Wilde Welt. Gerstäcker Friedrich

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Wilde Welt - Gerstäcker Friedrich

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der Steppe hinab, in dem sie für eine gute Strecke hin beiden feindlichen Trupps aus Sicht gebracht wurden.

      XI.

      Wahrscheinlich blieb es, daß die Soldaten noch eine kurze Zeit warten würden, bis sich entweder die Indianer zurückzogen, oder sie auf andere Weise ihre List mißlungen sahen; dann aber machten sie auch jedenfalls einen directen Angriff auf den Feind, den Ueberfall von gestern Morgen aus frischer That zu rächen, und ungehindert konnten die Flüchtlinge vielleicht die Zeit benutzen, beiden Theilen aus dem Weg zu kommen.

      Rechnete Diego indessen auf eine feige Flucht der Wilden, so hatte er sich darin vollständig geirrt, denn Osantos, noch siegestrunken von dein gestrigen Kampf, und zum Aeußersteu entschlossen, das schöne weiße Mädchen wieder in seine Gewalt zu bekommen, dachte nicht daran, sich die schon gesichert geglaubte Beute durch einen Trupp zufällig auftauchender Soldaten entreißen zu lassen. Aus der veränderten Richtung, die Diego einschlug, erkannte der schlaue Wilde sofort, daß Jener fürchte, mit den Argentinern zusammen zu treffen; sein Plan mußte dann sein, zwischen ihnen hindurch zu schlüpfen, und den gedachte ihm Osantos zu vereiteln. /85/

      Kaum daher, daß die beiden Flüchtigen in der muldenartigen Senkung des Landes verschwanden, nahm Osantos zwei von seinen Leuten zu sich, und bog mit diesen, nach einem dem Haupttrupp gegebenen kurzen Befehl, links ab, seine Gefangene wieder zu gewinnen, ehe die Soldaten einen Angriff auf ihn machen konnten. Hier begünstigte ihn auch nicht allein das Terrain, sondern die völlige Sicherheit Diego's, der nicht an die Möglichkeit dachte, im Angesicht eines argentinischen Reitertrupps von den Wilden überfallen zu werden. In der festen Ueberzeugung, beide Theile vollständig mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt zu wissen, hatte er die Thiere eingezügelt und ritt im Schritt die schmale Senkung hin, die ihn vollständig den Blicken seiner Feinde entzog.

      „Was ist das?" flüsterte da plötzlich Josefa an seiner Seite. „Das klang wie der Hufschlag eines galoppirendcn Pferdes, - gleich dort drüben."

      Diego behielt aber keine Zeit, ihr auch nur Antwort zu geben, denn aus dem hohen Gras hob sich ein brauner Kopf mit blitzenden Augen, ein Arm schwenkte darüber aus, und er war kaum im Stande, sich aus die rechte Seite vom Pferde zu werfen, als auch schon eine kurze Bola nach ihm flog und dicht über seinen Kopf hin zischte.

      Im nächsten Moment war er wieder im Sattel, und Josefens Pferd der andern, höheren Seite zudrängend, hatte er gerade seine Pistole gezogen und gespannt, als sich wieder ein brauner Arm mit geschwungenem Lasso erhob. Diego sah nur die unbestimmten düsteren Umrisse im Gras, aber sowie sein Schuß über die Steppe dröhnte, sank der Wilde zusammen. Die Gefahr war jedoch dadurch noch lange nicht beseitigt, denn in demselben Moment fast tauchte Osantos in eigener Person vor ihnen auf; ein anderer Wilder spornte sein Pferd in die flache Schlucht, gerade vor ihre Bahn, und streckte die Hand nach Josefens Zügel aus. Ein Sporendruck, und Diego's Thier schnellte sich in einem mächtigen Satz an seine Seite, und mit wildem Aufschrei stürzte der Indianer blutend aus seinem Sattel.

      Verderblich wäre dieser Sieg aber freilich für Diego geworden, hätte nicht eine andere Hand den gewissen Tod von /86/ ihm abgewandt. Osantos, der seine beiden Gefährten rechts und links von sich fallen sah, stieß einen Racheschrei aus, und seine lange Rohrlanze gesenkt, die scharfe Stahlspitze in zitternder Bewegung auf- und niederschwenkend, flog er gegen Diego an. Unmöglich hätte dieser dem sichern und tödtlichen Stoße ausweichen können, denn links war er durch Josefens, rechts durch des getödteten Indianers Pferd eingehemmt, und angstvoll streckte sich sein rechter, noch mit dem langen Messer bewehrter Arm aus, in der thörichten Hoffnung, so den Stoß zu pariren. Wohl sah er, wie ein anderer Reiter auf den Kampfplatz sprengte, sah, wie dessen Lasso ausflog - vielleicht nach ihm selber, ihn vom Pferd zu reißen, als sich die Lanzenspitze plötzlich, schon dicht vor seiner Brust, zu Boden senkte und der Häuptling auch in demselben Moment machtlos in's Gras geschleudert wurde.

