Braune Augen. Anna-Irene Spindler

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Braune Augen - Anna-Irene Spindler

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Mond stand jetzt bereits hoch am Himmel. Er tauchte die alten Gebäude in geheimnisvolles Licht. Sein Schein fiel durch die hohen Fenster herein und erhellte die Gänge, die von der spärlichen Beleuchtung des Treppenhauses nicht mehr erreicht wurden. Der Reihe nach öffnete sie die Türen. Ging von einem Raum zum nächsten. Alles war still und verlassen. Die Umrisse der wenigen Möbel waren im bleichen Mondlicht nur schwach zu erkennen. Bildete sie es sich nur ein, oder war unter der Tür vor ihr ein schwacher Lichtschimmer zu erkennen? Vorsichtig drückte sie die Klinke herunter, die sich auf Schulterhöhe befand. Ganz langsam schob sie die Tür auf. Es war die Bibliothek. Auf dem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes brannten einige Kerzen. Dieses Zimmer war nicht wie die anderen mit einem Porzellanofen ausgestattet, sondern ein großer, offener Kamin befand sich in der Ecke. Darin flackerte ein helles Feuer. Auf dem Kaminsims standen ebenfalls Kerzen. Sie schloß die Tür und trat an den Ledersessel heran, der vor dem Kamin stand.

      „Schön, dass Ihr heute abend noch vorbei kommt. Ich habe nicht damit gerechnet.“

      Antonio stand auf und verbeugte sich. Bei ihm wirkte es natürlich, nicht gekünstelt und angelernt wie bei George Clooney.

      „Wollt Ihr mir ein bisschen Gesellschaft leisten?“ Er schien über ihre Anwesenheit nicht im Geringsten erstaunt zu sein. Als sie nickte, wies er mit der Hand auf den zweiten Sessel vor dem Feuer. Komisch. Sie hätte schwören können, der wäre eben noch nicht da gewesen.

      „Was lesen Sie gerade?“ Fragend blickte sie auf das Buch, das auf seiner Sessellehne lag.

      „Cervantes“, kam prompt die Antwort

      „Und ich dachte, Sie würden sich vielleicht für Wilde`s Canterville Ghost interessieren.“

      „Oh nein, dieses Werk ziehe ich nur zu Rate, wenn ich Anregungen für den Umgang mit ungebetenen Besucherinnen brauche.“

      Sie sah ihn von der Seite an. „Wenn ich Sie störe, müssen Sie es mir sagen. Ich möchte auf keinen Fall lästig sein.“

      Er beugte sich in seinem Sessel nach vorn, nahm ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. Sein Kopf hob sich und sie sah ihm direkt in die Augen, die sich dicht vor ihrem Gesicht befanden.

      „Es ist schon beinahe einhundert Jahre her, dass ich mich so netter Gesellschaft erfreuen durfte.“

      Verlegen senkte sie den Blick. An Komplimente dieser Art war sie nicht gewöhnt. Er streckte die Beine aus, schlug sie über einander und lehnte sich wieder in seinem Sessel zurück.

      „Was gefällt Ihnen denn so besonders an diesem armseligen Ritter?“

      Sie fragte ihn weniger aus Interesse, sondern vielmehr um ihre Verlegenheit zu überwinden. Seinen Blick weiter auf die Flammen gerichtet antwortete er:

      „Er sieht die Welt mit anderen Augen als seine Mitmenschen. Für ihn hat die Wirklichkeit keine Bedeutung. Sie ist ihm gleichgültig. Auch die Meinung der Menschen ist ihm einerlei. Schlechtigkeit und Böses existieren für ihn nicht. Er hat ein großes Ziel vor Augen. Das verfolgt er geradlinig und unverdrossen. Ich bewundere ihn.“ Er sah sie fragend an. „Was haltet Ihr von Alonso Quijano?“

      Teresa wurde von dieser Frage ziemlich überrascht. Eigentlich hatte sie sich bisher keine Gedanken über Don Quijote gemacht. Ihr war das Buch viel zu fade und langatmig und sie war nie auf die Idee gekommen es ein zweites Mal zu lesen. Aber das wollte sie nicht unbedingt zugeben.

