Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

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Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich

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«Aber so laßt ihn doch nur reden», rief jetzt auch ärgerlich der Aktuar dazwischen. «Ihr raisoniert nur in einem fort und glaubt nachher, wenn Ihr recht geschrieen habt, Ihr hättet Recht.»

       «So lest den Brief einmal!» sagte Kellmann, die Arme auf den Tisch stützend. «Nachher wissen wir ja gleich, woran wir sind.»

       «Aber erst muß ich noch Bier haben», rief Schollfeld dazwischen, «ich mag die Lügen wenigstens nicht trocken mit anhören.»

       Lobsich winkte einem der nächsten Kellner, die indes leer gewordenen Gläser wieder zu füllen, denn der Brief interessierte ihn selbst zu sehr, den Tisch jetzt zu verlassen, und Mathes sagte wie entschuldigend:

       «Der Brief ist sehr kurz, aber es steht alles darin, was ich zu wissen verlangte, und er lautet:

       ,Lieber Mathes – ich habe bis jetzt mein Versprechen nicht gehalten, Dir zu schreiben, weil es mir sehr schlecht gegangen ist…’ »

       «Naja», fiel ihm hier der Apotheker in das Wort. «Und nun müßt Ihr Hals über Kopf machen, daß Ihr auch hinüber kommt.»

       Kellmann wollte dem ewigen Einredner etwas erwidern, aber Mathes fuhr, lächelnd die Hand gegen ihn aufhebend, wieder laut fort:

       « ,Ich wollte aber nicht gern, daß mich jemand anderes unterstützen sollte, weil das hier im Lande eine Schande ist, ich wollte mir selbst helfen, und habe mir kümmerlich, aber ehrlich und fleißig durchgeholfen. Jetzt habe ich eine kleine Farm von achtzig Acker, und vierundzwanzig Stück Rindvieh und dreißig Schweine und zwei Pferde, und es geht mir gut. Ich habe hart arbeiten müssen, aber ich komme durch. Wenn Du mit Geld hier herüber kommst und willst mich aufsuchen, daß ich Dir mit Rat und Tat an die Hand gehen kann, dann brauchst Du keine Angst zu haben, daß Du nicht durchkommst. Wenn Du eine Frau hast, bringe sie mit; Kinder sind ein Segen hier, kein Fluch, wie für manchen armen Mann in Deutschland. Wer arbeiten will, kommt fort, wer faul ist, geht zugrunde. Es grüßt Dich zehntausendmal Dein Caspar Lauber – Lauders Farm bei Milwaukie, Wisconsin.»

       «Und auf d e n Brief wollt Ihr auswandern?» rief aber auch Kellmann jetzt erstaunt. «Mathes, ist Euch denn das Auswanderungsfieber so plötzlich in die Glieder geschlagen, daß Ihr die Seekrankheit für das einzige Mittel haltet, die es kurieren könnte?»

       Mathes schüttelte aber gar ernsthaft mit dem Kopf, faltete den Brief zusammen, den er zurück in seine Tasche schob, und sagte mit fester und entschlossener Stimme :

       «Lange im Sinn hab’ ich’s schon gehabt, und der Brief hat es zuletzt zum Ausbruch gebracht.»

       «Aber, Mathes, Ihr vor allen anderen habt doch Euer Auskommen hier im Land», rief jetzt auch Lobsich, während der Apotheker das ihm eben gebrachte Glas auf einen Zug hinuntergoß, wie um seinen Ingrimm damit niederzuspülen. «Wenn I h r nach Amerika auswandern wollt, wer soll denn noch dableiben?»

       «Ich b l i e b e auch», sagte Mathes rasch und mit vor innerer Bewegung fast erstickter Stimme. «Ich bliebe auch, wenn mich mein Vater ließe, aber – der will nicht in die Heirat eiligen mit Roßners Käthchen, des Häuslers16 Tochter aus Rodnach. Hier hält er mich dabei unter dem Daumen mit seinem Gut und Geld, und das Mädchen stirbt mir indessen in Arbeit und Gram; dort drüben aber ist ein Platz, wo fleißige Menschen auch durchkommen können mit Gottes Hilfe o h n e Geld, o h n e Ansehen. Der Lauber hatte gar nichts, wie er hinüberging, nicht das Hemd auf seinem Rücken war sein, und ich weiß, daß er nicht einen roten Pfennig mit in das fremde Land gebracht hat. Aus dem ist jetzt ein rechtschaffener Farmer geworden, mit eigenem Land, Haus und Vieh, und was d e r kann – schwere Not noch einmal – das kann ich auch. Ich gehe hinüber, nehme das Käthchen mit – Geld zur Überfahrt krieg’ ich schon, und wenn ich meine beiden Schimmel um den halben Wert verkaufen sollte, und dort hilft der liebe Gott schon weiter. Verhungern werden wir nicht, und ich brauche mir hier nicht mehr unter die Nase reiben zu lassen: das sollst Du tun und das nicht, und d i e sollst Du heiraten, die Du nicht magst und willst, und die Dich lieb hat und Dich glücklich machen kann, der sollst Du das Herz brechen – weil ihr eben nur der volle Geldsack fehlt.»