      „Paciencia, amigo," sagte dabei die ruhige Stimme Felipe's, der seinem Pferde, indem er es zur Seite riß, die Sporen gab und dadurch den so glücklich geworfenen Lasso nur fester um die Arme des gefangenen Häuptlings schnürte, „mit solchen Stahlspitzen solltest Du etwas vorsichtiger gegen Christen sein. Aber, quien rompe, pay! Stoßt zu, Seňor, und zahlt dem Schuft für seine Thaten!"

      Diego war in der That im ersten Augenblick, als er den Indianer machtlos in seiner Gewalt sah, vom Pferd und mit der blanken Klinge auf ihn zugesprungen. Osantos erwartete nichts Anderes als den Tod, und blickte seinem Feind nur fest und starr in's Auge, hätte dieser von ihm, in gleichem Falle, doch auch nichts Besseres zu erwarten gehabt - aber ein anderer Gedanke durchzuckte den jungen Mann. Felipe, der hier so zur rechten Zeit eingetroffen, hielt auf höherem Boden, von wo aus er ein weiteres Stück der Pampas überschauen konnte.

      „Was treiben die Soldaten, Amigo?" rief er diesem zu.

      „Santa Maria," rief der Alte verwundert, „stoßt dem Schuft erst Euer Messer in den Leib, dann ist es Zeit genug, sich um die zu kümmern, die jetzt in vollem Angriff auf die Wilden sind."

      „Und die Indianer?"

      „Sehen ans, als ob sie Stand halten wollten, sie spielen /87/ ihr altes Spiel, lassen ein paar von den Soldaten in's Gras beißen, und wenn sie merken, daß sie den Kürzeren ziehen, stieben sie auseinander, wie ein Schwarm Papageien - wer will sie fangen! So stoßt zu und kommt."

      Der Indianer lag still und regungslos; er wußte, daß der Stahl sein Leben treffen mußte, ehe er im Stande gewesen wäre die tiefgeschnürte Schlinge abzuwerfen, und er durfte keine Furcht vor dem Tode zeigen.

      „Paciencia, amigo!" lachte da der junge Mann, während Josefa schaudernd ihr Angesicht verhüllte, den neuen und vielleicht nothwendigen Mord nicht ansehen zu müssen - „paciencia! Du hast mir die alte Warnung oft genug zugerufen. Wie steht der Kampf jetzt?"

      Kopfschüttelnd wandte sich der Alte der Gegend zu.

      „Jetzt prallen sie gegen einander," rief er plötzlich. „Beim Himmel, die rothen Burschen halten sich besser, wie ich gedacht; es sieht ans, als ob sie sich hierher werfen wollten."

      Osantos zuckte krampfhaft mit dem Arm, aber der Lasso hielt und die Hand Diego's mit dem Messer hob sich wie zum Stoß.

      „Kommen sie?" fragte Diego finster.

      „Nein, sie wenden sich," rief Felipe, - „hei, da hinten scheint noch ein anderer Trupp Soldaten aufzutauchen, der sie in die Flanke fassen will. Jetzt geht die Flucht Hals über Kopf steppein."

      Wieder knirschte der Wilde in seinen Banden, und wieder hob sich das vorher gesenkte Messer, ohne aber nach des Feindes Herz zu suchen.

      „Und jetzt?"

      „Ueber die Pampas flieht der ganze Schwarm," rief der alte Gaucho, der jetzt selber Interesse an der Jagd zu nehmen schien, - „weit, weit hinaus, von wo sie hergekommen. Hnrrah! die Bahn ist frei und wir haben die wilden Steppenwölfe nicht mehr zu fürchten."

      Diego, ohne ein Wort zu erwidern, bog sich nieder und löste des Häuptlings Bande, während Felipe mit einem Fluch und Schreckensruf dazwischen sprang.

      „Carachao!“ rief er aus, „Ihr laßt den rothen Teufel los - wißt Ihr, was Ihr damit beginnt?" /88/

      „Geh, Osantos," sagte aber Diego, indem er zu seinem Pferde fort und in den Sattel sprang - „dort drüben fliehen Deine Leute, schließ Dich ihnen wieder an - wenn wir von jetzt an auch keine Freunde sein können, sind wir doch und bleiben wir gemeinsame Feinde jenes Tyrannen, der Euch und uns bedrückt. Willst Du vergessen, was hier geschehen ist, wenn wir einander wieder begegnen?"

      Finster

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