Wilde Welt. Gerstäcker Friedrich

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Wilde Welt - Gerstäcker Friedrich

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sagte der junge Mann. „Vor der Hand warte ich aber noch bis Mittag, ob er nicht kommt. Ihr glaubt, daß er bis dahin hier sein könnte!"

      „Keine Gewißheit, Seňtor, keine Gewißheit," bemerkte achselzuckend der Wirth. „Jetzt, wo die Indios die Steppe unsicher machen, kann er eben so gut einen, wie acht Tage länger ausbleiben, darf er es doch nicht wagen, des Morgens, sein Nachtquartier zu verlassen, bis sich der Nebel vollständig von der Steppe verzogen hat. Ich - würde gar nicht auf ihn warten, wenn ich wie Ihr wäre," setzte er rasch und leise hinzu.

      „Ihr meint wegen des Officiers?" lachte der Fremde. „Der kümmert mich weniger, als Ihr vielleicht denkt. Was kann er mir anhaben?"

      „Was können die Soldaten Sr. Excellenz, unseres erhabenen Don Manuel, nicht thun!" erwiderte scheu der Wirth.

      „So viel für seine Macht," gab Diego verächtlich zurück, indem er mit dem Finger schnalzte. „Er mag sich hüten, meinen Weg zu kreuzen, das ist Alles, was ich mit ihm noch zu schaffen habe. Aber über Eins könntet Ihr mir vielleicht Auskunft geben, und dabei ist weder Don Manuel, noch Euer Officier im Spiel. Seit wann ist jenes junge, schöne, in Trauer gekleidete Mädchen hier?" /33/

      „Da seht Ihr wieder, wie wenig Ihr unsere Verhältnisse kennt," sagte der Wirth leise, „denn bei der jungen Dame sind gerade Don Manuel und jener Officier die Hauptpersonen."

      „Der Officier?" rief Don Diego rasch und betroffen.

      „Bst, um der heiligen Jungfrau willen, nicht so laut. Hier hat selbst die Luft Ohren und - Zunge. Ihr Vater und Bruder waren Verräther an - unserer Freiheit, und Se. Excellenz ließ sie unschädlich machen."

      „Und hielt er die junge Dame ebenfalls für gefährlich?"

      „Don Pasquale Herrero steht in hoher Gunst bei Sr. Excellenz," sagte ausweichend der Wirth. „Er selber, wenn ich nicht irre, führte den schwierigen und auch wohl gefährlichen Befehl aus, jene beiden Verräther zu - beseitigen. Zur Belohnung hat Se. Excellenz jetzt die junge Dame dem Schutz und der Bewachung Don Pasquale's übergeben."

      „Zur Belohnung?" rief Diego erstaunt aus. „Ich, verstehe Euch nicht."

      ,,Ja, Seňor," sagte der Wirth bedeutungsvoll. „Es passiren manchmal Dinge in der Welt, die ich selber nicht verstehe, und ich lebe doch etwa schon noch einmal so lange darin, wie Ihr. Aber laßt Euch darüber keine grauen Haare wachsen," setzte er, noch leiser als vorher, hinzu. „Don Pasquale hat einmal das Täubchen in den Fängen, und wird es nicht wieder so leicht loslassen. Gutwillig giebt er es auch nicht her, nehmen kann man es ihm nicht, also muß man die Sache eben ihren Weg gehen lassen."

      „Und die Seňorita wohnt nicht bei Euch? Sie wird auch nicht hier bleiben, wenn die Soldaten den Platz verlassen?"

      „Ausgenommen Don Pasquale gäbe sie in meinen Schutz," versetzte der scheue Wirth, „und treueren Händen könnte er sie unmöglich anvertrauen."

      „Glaubt Ihr, daß er sie, selbst gegen ihren Willen, mit fortnehmen würde?" frug Diego.

      „Hat solch ein junges Ding schon einen Willen?" versetzte der Wirth. „Selbst wenn Se. Excellenz nicht schon vorher dafür gesorgt hätte? - Aber da kommen meine Leute. /34/ Ruhig, Seňor, wenn Euch Eure Sicherheit lieb ist und - habt ein wachsames Auge."

      „Ich danke Euch, ich werde es befolgen."

      „Und wollt Ihr mir einen Gefallen thun?"

      „Euch? in welcher Art?"

      „So gebt mir Eure Adresse," sagte der Wirth leise, „Don Pasquale verlangt sie von mir, und ich fürchte fast, er hat den Verdacht geschöpft, daß ich Euch freundlicher gesinnt sei, als es sich mit der - Sicherheit des Staates verträgt."

