Hüben und Drüben. Gerstäcker Friedrich

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hüben und Drüben - Gerstäcker Friedrich страница 13

Автор:
Серия:
Издательство:
Hüben und Drüben - Gerstäcker Friedrich

Скачать книгу

dafür gehabt, Du mußt doch auch gewußt haben, welche furchtbaren Folgen es haben konnte."

      „Der alte Mann im Gemeinde-Hause, der alte Brenner," flüsterte das Mädchen, „hat mir einmal gesagt, daß man nicht alle Fragen zu beantworten brauche, die Einem das Gericht stellt. Der weiß das, denn sie haben ihn auch schon gefangen gehabt."

      „So? Ei sieh 'mal an, und wer ist das?"

      „Nun, der alte Brenner; er zog früher mit einem Leierkasten herum - jetzt ist er alt und schwach und kann nichts mehr verdienen."

      „Und der hat Dir solche Rathschläge gegeben!" nickte der Assessor; „da bist Du freilich in einer guten Schule gewesen."

      Valerie schwieg.

      „Und Du weigerst Dich, mir zu antworten, wenn ich Dich frage, was Dich dazu gebracht hat, das Feuer anzulegen?"

      ,,Ja."

      Der Assessor sah eine Weile still vor sich nieder, dann /50/ klingelte er, und als der Gerichtsdiener eintrat, befahl er ihm, die Gefangene wieder in ihre Zelle abzuführen.

      Gerade als sie das Zimmerverlassen wollte, rief sie der Assessor noch einmal und fragte:

      „Woher hast du denn die blutunterlaufenen Stellen im Gesicht? Bist du gefallen?“

      „Nein,“ sagte Valerie, „die Schulzin hat mich geschlagen, weil sie behauptete, ich hätte ihr eine silberne Schnalle gestohlen.“

      „Und hast du das n i c h t getan?“

      „Nein,“ sagte das Mädchen, drehte sich halb ab und schritt zur Tür hinaus.

      Das Verhör mit der Schulzin und ihrem Knecht dauerte nicht lange. Die Frau brachte allerdings eine Masse von Anklagen vor, aber der Untersuchungsrichter hatte zu viel mit derartigen Leuten zu tun gehabt, um nicht das Wahre daran ziemlich richtig herauszufühlen. Die Hauptsache war ja auch erledigt; die Verbrecherin hatte ihre Schuld gestanden, und der alte Beamte glaubte, die Ursache leicht in der rauhen Behandlung der vor ihm stehenden, bösartig genug aussehenden Bauersfrau zu finden. Das Mädchen hatte in deren Haus gewiß keine guten Tage gehabt,und in der Rachsucht für erlittene Mißhandlung ließ sich das Motiv der Tat – wenn diese darin auch keine Entschuldigung fand – wohl erklären.

      Übrigens schlug die Schulzin vergnügt in die Hände, als ihr der Kriminalbeamte mitteilte, daß die Gefangene ihre Schuld eingestanden habe, und schrie:

      „Ich wußt‘ es, ich wußt‘ es, kein Mensch weiter konnte es gewesen sein wie der Balg, und wnn ich jetzt nur noch erlebe, daß sie die Brandstifterin an den Galgen hängen, denn das hat sie hundertmal verdient!“

      Die Untersuchung war aber damit nicht etwa geschlossen, denn der alte Assessor zitierte nach und nach das ganze Hauspersonal der Schulzin wie auch das von Baumstetters Hof vor Gericht, und deren Aussagen bestätigten allterdings seine schon früher gefaßte Vermutung, daß die Waise nämlich kein ursprünglich böses, wenn auch sehr vernachlässigtes Kind gewesen und wohl nur durch rauhe Behandlung zu der verbrecherischen Tat, die nicht einmal eine vorbedachte genannt werden konnte, getrieben worden. Auch ihre Jugend kam dazu, um Milderungsgründe zur Geltung zu bringen.

      In der nämlichen Zeit gab sioch der Assessor die grüßte Mühe, um etwas Näheres über die Mutter der Gefangenen zu erfahren, aber alle darauf gewandte Mühe blieb umsonst, denn die unruhige Zeit, in welcher sie damals das Dorf aufgesucht, verwischte jede Spur. Er fuhr selbst nach Osterhagen hinüber und zog bei dem Schulzen genaue Erkundigungen ein, und hörte wohl, daß damals ein Leintuch mit dem Zeichen einer adligen Herrschaft gefunden sei, wo es aber geblieben, wußte niemand zu sagen. Es war derzeit mit verauktioniert worden, und auch auf die Buchstaben konnte sich keiner mehr erinnern. Selbst der Schmuck, den Valerie noch von ihrer Mutter trug, und den er später untersuchte, gab keinen Anhaltepunkt; es war ein einfaches, goldenes Kreuz mit dem Buchstaben V. darin, und der Trauring trug nur ein Datum und eine Jahreszahl.