      „Tja, also, die Menschen halten ihn für verrückt und wenn ich es recht bedenke haben sie glaube ich gar nicht so unrecht.“

      „Ich denke er ist normaler als die meisten Leute. Was soll verrückt daran sein, das Leben so zu sehen wie es sein sollte und nicht wie es wirklich ist?“

      „Wenn ich ehrlich bin, haben mich solche Fragen bisher nicht allzu sehr gekümmert.“

      Antonio lachte. „Selbstverständlich. Ihr habt für derartige Dinge sicherlich keine Zeit, da Ihr ja den ganzen Tag beschäftigt seid.“ Er wendete seinen Blick von ihr ab und beobachtete wieder die Flammen. „Ich hingegen habe seit über zweihundert Jahren alle Zeit der Welt. Ihr werdet mich jetzt sicher für einen merkwürdigen, weltfremden Spinner halten.”

      „Aber nicht doch! Es ist doch nicht seltsam, wenn ein Hausgeist vor dem Kamin sitzt und über Don Quijote philosophiert. Das ist vollkommen natürlich.“

      Mit einem spitzbübischen Grinsen sah sie ihn an. Der melancholische Ausdruck in seinen Augen verschwand. Lachend drohte er ihr mit dem Finger.

      „Nehmt Euch in acht Teresa! Wenn Ihr Euch über mich lustig macht, hole ich mein Leichentuch heraus und spuke heulend durch die Gänge, genau wie Sir Simon.“

      Eine Weile sahen Beide stumm ins Feuer.

      „Was haltet Ihr von einem Glas Wein?“, unterbrach Antonio die Stille und deutete auf die Gläser und die Flasche, die auf einem Tischchen neben dem Kamin standen.

      „Das stand doch nicht von Anfang an da?“

      „Nein!“ Er quittierte ihre Frage mit einem leisen Lächeln.

      „Darf ich Euch aber trotzdem etwas einschenken? Ihr werdet sehen, es ist ein ganz ausgezeichneter Rotwein. Die deutschen Soldaten, die während dieses Krieges, den man jetzt den zweiten Weltkrieg nennt, hier einquartiert waren, haben ein paar Kisten davon vergessen. Der kommandierende Major hatte ihn aus Frankreich mitgebracht. Vermutlich Kriegsbeute. Der Aufbruch der Truppen erfolgte damals ziemlich überstürzt und der Major schien mir andere Sorgen zu haben, als seine Flaschen einzupacken.“ Er reichte ihr das Glas.

      „Auf Euer Wohl!“ „Zum Wohl, Antonio!“

      Noch nie zuvor hatte sie einen ähnlich großartigen Wein getrunken.

      „Antonio, es ist ein wundervoller Wein!“

      „Ja, ich denke er ist inzwischen ganz akzeptabel. Es ist ein 1929er Chateau Latour.“

      „Mein Gott!“, entfuhr es ihr „der ist ein Vermögen wert.“

      „Kann sein. Aber ich kann die Kisten nicht zu einer Weinauktion bringen, also trinke ich ihn lieber selbst.“

      „Na, jetzt habe ich wieder etwas dazu gelernt“, meinte Teresa.

      Fragend sah er sie an.

      „Ich weiß jetzt, dass Geister zwar nicht frieren, aber offensichtlich öfter einmal durstig sind.“

      „Nicht ganz. Ich verspüre weder Hunger noch Durst. Aber ebenso wie ich ein Feuer im Kamin als etwas sehr Angenehmes empfinde, liebe ich guten Wein und genieße ein entsprechendes Essen dazu. Äußere Einflüsse oder Umstände haben keine Bedeutung für mich. Empfindungen und Gefühle habe ich aber trotzdem.“ Er stockte kurz und fuhr dann fort: „Als wir uns das erste Mal trafen, war ich sehr betroffen, als ich Eure Ungläubigkeit und Ablehnung spürte. Mir war Euer Interesse für das Schloß nicht entgangen und ich hoffte nach vielen Jahren wieder etwas Gesellschaft zu bekommen.“

      Antonio hob sein Glas. Teresa überlegte kurz, nahm ebenfalls ihr Glas zur Hand und sagte dann: „Wie wäre es, wenn wir dieses förmliche Sie – Ihr - Euch einfach weglassen und uns unterhalten wie gute Freunde?“

      Die Flammen des Kaminfeuers tanzten in seinen Augen, als er nickte.

      „Aber

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