Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

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Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich

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brummte Ledermann vor sich hin. «Kommt mir gerade apropos. Bei wem ist es denn?»

       «Bei Herrn Dollinger.»

       «Was ? – Beim Kaufmann Dollinger?» rief der Aktuar rasch und erstaunt. «Am hellen Tage, während er ausgefahren war?»

       «Er ist, wenn ich nicht irre, eben nach Hause gekommen», berichtete der Mann, «und hat, glaub’ ich, sein Pult geöffnet und eine bedeutende Summe Geldes entwendet gefunden.»

       «Hm, hm, hm», sagte der Aktuar kopfschüttelnd und seinen Rock dabei, den er der Bequemlichkeit wegen aufgelassen hatte, zuknöpfend, «es wird immer besser hier bei uns; am hellen, lichten Tage! Aber die ganze Stadt steckt auch voll fremden Volkes, das sich natürlich keine Gelegenheit entschlüpfen läßt, Reisegeld zu bekommen.»

       «Es muß doch wohl jemand gewesen sein, der mit dem Hause genau bekannt war», sagte der Polizeidiener. «nach dem wenigstens, was ich bis jetzt von den Dienstleuten darüber gehört habe, kann’s nicht gut anders sein.»

       «Nun, wir werden ja sehen; da muß ich aber erst….»

       «Wenn sich der Herr Aktuar nur an Ort und Stelle bemühen wollen», sagte jedoch der Diener des Gerichts. «Alles nötige ist schon dorthin geschafft, und ich war eben nur fortgelaufen, um einen der Herren zu suchen.»

       Der Aktuar, dem Dienste natürlich Folge leistend, seufzte tief auf und schritt, im Geist wahrscheinlich des Empfangs gedenkend, der seiner harrte, wenn seine Frau auf ihn mit dem Abendessen warten mußte, rasch die Poststraße hinaufbiegend, dem gar nicht weit entfernten Dollinger’schen Hause zu, um dort den Tatbestand in Augenschein und zu Protokoll zu nehmen, etwaige Spuren des Übeltäters zu entdecken und zu verfolgen, und die Leute im Hause nach möglichem Verdacht zu inquirieren.

      * * *

       Im Hause des reichen Kaufmanns Dollinger, in dem alles sonst so still und ruhig und wie am Schnürchen zuging, wo jeder seine angemessene und fest bestimmte Beschäftigung hatte, genau wußte, was ihm oblag, und das tat, ohne eben viel Lärm darum zu machen, lief und rannte und sprach heut alles durcheinander, und sämtliche Bande der Ordnung schienen gelöst.

       Frau Dollinger vor allen Dingen lag in Krämpfen in ihrem Boudoir und beanspruchte die Hilfe ihrer beiden Töchter und der weiblichen Dienstboten im Haus, um ihren Zustand zu bewachen; Herr Dollinger selber war in seinem Zimmer des oberen Stocks und ging dort mit raschen Schritten und auf dem Rücken gekreuzten Armen auf und ab, während dem jungen Henkel indessen die Bewachung des Platzes übertragen war und die anderen Dienstboten, mit einem nicht unbedeutenden Teil der Nachbarschaft und deren Verwandten, in den verschiedenen Winkeln und Ecken des Hauses umherstanden, und kopfschüttelnd die Hände ein über das andere Mal in Verwunderung zusammen-schlugen. Die verschiedenartigsten Vermutungen und Beweise wurden da laut, und die Orte und Stellungen oder Beschäftigungen jedes Einzelnen auf das Genaueste und Peinlichste angegeben, wo und wie sich jeder gerade in der Zeit etwa befunden haben mochte, als die entsetzliche, verruchte Tat geschehen und vollbracht sein mußte.

       Dem Aktuar mit dem ihm folgenden Gerichtsdiener wurde übrigens willig und dienstfertig Platz gemacht; alle wollten aber hinterdrein, und die Frauen besonders gaben dabei durch die entschiedensten Ausrufe: «Ne, Du meine Güte!» und «Ne, so ‘was!» ihre vollkommenste Mißbilligung des Geschehenen zu erkennen. Nichtsdestoweniger wurde auch selbst ihnen die Tür vor der Nase zugemacht, und einer der Bedienten bekam strenge Ordre, die Hausflur zu räumen und niemand mehr, so lange die Untersuchung dauere, die Treppe hinaufzulassen, ausgenommen, es wisse jemand noch um den Diebstahl und könne irgendeinen Fingerzeig geben, um den Dieben auf die Spur zu kommen. Solche Zeugen sollten nachher vernommen werden.