      In Osterhagen hatte es der Assessor aber auch nicht versäumt, das Gemeindehaus zu besuchen, wo er Brenner noch auf seinem Lager traf und sich natürlich mit ihm in ein längeres Gespräch einließ. Der alte Bursche aber, der bald genug den Polizeimann und Kriminalbeamten in ihm erkannte – denn er hatte mit derlei Herren wohl mehr Erfahrung gesammelt, als er gewöhnlich gern eingestand – war anfangs ungemein scheu und zurückhaltend und beantwortete alle an ihn gerichteten Fragen außerordentlich vorsichtig. Erst als der Assessor das Gespräch auf den Schulzen und die Behandlung der Gefangenen dort im Hause brachte, wurde er warm und entwarf jetzt eine so düstere Schilderung von den Leuten, daß der Beamte wohl merken mußte, es lauere auch viel eigener Haß in dem Bericht. Brenner behauptete auch dabei mit der größten Bestimmtheit, daß die „Falleri“ unschuldig an dem Brande sei, sie wäre noch den Abend spät auf dem Gottesacker und dann bei ihm im Hause gewesen und nachher schnurstracks in die Stadt hinübergegangen.

      „Und woher wißt I h r das, Mann?“ fragte der Assessor. /52/

      „Woher ich das weiß?" rief Brenner; „weil's die Falleri gesagt hat, und die hat noch nie in ihrem Leben gelogen; eher bisse sie sich die Zunge ab."

      „So," nickte der Beamte; „wenn Ihr das also selber bestätigt, so werdet Ihr auch wohl glauben müssen, daß die Edmund das Haus angezündet, denn sie hat es selber vor Gericht gestanden."

      „Den Teufel hat sie!" schrie der alte Bänkelsänger und fuhr erschreckt in seinem Bett empor - „aber das ist nicht möglich!"

      „Nicht möglich?- und weshalb nicht?"

      „Hm," knurrte der Alte, „möglich ist Alles auf der Welt, selbst, daß ich noch einmal hunderttausend Thaler in der Lotterie gewönne, aber - die Falleri hätte selber freiwillig gestanden, daß sie den Schulzenhof angezündet?"

      „Das hat sie - frei und unaufgefordert im ersten ordentlichen Verhör; denn nur als sie zuerst eingebracht wurde, wollte sie nichts davon hören. Aber das ist die alte Geschichte, und so viel werdet Ihr auch selber wissen, daß man, wenn eben aufgegriffen, nicht gleich in's Blinde hinein gesteht. Man muß doch erst erfahren, wie der Hase läuft."

      Der Alte warf dem Assessor einen halb pfiffigen, halb lauernden Blick zu, aber die wirkliche Sorge um das junge Mädchen verdrängte doch rasch alle anderen Gedanken.

      „Es ist nicht denkbar," sagte er dann, mehr zu sich selber als zu dem Fremden redend und immer dabei mit dem Kopf schüttelnd, „gar nicht denkbar. Ja, Ursache genug hätte sie dazu gehabt, um auch zuletzt einen Hasen auf den Mann zu treiben, Ursache die langen Jahre hindurch, die sie's ertragen und keinen Mucks dabei gethan, - aber - es wäre doch zu merkwürdig und - ich glaub's nicht."

      „Was wäre merkwürdig?" frug der Assessor.

      „Was merkwürdig wäre?" wiederholte der alte Bänkelsänger, „nun daß das Kind die Courage dazu gefaßt hätte, und dann noch dazu gleich von ihrer Mutter Grabe weg, an der sie mit allen Gedanken hängt. Ich glaub's nicht, und wenn der liebe Herrgott vom Himmel herunter käme und sagt' es." /53/ „Aber habt Ihr denn irgend einen Verdacht auf jemand Andern?"

      „Ich?" frug der Alte erstaunt, „auf wen soll ich Verdacht haben? Ich liege hier seit acht Tagen krumm und kann keinen Fuß vor den andern setzen, was erfahre ich von der Welt? Aber Feinde hat die Schulzin genug, und er auch - hochnäsiges Bauernvolk, die vor Uebermuth nicht wissen, was sie treiben sollen. Alle Augenblicke wechseln sie auch das Gesinde; es hält's Niemand lange bei ihnen aus, und warum kann's nicht Einer von denen gethan haben? Warum muß es das Kind gewesen sein?"

      „Aber

Скачать книгу