Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

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Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich

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das Tageblatt, was der wackere Dr. Hayde darüber schreibt; das ist ein Mann, der hat Haare auf den Zähnen und m u ß die Sache verstehen, denn er ist einer von den wenigen, die drüben g e w e s e n und glücklich wiedergekommen sind. Er bringt kaum eine Nummer, in der er nicht ein oder den anderen Hieb auf die Verhältnisse Ihres ,glücklichen Amerika’ hat – das muß ja ein wahres Raubnest sein, lesen Sie nur einmal.»

       «Hören Sie, lieber Schollfeld, ich will Ihnen einmal ‘was sagen», erwiderte ihm Kellmann ruhig. «Dieser Dr. Hayde, der Ihnen die schönen Artikel schreibt, ist, der Meinung aller ordentlichen Kerle in Heilingen nach, das Wenigste zu sagen, eine kleine geschwollene Giftkröte, ein weggelaufener Advokat, den die Verhältnisse aus Deutschland vertrieben, und den in Amerika niemand mit seinen Talenten haben mochte. Zu faul zum Arbeiten und nicht imstande etwas anderes zu tun, wurde er dort wahrscheinlich vom Schicksal hin- und hergestoßen, und wie ein aus einer Tür geworfener Mops stellt er sich jetzt draußen hin, wo sich niemand die Mühe gibt, ihn zu stören, und schimpft und kläfft. Ich will Amerika eben nicht in allem verteidigen, aber was d e r gerade darüber sagt, würde mich auch nicht bestimmen. Wie ein Dreckkäfer schleppt er sich nur mit größter Mühe kleine Stückchen Kot herbei, und rollt sie zusammen, eine Kugel zu machen, in die er sein Ei legt – pfui über den Burschen14

       «Na, jetzt freut mich aber mein Leben», rief Herr Schollfeld erstaunt aus. «Erst schimpfen Sie selber auf Amerika, und nun auf einmal soll der arme Doktor die ganze Schuld tragen.»

       «Ich s c h i m p f e nicht auf Amerika», sagte Kellmann ruhig, «ich kann nur nicht leiden, wenn man es auf Kosten unseres eigenen Vaterlandes herausstreicht und gegen alle seine Nachteile blind ist. Es wäre allerdings noch viel gefährlicher, sich die Lichtseiten alle zu bunt auszumalen; die armen Leute, die nachher hinübergehen und es anders finden, sind dann zu sehr enttäuscht und fallen gewöhnlich, wie mir gesagt ist, aus einem Extrem ins andere – aber s o taugt’s nichts.»

       «Guten Abend selbander», sagte in dem Augenblick eine andere Stimme dicht hinter ihnen, und als sie sich danach umschauten, stand ein alter Bekannter von ihnen, Mathes Vogel, ein reicher junger Bauer aus dem nächsten Dorf, an ihrem Tisch und streckte ihnen freundlich die Hand entgegen.

       «Hallo, Mathes, wie geht’s?» rief Kellmann, die gebotene herzlich schüttelnd. «Wetter noch einmal, Mann, wo habt Ihr jetzt, gerade in der Saatzeit, gesteckt, daß Ihr in der Welt herumreist wie ein Baron, der seine Güter verpachtet hat? Ihr seid verreist gewesen?»

       «Ja, Herr Kellmann, in Bremen.»

       «Wo seid Ihr gewesen?» frug Schollfeld erstaunt.

       «In Bremen, Herr Schollfeld!» rief der junge Bauer gegen diesen gewandt. «Oben in der Hafenstadt.»

       «Guten Abend, Mathes», kam hier der Wirt dazwischen, der den alten Kunden ebenfalls begrüßte. «Lange nicht gesehen, recht groß geworden, mein Junge; hast Du Durst?»

       «Merkwürdigen», sagte der Bauer lächelnd.

       «Na warte, den wollen wir begießen», schmunzelte Lobsich, rasch in den Garten zurückgehend. «Der soll mir nicht umsonst in den Roten Drachen gefallen sein.»

       «Aber was hat Euch nach Bremen geführt?» wiederholte Kellmann, durch das wunderliche Benehmen des jungen Burschen fast etwas mißtrauisch gemacht.

       «Ja, Herr Kellmann», sagte der reiche Bauerssohn, wirklich jetzt verlegen seinen Hut um den Zeigefinger der linken Hand drehend, «das hat – das hat so eine eigene Bewandtnis – ich bin – ich bin zu einem Entschluß gekommen – ich will – ich will auswandern.»

       « W a s will er?» schrie Schollfeld, der die Worte nicht ganz verstanden, den ungefähren Sinn aber etwa erraten hatte. Jedenfalls schöpfte er Verdacht, und ehe Kellmann nur imstande war ein Wort darauf zu erwidern, rief nochmals laut: « W o will er hin?»

