Narrseval in Bresel. Gerhard Gemke

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Narrseval in Bresel - Gerhard Gemke

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„Dann warten Sie mal, junger Mann.“ Elfriede schenkte dem Kleinen ein Dritte-Zähne-Lächeln und kramte in ihrer Handtasche, bis sie ein abgeschabtes braunes Lederportemonnaie gefunden hatte. Sie öffnete es behutsam und kippte den Inhalt auf den Tresen. Jan prustete und selbst Freddie fiel dazu kein Spruch ein.

       „Na los“, ordnete Elfriede an. „Nachzählen. Ja, genau Sie.“

       „Ich?“

       Elfriedes Gesicht bekam einen mildtätigen Ausdruck. „Bist du etwa der arme Pjotr?“

       Die Augen des Kleinen weiteten sich erschrocken. „Neinnein!“

       „Na also, dann wirst du Geld zählen können.“

       „Äh …“

       „Mach schon!“, raunzte der Lange aus der entgegengesetzten Standecke.

       Dem Kleinen entwich ein Geräusch, das etwas unanständig klang, und endlich begann er zu zählen. „Eins, Zwei, Zwei-Fünfzig, Zwei-Sechzig, Drei-Zehn, Drei-Dreißig …“

       Es dauerte. Schließlich war er bei Siebenundvierzig-Fünfundachtzig angekommen. „Siebenundvierzig-Fünfundachtzig“, sagte er und blickte Elfriede fragend an.

       „Kann nicht sein.“ Elfriede tippte auf ein Zehn-Cent-Stück. „Das hat du übersehen.“

       „Siebenundvierzig-Fünfundneunzig“, flüsterte der Dicke.

       „Sieh mal an.“ Elfriede strich mit der Handfläche die Münzen zurück in ihr Portemonnaie. „Da hat mich Bäcker Blume also beschissen.“

       Verständnislos sah der Dicke zu, wie der letzte Cent zurück zu den anderen klimperte.

       „Eine Lebkuchennase, sagt er, kostet Eins-Neunzig. Und ich habe mit einem Fünfziger bezahlt. Also müsste ich jetzt wieviel im Portemonnaie haben?“ Noch bevor der Dicke zu Ende gerechnet hatte, fragte Elfriede: „Und was kostet bei euch so eine Spende?“

       Jan liefen die Tränen über die Wangen. Freddie brüllte: „Naseeeee!“, und bekam eine aus Lebkuchen über die Schulter gereicht. Jan ebenfalls. Lisa hatte eingekauft, gewissermaßen als Friedensangebot. Vorher hatte sie Jo getröstet, die ihrer Verwandtschaft über den Weg gelaufen war und sich ihr wohl oder übel anschließen musste. „Ich krieg Eins-Fünfzig von euch. Pro Nase.“

       „Können wir mit den Pommes von Donnerstag verrechnen.“

       „Oki.“

       Die drei schoben sich durch das Gewühl Richtung Kunibald-Brunnen, wo erfahrungsgemäß immer jemand zu finden war, und ließen Elfriede mit offenem Mund zurück. Soso, Eins-Fünfzig also! Bäcker Blume konnte sich auf was gefasst machen!

       Der langhaarige Ulli saß missmutig auf dem Brunnenrand und wartete auf unterhaltsame Gesellschaft. Einer, der dafür nicht infrage kam, lehnte etwas abseits an einem Laternenpfahl: Der neue Bassist von Schnürs Enkel . Seit der Vater des alten Bassmanns seinen Traumjob in München mit Wohnung und Dienstwagen ergattert hatte, war Robin zu den Enkeln gestoßen . Der stille Robin mit der bleichen, fast durchscheinenden Haut und den schwarzgeränderten Augen. Ulli hatte ihn Mitte Januar angeschleppt. Und noch immer wusste niemand mehr über ihn, außer dass er ein verdammt guter Bass-Spieler war und etwas zu häufig über Kopfschmerzen klagte. Aber wenn einer nichts erzählen will, irgendwann fragt dann auch keiner mehr.

       Sieht fast so aus, als hält er sich am Laternenpfahl fest , dachte Lisa . Neben ihm stand dieses Mädchen. Lisa hatte sie schon am EDU -Stand gesehen, vor dem Sarglüften, zusammen mit Robin und der vergesslichen Nonne.

       „Ich heiße Felin“, sagte sie, noch bevor Lisas eine Frage gestellt hatte.

       Lisa lächelte. „Ich bin Lisa und das sind Jan und der unausstehliche Freddie.“

       „Angenehm.“ Felins Lächeln war schnell wieder verschwunden.

       „Frauen“, knurrte Freddie und schwang sich neben Jan und Ulli auf den Brunnenrand. Die geballte Männlichkeit. Lisa kommentierte sie mit einem ausgiebigem Gähnen. Als sie sich wieder zum Laternenpfahl umdrehte, waren Felin und Robin verschwunden – möglicherweise geflohen vor dieser klapprigen Ordensschwester, die nun den Pfahl umkreiste, als hätte sie nicht nur die Witze vom letzten Jahr, sondern auch ihr Alter und die Würde einer Nonnentracht vergessen. Mit einer Hand hielt sie ihre schief sitzende Haube, mit der anderen versuchte sie, den Zipfel einer flüchtenden Priester-Soutane zu erwischen. Der Narrseval machts möglich , dachte Lisa und sah den beiden zu.

       „Herr Pfarrer, ich muss Sie dringend sprechen.“

       Dem Pfarrer war offenbar nicht nach einem Gespräch. Nervös schob er seine viel zu große schwarze Brille die Nase hinauf und versuchte, der beharrlichen Schwester zu entkommen. Bis er schließlich aufgab.

       „Also gut Schwester“, brummte es unter seinem angeklebten Schnauzbart. „Wo drückt der Schuh.“

       „Iffigenie“, hörte Lisa und grinste. „Sie können mich Iffigenie nennen.“

       „Nun denn, Iffigenie. Was kann ich für Sie …“

       „O, Herr Pfarrer. Ich muss Ihnen etwas beichten.“

       „Mmh.“ Der Pfarrer schien nicht sehr viel Übung im Beichten zu haben. Er drohte ihr mit dem Zeigefinger. „Hoffentlich nichts Schlimmes.“

       Iffigenie legte den Kopf schräg, als dächte sie nach, ob es schlimm war oder nicht. Dann lächelte sie und sagte: „Einen Mord.“

       Der verkleidete Priester nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. Er fasste die Schwester am Arm. „Kommen Sie bitte.“ Lisa starrte ihnen mit offenem Mund nach, bis sie von einem Lachweiber-Haufen verschluckt wurden. Einen Moment lang glaubte Lisa zu wissen, wer in dem Priesterkostüm steckte. Nur ganz kurz überlegte sie, ob sie mit der geballten Männlichkeit auf dem Kunibald-Brunnen herumturnen, oder dem seltsamen Pärchen folgen

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