträchtlichen Vorsprung zu verschaffen. Aber auf die Dauer freilich hatten sie die wilden Söhne der Pampas nicht zu täuschen vermocht. Nun waren sie entdeckt, und unaufhaltsam, das bewegliche Ziel vor Augen, preßten die Verfolger näher und näher heran.

      Diego hatte sie längst bemerkt. Schon als die Ersten von dem Trupp aus dem höher liegenden Erdkamm erschienen, erkannte er die drohenden Gestalten gegen den hellen Himmel. /81/ Aber er trieb die Pferde deshalb nicht zu größerer Eile an, damit ihre Kräfte nicht im entscheidenden Augenblick versagen sollten. Noch lag eine weite Strecke zwischen ihnen und den Verfolgern, die ihre eigene Sicherheit mehr und mehr gefährdeten, je näher sie der kleinen Stadt Cruzalta kamen. Daß er sich selber nicht ungestraft dort durfte blicken lassen, galt ihm gleich. Was lag ihm an seinem Leben, wenn er nur Josefen dem furchtbaren Schicksal entreißen konnte, dem sie unter den Wilden verfallen gewesen.

      Weiter stürmten die wackeren Renner, weiter und immer weiter, aber der flüchtige und scheue Blick, den Diego zurück über seine Schulter warf, zeigte ihm auch, daß die Verfolger - wenn sie nicht bessere Pferde hatten - doch rücksichtslos um späteres Ermatten sie antrieben, und daß sich die Entfernung, die noch zwischen ihnen lag, mit jedem Augenblick verringerte.

      Josefa hatte im Anfang keine Ahnung davon, daß ihnen die Feinde so nahe wären; Diego's häufiges Zurückbleiben machte sie aber endlich ebenfalls aufmerksam, und schaudernd gewahrte sie die wachsende Gefahr. Aber kein Wort wurde zwischen den Beiden gewechselt. Rascher trieben sie ihre Pferde an, und im wilden Flug durchschnitten sie den grünen Plan. Doch umsonst; näher und näher rückten ihnen die Wilden auf den Leib, und schon klang ihnen deutlich das jubelnde Hohngeschrei der Horde in die Ohren.

      Da richtete sich Diego hoch im Sattel auf. Nicht mehr nach den Verfolgern schaute er zurück, denn ein Etwas hatte seinen Blick gefesselt, was vor ihrer Bahn war.

      „Wir sind verloren," stöhnte Josefa an seiner Seite.

      „Noch nicht," rief er ermuthigend. „Seht Ihr dort drüben den dunkeln Fleck auf der grünen Fläche?"

      „Eine weidende Heerde," sagte die Jungfrau, und scheu streifte ihr Blick zurück nach den wilden Gestalten, die sie immer bestimmter hinter sich erkennen konnten.

      „Das ist keine Heerde," jauchzte aber Diego. „Größer und größer ist der Fleck geworden, und er wächst mit jedem Sprung, den wir vorwärts thun." /82/

      „Ihr verändert die Richtung, Seňor," rief Josefa, „kommen uns die Wilden nicht dadurch näher?"

      „Ja, aber von jenseit nahen die Retter," jubelte Diego. „Der lange Streifen, der sich dort drüben mehr und mehr entwickelt, ist argentinische Kavallerie."

      „Die Wilden würden sich schwerlich so weit in deren Nähe wagen."

      „Sie haben sie noch nicht bemerkt," rief Diego - „der Strich, den sie jetzt durchreiten, liegt tiefer als der, auf dem wir uns im Augenblick befinden. Aber ihre Ueberraschung wird desto größer sein. Wenn unsere Pferde nur noch eine halbe Stunde aushalten, so sind wir geborgen."

      Josefa strengte ihre Augen an, die sich vor ihnen entwickelnde Schaar zu erkennen. Wenn es am Ende, anstatt einer Gauchotruppe, nur eine andere Horde von Wilden war, so blieb ihnen nichts übrig, als Unterwerfung unter ihr Schicksal. Näher und näher kamen indeß die Feinde, aber Diego hatte schon den rothen Schein der argentinischen Ponchos, das Blitzen der Sonne auf den Karabinern erkannt, und dachte jetzt an die Rettung seiner eigenen Person und an die Mittel, Josefa vor der Rückkehr in Rosas' Gewalt zu bewahren.