       «Nach Amerika», sagte jetzt der junge Mann entschlossen und wollte noch etwas hinzusetzen, aber der Apotheker schlug dermaßen auf den Tisch, und fing so an zu schimpfen und zu fluchen, niemand wußte eigentlich auf was und gegen wen, daß Mathes gar nicht gleich wieder zu Worte kommen konnte und vielleicht auch eben nicht böse darüber war.

       «Hallo, was haben wir da wieder?» rief aber in dem Augenblick Lobsich, der mit dem bestellten Bier für einen seiner besten Kunden selber ankam. «Daß Dich die Milz sticht, was ist denn dem Apotheker eigentlich in die Krone gefahren?»

       «Dem Apotheker nichts», nahm da Kellmann kopfschüttelnd das Wort, «doch hier dem Dingsda, dem Mathes – was meint Ihr, Lobsich, was er vorhat?»

       « H e i r a t e n ? » sagte dieser, und ein breites, vergnügtes Schmunzeln über den so richtig und schnell geratenen Vorsatz zog sich über sein dickes, gutmütiges Gesicht.

       « H e i r a t e n ! » schrie aber der Apotheker dazwischen, indem er sich seinen Hut in die Stirn drückte und seinen Rock anfing zuzuknöpfen. «Heiraten ! Ja prost die Mahlzeit, a u s w a n d e r n will der Kerl, wie ein blindes Pferd, das durch die Stallwand bricht, in einen Teich zu fallen.»

       « A u s w a n d e r n ? » schrie aber auch jetzt Lobsich in unbegrenztestem Erstaunen. «Na, das ist mir aber doch wahrhaftig ‘was U n bedeutendes!»

       «Oh hol’ mich der Teufel mit Eurer albernen Redensart!» rief der nun einmal ärgerliche Apotheker und nahm seinen Stock unter den Arm – sein stetes Zeichen, daß er fertig zum Gehen sein. «Was Unbedeutendes, jawohl, wenn der Raptus15 erst einmal in s o l c h e Köpfe und Geldbeutel fährt, nachher werden wir sehen, was wir hier anrichten. Ich will mir aber mein Abendbrot nicht verderben – gute Nacht Ihr Herren.»

       «Halt, Schollfeld!» rief aber Kellmann, ihn am Arm fassend und zurückhaltend. «Brennt mir nicht durch, ich gehe auch gleich mit und wollte nur erst hören, was Mathes den Gedanken in den Kopf gesetzt hat. Hol’s der Henker, er macht sich entweder einen Spaß mit uns, oder es ist nur so eine Idee von ihm, die wir ihm wieder ausreden können.»

       «Wenn ich das wüßte, blieb ich die ganze Nacht hier», sagte Schollfeld, seinen Stock wieder auf den Tisch legend und zu dem verlassenen Stuhl zurückgehend. «Mensch, Mathes, seid Ihr denn rein vom Teufel besessen, oder habt Ihr nur heute in irgendeiner Kneipe ein wenig des Guten zu viel getan, daß Ihr so tolles Zeug zusammenfaselt?»

       Mathes blieb aber bei allen diesen Ausdrücken des Erstaunens, die erste Erklärung nun einmal überstanden, vollkommen ruhig und zog nur, statt jeder weiteren Antwort, einen Brief aus seiner Brusttasche, den er langsam auffaltete und vor sich legte, als ob er ihn vorlesen wollte.

       «Nun, was soll’s mit dem Wisch?» rief der Apotheker ärgerlich. «Ihr habt Eure Seele doch noch nicht dem Gottseibeiuns verkauft?»

       «So schlimm noch nicht», lachte der junge Bursche, «das hier ist nur ein Brief von Caspar Lauber, den Sie ja alle kennen und der vor etwa sieben Jahren nach Wisconsin auswanderte.»

       «Der w a s tat?» rief der Apotheker, die Augen zusammenkneifend und das linke Ohr zu ihm hindrehend. «Nuschelt nicht so in den Bart, daß Euch ein Christenmensch noch verstehen kann, ehe Ihr unter die Heiden geht.»

       «Der nach Wisconsin auswanderte», sagte der junge Bauer lächelnd. «Er hatte mir damals versprochen zu schreiben, wie es ihm ginge, schlecht oder gut – wenn schlecht, wollt’ ich ihm helfen, wenn gut, vielleicht nachkommen. Aber er schrieb n i c h t , Jahr nach Jahr, und da er überhaupt nichts von sich hören ließ, glaubte ich schon, er sei da drüben gestorben oder untergegangen in dem weiten Reich, bis ich vor vier Wochen

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