       «Unsinn!» sagte der Apotheker, jetzt wieder und zwar im Ernst aufstehend. «Wenn jemand einmal rein verrückt geworden ist, läßt sich auch nicht mehr mit ihm streiten. Gehen Sie mit, Kellmann?»

       «Ja, gleich», erwiderte der Gefragte. «Weiß denn aber Euer Vater schon um den Plan, Mathes?»

       «Heute hab’ ich’s ihm gesagt», erwiderte der Gefragte leise, «aber er glaubt es noch nicht.»

       «Und ist es denn schon wirklich so fest bestimmt?» sagte Kellmann teilnehmend.

       «Meine Passage in Bremen für mich und – meine F r a u ist schon bezahlt», rief der junge Bursche da entschlossen. «Den fünfzehnten geht das Schiff ab und ich habe nur noch eben Zeit, das Notwendigste in Ordnung zu bringen.»

       «Ja, da kommt freilich jeder gute Rat zu spät», sagte Kellmann, jetzt ebenfalls aufstehend und seinen Hut ergreifend, «wenn der Sprung erst einmal geschehen ist, braucht man nicht mehr über das Springen zu streiten, und ich wünsche Euch das Beste in Eurer neuen Heimat.»

       «Ich weiß es, ich weiß es», sagte Mathes gerührt, «aber vielleicht seh’ ich Sie selber noch einmal auf freiem Boden drüben, mit Axt oder Pflug in der Hand, wie ein wackerer, richtiger Farmer.»

       «Wen – m i c h ? » rief aber Kellmann ordentlich erschreckt aus. «Ich nach dem vermaledeiten Lande, das alle unsere besten Bürger frißt? Nein, Mathes, für dies Leben nicht – aber wann geht Ihr fort? Vielleicht läßt Euer Vater doch noch mit sich reden und lenkt ein, wenn er sieht, daß es Euch wirklich Ernst ist.»

       Mathes schüttelte mit dem Kopf und der Aktuar rief :

       «Ein Bauer und einlenken, Kellmann? – Da kennt Ihr unseren deutschen Bauer nicht, worauf der einmal seinen Dickkopf gesetzt hat, da muß er durch, und wenn’s nicht geht, so zerhaut er sich eben den Schädel, aber er läßt nicht nach. Der alte Vogel und nachgeben; Du lieber Gott, wenn er den eigenen Sohn mit einem einzigen Wort vom Verderben retten könnte – er spräch’ es nicht.»

       « Na, da kann ich wohl auch meine Bude hier bald zuschließen und mitgehen», sagte Lobsich, sich den Kopf kratzend. «Schwerebrett, das ist mir – hm – hm – ist mir doch ‘was Unbedeutendes, das – das Amerika.»

       «Und was sagt denn das Käthchen dazu?» frug Kellmann jetzt Mathes, während die Übrigen schon aufgestanden waren und sich zum Fortgehen gerüstet hatten.

       «Die weint und will nicht mit», sagte Mathes leise. «Aber sie wird schon gehen.»

       «Sie will nicht mit?»

       «Sie meint, es bräche meinem Vater das Herz.»

       «Das Herz brechen? – Dem alten Vogel?» lachte aber dieser verächtlich. «Na, Gott sei Dank, die hat einen guten Begriff von ihm – als ob dem etwas das Herz brechen könnte!»

       «Nun, es fragt sich nur jetzt, wem sie es lieber bricht», meinte der Aktuar. «Dem Alten, wenn sie geht, oder dem Jungen, wenn sie bleibt – die Wahl wird ihr nicht schwer werden. Aber, Schollfeld, Ihr seid ja auf einmal so still geworden?»

       «Ach, laßt mich zufrieden», brummte dieser ärgerlich, «weiß es Gott, man möchte am Ende selber mit hinüberlaufen, um nur nichts mehr von dem verwünschten Auswandern reden zu hören.»

      

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