       Oben an der Treppe empfing sie Herr Henkel, um sie gleich an den Ort, wo der Diebstahl verübt worden, hinzuführen. Einer der Leute war indessen abgeschickt, um Herrn Dollinger selber zu rufen, und dieser erschien jetzt, den Aktuar freundlich grüßend.

       Es war indessen schon ziemlich dunkel und im Zimmer Licht angezündet worden.

       «Ich bedaure sehr, Herr Dollinger», sagte der Aktuar, «daß, wie ich gehört habe, eine so fatale Sache mich hier in Ihr Haus führen mußte.»

       «Ja, allerdings», erwiderte der alte Herr, «ist es sehr unangenehm; weniger des Verlustes wegen, der sich allenfalls ertragen ließe, als wegen des Bewußtseins getäuschten Vertrauens, mit selbst keinem gewissen Anhaltspunkt auf Verdacht. Ich wollte gern das Doppelte verloren haben, wenn es hätte auf andere Weise geschehen können.»

       «Das Ganze ist übrigens mit einer raffinierten Geschicklichkeit ausgeführt», fiel Henkel hier ein, «und der Täter, wer auch immer, jedenfalls ein höchst gefährliches Subjekt, von dem ich nur hoffen will, daß wir ihm auf die Spur kommen.»

       «Dürfte ich Sie bitten, mir den Platz zu zeigen?»

       «Treten Sie hier in das Zimmer meiner Töchter; dort der Sekretär ist erbrochen.»

       «Hm – mit einem breiten, meißelartigen Instrument», sagte der Aktuar nach kurzer Besichtigung der offenen, arg beschädigten Mahagoniplatte, «und die Tür ebenfalls eingebrochen?»

       «Nein – die Tür ist unbeschädigt und muß jedenfalls mit einem Nachschlüssel geöffnet sein.»

       «Und was vermissen Sie in dem Sekretär?»

       «Eine Summe Geldes, die ich erst vor wenigen Stunden, und im Beisein meiner Familie und eines zuverlässigen Komptoirdieners, im Paket wie ich sie von der Post erhalten, hier eingeschlossen hatte, und von welcher der Dieb auf eine mir unbegreifliche Weise muß Kenntnis erhalten haben.»

       «Wer ist dieser Komptoirdiener?»

       «Oh, Loßenwerder; Sie kennen ihn ja wohl?»

       «Loßenwerder», sagte der Aktuar nachdenkend, «ist wohl schon eine ganze Weile in Ihrem Geschäft?»

       «Schon zwölf Jahre; mit keinem Schatten irgendeines Verdachts. Ich nahm ihn als einen ganz jungen Burschen in mein Haus; er muß aber gegen irgendjemand davon gesprochen haben.»

       «Hm, hm, wollen ihn doch einmal nachher besehen; also hier hinein hatten Sie das Geld gelegt?»

       «Es ist ein Sekretär, den meine Töchter gemeinschaftlich benutzen, und zu dem jede von ihnen ihren Schlüssel hat. Bitte, lieber Henkel, lassen Sie doch einmal Sophie oder Clara einen Augenblick zu uns herüberrufen.»

       «Ich habe schon das Mädchen geschickt, eine der jungen Damen ersuchen zu lassen», entgegnete der junge Henkel, der indessen im Zimmer umhergegangen war und sich überall umgesehen hatte, ob nicht vielleicht der Dieb doch irgendeine Spur, irgendein Zeichen hinterlassen habe, an das man sich später einmal halten könne.

       «Und vermissen Sie weiter nichts als das Geld?» frug der Aktuar.

       «Auch ein Schmuck meiner ältesten Tochter scheint mit geraubt zu sein», sagte Herr Dollinger. «Aber da kommt Clara, die Ihnen das Nähere davon selber angeben wird.»

       Clara betrat in diesem Augenblick das Gemach; sie sah totenbleich und angegriffen aus, und Henkel eilte ihr entgegen, sie zu unterstützen.

       «Clara, mein liebes armes Kind», sagte Herr Dollinger, auf sie zugehend und die Hand nach ihr ausstreckend, «fehlt Dir etwas? – Der Schreck hat Dich wohl so angegriffen. Mach’ Dir doch nur keine Sorge, mein Herz; vielleicht

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