      Sobald die Indianer nämlich das Militär entdeckten, was in den nächsten Minuten geschehen mußte, so hoffte er, daß sie Halt machen und die Verfolgung aufgeben würden: die Soldaten warfen sich ihnen dann entgegen, und diese Zeit eben hatte er zu benutzen, um sich mit seiner schönen Schutzbefohlenen dem einen wie dem andern Trupp zu entziehen. Waren ihm doch beide so ziemlich in gleichem Grade gefährlich. Noch aber hielten die Wilden nicht in ihrer tollen Hetze ein, und als er den Blick jetzt wieder nach den Argentinern hinüberrichtete, war die Schaar wie in den Boden hinein verschwunden.

      Diego indessen, zu gut mit der Steppe und den Gebräuchen derselben bekannt, errieth sofort den Plan der Soldaten, die, von den Indianern vielleicht noch nicht entdeckt, jetzt dieselbe List gegen die gebrauchen wollten, die ihnen gestern verderblich geworden. Sie hatten es hier aber mit einem viel zu schlauen Feind zuthun, der nicht so leicht in eine ihm gelegte Falle ging. /83/

      Allerdings waren es die heranrückenden Soldaten gewesen, welche die ansprengende Horde, und zwar durch eine aufwirbelnde Staubwolke entdeckten, als sie gerade einen trockensandigen Landstrich passirte. Rasch warfen sie sich daher von ihren Pferden, die braunen Reiter so dicht als möglich heranzulassen, oder gar zwischen sich und die Ansiedelungen zu bringen. Von den beiden Flüchtigen zwischen den einander begegnenden Schaaren hatten die Argentiner bis dahin noch nichts bemerkt. Osantos dagegen folgte diesen auch jetzt noch in voller leidenschaftlicher Hast und glaubte seine Bente schon erreicht zu haben, als er plötzlich die in einem dichten Trupp zusammenstehenden Pferde gewahrte, von denen die Argentiner abgesprungen.

      Allerdings benutzten diese Thiere den ihnen gegönnten freien Moment alsbald dazu, das ihnen zunächst liegende Futter abzuweiden. Aber der scharfe Blick des Indianers fand das geschlossene Beisammensein derselben verdächtig. Eine Anzahl reiterloser Pferde hätte sich in den Pampas, außer vielleicht von Wölfen bedrängt, nicht so dicht vereint gehalten, und nur erst einmal aufmerksam gemacht, wurde sein Verdacht bald zur Gewißheit.

      Was Osantos' Argwohn bestätigte, war, daß die von ihm Verfolgten, denen die jenseitige Schaar längst in die Augen gerathen sein mußte, dorthin ihren Weg gelenkt hatten. Der schrille Ruf des rothhäutigen Führers bannte also die sich um ihn sammelnden Genossen plötzlich an die Stelle.

      „Sie halten!" sprach Josefa aufathmend, die mit immer ängstlicher klopfendem Herzen um sich geblickt hatte, je mehr sich die Entfernung zwischen ihnen und den nachsetzenden Wilden verringerte. „Sie halten - wir sind gerettet - wir sind frei."

      „So frei," murmelte Diego vor sich hin, „wie man es in argentinischer Gefangenschaft nur irgend sein kann. - Aber zügelt Euer Pferd ein, Senorita," setzte er lauter hinzu „wir müssen die Thiere verschnaufen lassen, denn von den Indianern haben wir in der That nichts mehr zu fürchten."

      „Aber von den Soldaten?"

      „Es steht jetzt bei Euch, Josefa, Euch in ihren Schutz zu /84/ begeben, oder mit mir noch eine weite wüste Strecke der Pampas zu durchreiten - wenn es nämlich gelingt, daß wir der Aufmerksamkeit jener Leute entgehen. Wählt, denn die Zeit ist kostbar."

      „Ich verabscheue Rosas - ich hasse seine Schergen! Führt mich zu meinem Bruder," lautete die Bitte der Jungfrau, während hohe Räthe ihre Züge übergoß.

      Diego sprach kein Wort, aber seine ausgestreckte Aand ergriff die Hand Josefa's, sein Blick ruhte auf ihrem lieben Angesicht einige flüchtige

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