      „Meine Adresse?" lachte Diego in sich hinein, „gut, die sollt Ihr haben, da Ihr mir so ehrlich die Ursache sagt," und ohne Zögern nahm er, während gerade die Frauen in das Zimmer traten und das Essen brachten, ein Stück Papier aus seinem Gürtel und schrieb den verlangten Namen darauf.

      „Don Diego Matanzas?" sagte aber auch im nächsten Augenblick erstaunt der Wirth, wie er nur einen Blick darauf geworfen hatte. „Seid Ihr mit jenem Matanzas verwandt, der in Buenos Ayres jetzt, nach Don Manuel, der Erste ist?"

      „Allerdings - ich bin sein Neffe," warf der Fremde leicht hin. „Nun, dünkt Euch der Name etwa gefährlich?"

      „Nicht im Geringsten," entgegnete der Wirth rasch. Dann sich aber zu Don Diego überbiegend, flüsterte er diesem leise in das Ohr: „Wenn's eben Euer rechter wäre - bst - bitte Euch, seid ruhig. Mir genügt er," wehrte er ab, als sich Don Diego vertheidigen wollte, „und mögen sich Andere nicht damit beruhigen, gut, so können sie selber weiter forschen. Und jetzt, Seňor, theilt unser Mahl mit uns."

      „Donna Josefa?"

      „Läßt sich entschuldigen, Seňor," sprach die hinzutretende Beatriz. „Auf strengen Befehl wird sie vor der Hand ihr Zimmer nicht verlassen."

      Diego fuhr auf, ein Blick des Wirthes aber mahnte ihn, auf seiner Hut zu sein, und im nächsten Augenblick erschien Don Pasquale, der argentinische Offerier, im Gemach, sein Frühstück ebenfalls zu verzehren.

      Mit kurzem Gruß und ohne weitere Umstände, den Fremden von gestern Abend kaum eines Blickes würdigend, nahm er den Ehrenplatz am Tisch ein, suchte die besten Fleischstücke für

      /35/ sich aus und winkte dann, als das Mahl beendet worden, dem Wirth, ihm vor die Thür zu folgen.

      Don Diego war ebenfalls aufgestanden und an das Fenster getreten. Er schien nicht recht mit sich einig, ob er bleiben oder gehen solle. Da fiel sein Blick draußen auf den alten Gaucho, der am vorigen Abend so wild und trotzig, und so wenig die Gegenwart des Officiers achtend, in sein Freiheitslied eingefallen war. Möglich, daß er von dem Alten irgend eine Kunde erfahren konnte; auf keinen Fall durfte er einen Feind in ihm erwarten.

      Der Alte schien gesonnen, hinaus in die Steppe zu reiten. Drüben, an der andern Seite der Straße war sein Pferd angebunden, und er selber stieg eben mit vorsichtigen und unbehülflichen Schritten, ein paar riesige, an seinen Fersen hängende Sporen nachschleifend, daraus zu. Der alte Bursche ging, als ob er lahm an allen Gliedern sei und kaum einen Fuß vor den andern setzen könne; sobald er aber nur mit der Linken Zaum und Mähne seines muntern Thieres erfaßt hatte, war er gleich ein anderer Mensch. Der Körper richtete sich empor, der Kopf hob sich, die Augen blitzten, und kaum hatte er sein Pferd gelöst, als er sich, wie von einer Feder emporgeschnellt, in den Sattel warf.

      Das wackere Thier fühlte den mahnenden Schenkeldruck, hob sich auf die Hinterbeine, und im nächsten Augenblick wären Roß und Reiter die Straße hinabgeflogen, als der Blick des Alten auf den Fremden fiel und fast unwillkürlich die Hand den Zügel schärfer faßte. Don Diego wünschte aber gerade hier kein Gespräch mit ihm, und ebenfalls zu seinem Pferd schreitend, nickte er dem Alten nur zu, hob sich in den Sattel und sprengte rasch voraus der Richtung zu, die, wie er vorher gesehen, der alte Gaucho ebenfalls einschlagen wollte. Dieser war auch bald an seiner Seite, und neben ihm hinreitend rief er:

      „Auch schon gerüstet, Seňor? - Ich glaube, es liegt uns Allen im Blut, daß wir keine Ruhe haben. Wenn wir's auch nicht sehen können, fühlen wir doch, daß da draußen ein Unheil für uns brütet."

      „Und welches Unheil könnte uns noch hier bedrohen?" sagte Diego, der den Blick des Alten fest auf sich haften sah. /36/

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