Narrseval in Bresel. Gerhard Gemke

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Narrseval in Bresel - Gerhard Gemke

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„Ich brauche dein Handy. Sofort.“ Adelgunde hatte noch nie viel Zeit mit Erklärungen vertrödelt.

       „Moment.“ Eggbert durchsuchte seine Manteltaschen. „Siehst du die beiden Pfaffen da?“ Sein Kopf nickte zum Sankt-Urban-Portal. „Der eine ist der Kerl von eben mit seinen blöden Fragen.“

       „Dein Handy“, wiederholte Adelgunde.

       „Ob der Patient schon tot sei.“

       „Und? Ist er tot?“ Einer der Krausköpfe, die hinter Adelgunde auftauchten, hatte das gefragt. Eggbert hatte Kurt und Knut noch nie auseinanderhalten können.

       „Dein Handy!“

       „Wisst ihr eigentlich, wie sich Mönche vermehren?“

       Kurt und Knut wackelten mit den Nasen.

       „Eggbert, dein Handy!“

       Eggbert hielt ihr sein Mobiltelefon hin. „Ich brauche das aber sofort zurück!“

       Adelgunde tippte schon Humberts Nummer. „Der weiß doch gar nicht, wo er uns finden kann.“

       „Wie vermehren sich denn …“

       Adelgunde packte Knuts Arm. „Jetzt kommt, schnell, Papa ist bestimmt schon … Ja, Humbert, ich bin's wieder!“, schrie Adelgunde das Handy an, während sie an ihren Jungs zerrte. „Jetzt lass mich doch mal ausreden. Also du fährst … dann lass sie auf der Motorhaube sitzen! … Ja, weiter über die Ampel … ach, da bist du schon … dann jetzt …“

       Adelgunde zeterte den gesamten Weg bis zum Ulmer Tor. Kurt und Knut schnitten Grimassen und stolperten hinter ihrem breiten Rücken her.

       „Da bist du ja!“, schrie Adelgunde plötzlich und steuerte auf ein zahnbelagfarbenes Auto zu, von dessen Motorhaube drei grinsende Buckelsäcke einen traurig blickenden Kollegen grüßten, und bei Adelgundes Gesichtsausdruck schleunigst das Weite suchten. Adelgunde klappte Eggberts Handy zu und hievte sich auf den Beifahrersitz. Kurt und Knut erklärten dem traurigen Buckelsack, dass man den Stuhl in seinem Sack auf den ersten Blick erkennen könne, und flohen auf die Rückbank.

       Humbert ließ den Motor aufheulen. Breselner und andere Narren sprangen panisch zur Seite, und ein weinender Buckelsack zertrümmerte auf dem Bürgersteig einen hölzernen Stuhl.

       „Naseeeee!“ Auf dem Marktplatz gab Ullis Vater immer noch keine Ruhe und die Breselner antworteten bereitwillig. „Brelau!“

       Jo und Lisa lehnten am Kunibald-Brunnen.

       „Dann muss ich wohl den Bus nehmen.“ Jos Laune war bei minus 180 angekommen. „Zum Narrseval begleiten darf ich meine geliebte Verwandtschaft, aber wenn Onkel Humbert sie mit dem Auto aufgabelt und zur Burg hinaufkutschiert, hat man mich leider völlig vergessen.“

       Lisa sah ihrer Freundin hilflos nach, bis sie im Gewusel einer Horde Forzheimer verschwand. Nein, Jo war wirklich nicht zu beneiden.

       Die Kapelle der Schützenbruderschaft Sankt Luitprand hatte wieder zu spielen begonnen und das Volk an den Getränkeständen wurde immer lustiger. Was man so lustig nennt. Ab und zu flogen verkohlte Lebkuchennasen durch die Luft, Bäcker Blume senkte seine Preise auf Eins-Dreißig, und Ullis Vater krähte schon merklich angeschlagen sein „Naseeeee!“

       Manchmal fragte sich Lisa, was ihre Eltern bloß bewogen hatte, ausgerechnet hierher zu ziehen. Nach Bresel. Dem einzigen Ort dieser Welt mit Stadtplänen, wo Westen oben lag. Wo man Narrseval feierte. Und wo die berühmteste Touristenattraktion ein Drei-Nasen-Fenster war.

       Mama und Papa Favretti hatten sich Mitte der Achtziger Jahre hier niedergelassen und eine Eisdiele aufgemacht, von der manche behaupten, sie sei die beste im ganzen Schwabenland. Lisas große Schwester Franka machte eine Banklehre bei der örtlichen Sparkasse. Lisa selbst ging in die siebte Klasse des Adalbertinums in Bresel-Neustadt. Jo, Hitzkopf Freddie und Jan ebenfalls. Der Rest von Schnürs Enkel besuchte die Parallelklasse.

       Außer Robin, dem Bassmann. Da stand er wieder, an den Laternenpfahl gelehnt, blass wie immer, und telefonierte. Auf welche Schule ging der eigentlich? Lisa winkte. Robin steckte sein Handy weg und starrte auf irgendeinen Punkt hinter Lisa. Und rührte sich nicht. Langsam ging Lisa auf ihn zu.

       „Da bist du ja.“

       Lisa brauchte einen Moment, bis sie begriff, dass nicht sie gemeint war, sondern Robin. Der Pitbull drängelte an ihr vorbei, ohne sie zu beachten. Der schon wieder.

       „Seit einer Stunde suche ich dich. Komm jetzt, ich bringe dich nach Hause.“

       Robin wurde noch eine Spur blasser. Pitbull kam dicht an ihn heran und legte den Arm um seine Schultern.

       „Deine Schwestern warten auf dich.“

       Lisa schlenderte wie unbeteiligt zum Kunibald-Brunnen. Dass Robin Schwestern hatte, war ihr neu. Sie lehnte sich an den Brunnenrand. Mit dem Pitbull hatte sie im letzten Jahr nur indirekt zu tun gehabt, was erklärte, dass er sie nicht erkannte. Im letzten Jahr war er Chef einer Leiharbeiterfirma gewesen, jetzt also von so einem Wohltätigkeitsvereins. Ein Chamäleon könnte über soviel Wandlungsfähigkeit vor Neid erblassen. Lisas Misstrauen war hellwach. Robins Gesicht konnte sie gut verstehen.

       „Fass mich nicht an!“

       „Schon gut, schon gut.“ Pitbull ließ den Jungen los und lachte. „Wolltest wohl deinen Freund noch mal sehen. Gefällt dir das Plakat?“

       „Was ist mit Pjotr?“

       Eine widerliche Lache hatte der Wohltäter. Und dann geschah etwas Unerwartetes. Felin stand plötzlich neben Robin, wie aus dem Nichts aufgetaucht. Mit einem entschlossenen Schritt trat sie zwischen ihn und Kniest.

       „Lass ihn in Ruhe, du …“ Ihre Stimme war nicht sehr laut, aber klar und scharf.

       Pitbulls Miene verfinsterte sich schlagartig. „Pass auf, dass du nicht bald dran bist“, presste er zwischen den Zähnen hervor, wenn Lisa ihren Ohren trauen konnte.

       Felins Augen sprühten Hass, blanken Hass.

       „Ist okay, Felin. Bis später.“ Robin sah sie an. „Ich hab's vergessen.“

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