Narrseval in Bresel. Gerhard Gemke

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Narrseval in Bresel - Gerhard Gemke

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kriegst es zurück! Übermorgen hab ich doch gesagt!“

       „Kikeriki!“

       Adelgundes strafender Blick brachte Knuti zum Schweigen.

       „Wie bitte? Wer?“, schmatzte sie ins Handy und verteilte dabei nasse Krümel auf der Tastatur. Offenbar war es nicht Eggbert, der anrief.

       „Aha, ja. Wir sind gerade beim … ach … was Sie nicht sagen … dringend … nein, Knödel, sehr delikat, mit Käse und … verstehe, Sie haben einen Tumor … Moment, ich notiere … Hirntumor!“

       Adelgunde schnipste in Baron Eduards Richtung und ließ sich einen Stift über die dampfenden Schüsseln hinweg reichen. „Augenblick … ja, jetzt hab ich's.“

       Ihr Blick war voller Wichtigkeit und Verantwortung, als sie in großen Buchstaben HIRNTUMOR auf ihre Serviette schrieb.

       „Ja … ach, was Sie nicht sagen … der sind Sie, mit der dicken Brille? Ja, Hochwürden, da sollten Sie sich mal eine neue … nein, Sie haben natürlich recht, das geht mich nichts an … nicht in Ihre Angelegenheiten einmischen, nein … wie war noch der werte Name? … Hochwürden?“

       Aber Hochwürden hatte offenbar aufgelegt.

       Alle hatten die Gabeln sinken lassen und regungslos dem Telefonat gelauscht. Jetzt ließ Adelgunde genüsslich ihren Blick durch die fragenden Gesichter wandern. Langsam hob sie das Handy wie eine Reliquie in die Höhe.

       „Das gehört Eggbert“, flüsterte sie, als ob irgendjemand daran gezweifelt hätte. „Eggbert Kniest.“ Adelgunde drückte ihren Rücken grade und alle atmeten tief ein. „Gestern noch stand dieser Priester am EDU-Stand, zweifelnd, voller kritischer Fragen. Doch heute schon ruft er an und bittet um Eggberts Hilfe! Erbarme dich unser!“

       „Amen“, sagte Knut und sein Doppelgänger kicherte: „Kikeriki.“

       „Hirntumor“, verkündete die Hüterin des Handys mit erhobener Stimme. „Ein schlimmes Schicksal!“

       Allgemeines sorgenvolles Nicken.

       „Wie gut, dass es EDU gibt!“

       EDUARD “, flüsterte Knut in das wieder einsetzende Klappern des Bestecks. „Erbamen, Denn Unsre Alte Redet Dünnsch...“

       Und Kurt zeigte kichernd auf die Knödelschüssel. „Gib mal noch so'n Tumor rüber.“

       Jo wandte sich angewidert von den beiden ab. Die Erwachsenen lauschten mit unterschiedlichem Interesse Adelgundes weitere Lobpreisungen des EDU -Vereins und hatten von den Zwillings-Blödeleien nichts mitbekommen. Zum Glück für die Blödel. Jo stand auf und ging zu Emma hinüber. Und bewunderte ihre Geduld. „Kann ich dir in der Küche helfen?“

       „Komm mit“, sagte Emma. Und als sie den Remter verlassen hatten und durch die endlosen Knittelsteiner Flure zur Burgküche eilten: „Ich ertrage diese Sippschaft auch nicht länger!“

       Die folgenden Stunden verbrachte Jo in der Knittelsteiner Bibliothek auf ihrem Lieblingsplatz. Mit drei Kissen und einem Buch hatte sie sich hinter die schweren Brokatvorhänge auf die hohe Fensterbank verzogen. Hier war sie einigermaßen sicher vor ihren Cousins, die eine Bibliothek vermutlich für eine Art Abstellkammer hielten und bei einem Buch den Einschaltknopf gesucht hätten.

       Gegen 15 Uhr sah Jo von ihrem Aussichtsplatz die Zwillinge mit ihrer Mutter über den Burghof rennen und unter dem Tor verschwinden. Kurz darauf stiegen sie in die Linie 7, die vor der Burg wendete und in die Serpentinen der Breselbergstraße einbog.

       Erst jetzt traute sich Jo aus ihrem Versteck. Von Emma erfuhr sie, dass die Kukies so lange gequengelt hatten, bis Adelgunde mit ihnen ein weiteres Mal zum Narrseval fuhr, Brandkasper gucken, Buckelsäcke jagen, Zuckerwatte essen. Emma drückte Jo einen Eimer mit Wasser und einen Lappen in die Hand und bat sie, den Remter für das Abendessen zu richten. Jo bepackte einen altersschwachen Rollwagen mit Geschirr und Besteck und schob ihn durch die Flure.

       Im Remter grinste sie der blecherne Adalbert an. Jo klopfte ihm auf die hohle Schulter. Adalbert schwankte leicht, hielt sich aber aufrecht. Dann tauchte Jo seufzend den Lappen ins warme Wasser und begann den Tisch abzuwischen.

       Kikeriki!

       Jo ärgerte sich, dass sie bei dem blöden Klingelton erschrak.

       Kikeriki!

       Nach dem vierten Krähen fand Jo das Handy unter Adelgundes Stuhlkissen.

       „Ja, bitte.“

       Es war eine Männerstimme, die wütend das Handy zurück verlangte. Und zwar auf der Stelle! Daraus schloss Jo, dass es sich um den wohltätigen Herrn Kniest handeln musste. Als sie das Geschimpfe leid war, sagte Jo mit teilnahmsloser Stimme: „Ich richte es meiner Tante aus“, und legte auf. Dann warf sie das Handy in den Abfalleimer. Erst nachdem sie den langen Holztisch gewischt, für das Abendessen gedeckt und Ritter Adalbert eine stolzere Haltung verpasst hatte, fischte sie es wieder aus dem Müll. Es lag auf einer zerknüllten Serviette, auf die jemand in großen Buchstaben ein Wort geschrieben hatte.

       Jemand? Adelgunde. Jo nahm die Serviette heraus und strich sie glatt.

       HIRNTUMOR .

       Jo betrachtete die krakelige Schrift. Interessant. Erst machte Adelgunde so ein oberwichtiges Geschrei um den Anruf und dann warf sie ihre Notizen in den Müll. Fast automatisch tippte Jos linker Daumen auf der Handytastatur, bis die Liste der eingegangenen Anrufe auftauchte. Der Stift, den Adelgunde benutzt hatte, lag noch auf der Anrichte.

       Der drittletzte Anruf hatte die gleiche Nummer, wie der, den Jo soeben angenommen hatte. Also von Kniest. Dazwischen stand die Handynummer von diesem Brillenpriester. Jo schrieb sie unter das Wort Hirntumor und steckte die Serviette in die Hosentasche. Ob sie Tante Adelgunde darauf ansprechen sollte? Wenn doch EDU so eine mildtätige Organisation war und jemand offensichtlich Hilfe benötigte, warum warf Adelgunde die Notiz in den Abfall? Oder war das Schusseligkeit gewesen? Die Sorte Gedankenlosigkeit, die Adelgunde ähnlich sehen würde. Sie hatte ja auch das Handy unter dem Stuhlkissen vergessen.

       Jo legte es genau dort wieder hin. Sollte es Adelgunde doch mit ihrem breiten Hinterteil zerquetschen. Ein letzter Blick in die Runde. Alles bestens und Ritter Adalbert grinste.

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