Nachtdienste. Gerd Ruttka

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Nachtdienste - Gerd Ruttka

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Gummi zusammengezogen.

      Sie bot ihm einen Kaffee an, den er dankend annahm. "Geben sie mir doch bitte 'mal ihr neuestes Tagebuch, damit ich vorher sehen kann, in welchem Masse die Eintragungen dem realen Ablauf entsprechen."

      Er las, griff während des Lesens automatisch in den Keksteller.

      "Gut, und verständlich geschrieben, " urteilte er, "wenn sie arbeitslos werden, melden sie sich bei uns- wir brauchen jemanden der unsere Berichte so einfach und klar formuliert."

      Er besah sich den Stapel Tagebücher, die Hanna vor ihn hingelegt hatte. "Da werden die Kollegen sich aber freuen. Wie viel sind denn das?" fragte er. "Pro Jahr 3 Kladden, mit 200 Seiten. 12 Jahre lang. Plus 2 von diesem Jahr. Ich hoffe, sie bringen etwas. Wird mein Chef von dem Inhalt erfahren?" fragte Hanna besorgt.

      "Nein, nein " beruhigte Stelzer sie, "nur was fallrelevant ist wird von uns kopiert- außerdem unterliegt sowieso alles der Schweigepflicht." "Das ist gut, " Hanna war erleichtert.

      Wieder vergingen ein paar Tage, ohne dass man irgendetwas Neues gehört hätte.

      Der Dachstuhl war schon erneuert, die Bewohner hatten wieder ihre gewohnte Umgebung, die Tage in der Wohnanlage hatten wieder ihren gewohnten Ablauf. Einzig die Feuertreppen waren jetzt mit Kameras ausgestattet, die jeden zeigten, der die Treppen betrat und die Außentüren waren generell mit Alarmanlagen versehen, die vom Nachtdienst abgeschaltet werden mussten, wenn der erste Kollege zum Frühdienst kam. In der ersten Zeit hatte es gelegentlich Fehlalarm gegeben, aber alles in allem hatte man sich schnell an die neuen Gegebenheiten gewöhnt. Nur selten dachte man noch an die Ereignisse. Kein Mensch sprach mehr über die sonderbaren Geschehnisse. Allenfalls sprach man über den Brand, aber auch diese Gespräche hielten sich in Grenzen. Es gab einfach andere, wesentlichere Probleme zu bewältigen.

      Eines Tages rief Steezer bei Hanna an. Er fragte sie, wann sie einmal frei hätte. Er würde dann vorbeikommen, mit einem Kollegen. Dieser war einer der Kollegen, der ihre Tagebücher gesichtet hatten.

      "Wir haben überall herumgefragt, in allen Dienststellen, wer mithelfen wolle die Tagebücher zu lesen. Der Junge hat vorher in unserem Team mitgearbeitet. Er ist so gut, dass er von uns aus ins LKA versetzt wurde. Er hätte gerne mit ihnen über den Inhalt eines der Tagebücher geplaudert, die er gelesen hat", formulierte Steezer die Bitte.

      Hanna war sofort bereit, ein Gespräch mit den beiden Männern zu führen. "Trifft sich gut, seit vorgestern ist mein Nachtdienstblock zu Ende, und ich suche eine dringende Ausrede um nicht mit dem Wände - Streichen oben im zweiten Stockwerkes anzufangen, jetzt wo ich ausgeschlafen habe."

      Sie verabredeten sich auf den Nachmittag des gleichen Tages

      Der Kollege erwies sich als smarter junger Mann, der eher wie ein Börsenmakler, denn wie ein Polizeibeamter gekleidet war. Die Aktentasche die er unter seinem Arm trug vervollständigte den Eindruck.

      "Muss ich jetzt Angst haben, weil sie zu zweien kommen?"fragte Hanna, als sie im Wohnzimmer saßen. "Nein wie bereits erklärt: Herr Keller ist nur dabei, weil er diesen Teil in ihrem Tagebuch entdeckt hat. Normalerweise arbeitet er nicht mehr bei uns, aber ihre vielen Tagebücher haben es notwendig gemacht, jeden der mitlesen wollte einzuspannen."

      Sie setzten sich an den Kaffeetisch, jeder nahm einen Schluck Kaffee. Dann holte der junge Beamte das Tagebuch aus seiner Aktentasche. Er schlug eine Seite auf, die mit einem Blatt Papier gekennzeichnet war, legte das Tagebuch vor Hanna hin, deutete auf eine Stelle und fragte: " Was haben Sie damit gemeint?" Hanna las: ".................sagte sie sei aus Sachsen, aber irgendwie hört sich die Aussprache gelegentlich für mich ganz anders an. Ach, was, ich bin ja keine Phonetikerin. Es geht mich nichts an, woher sie kommt........."

      "Was ich damit gemeint habe? Naja, in Sachsen und sächsisch kenne ich mich nicht aus.

      Aber als Kinder sind mein Bruder und ich häufig mit unserer Mutter, die schwäbische Dialekte untersuchte, im Schwabenland gewesen. Wobei unsere Mama uns die Unterschiede bei der Aussprache von Lauten erklärte. Das ist ja von Dorf zu Dorf verschieden."Der junge Beamte nickte, verstehend und zusagend zugleich, mit dem Kopf.

      "Mama konnte genau sagen von welchem Ort oder sogar von welchem Weiler derjenige kam, wenn sie jemand sprechen hörte. Irgendwie kam es mir immer vor, als hätte bei Rita irgendwie die schwäbische Sprache durchgeschienen."

      Keller blickte Steezer triumphierend an: "Siehst du, Steezer, ich habe richtig gelegen, dass sich das "anders anhören" sicher auf einen schwäbischen Dialekt bezieht." "Oh, sie sind auch Phonetiker?"fragte Hanna, "was ist ihr Schwerpunkt? Schwaben oder Sachsen? "

      "Nein, nein antwortete Keller, "ich mache so nebenher vergleichende Phonetik, Schwerpunkt Süddeutschland." "Und da haben sie auf schwäbisch getippt?" Hanna war interessiert, "Warum denn das?"

      "Das wäre zu viel für die kurze Zeitspanne, wenn man es eingehend schildern wollte. Außerdem wäre es zu umständlich das genau zu erklären, aber mit ein paar wenigen Worten: In Sachsen gibt es Regionen mit verschiedenen schwäbischen Einschlägen, im südl. Sachsen gibt es einen schwäbischen Einschlag."

      "Sonderbar! " überlegte Hanna laut, "jetzt weiß ich auch wieder an was mich die Aussprache erinnert hat: die Gegend um Gomaringen."

      Steezer war interessiert: "Dies Hobby; können sie auch herausfinden woher ich bin?"

      "Eindeutig Frankfurter Raum", warf Hanna hin. "Da können sie noch so wunderschön Hochdeutsch sprechen, das Frankfurter "A" bekommen sie nie aus ihrer Sprache weg. Und zu Herrn Keller, Karlsruhe- Bruchsal mit pfälzischem Einschlag, kann Rheinhafen sein oder vielleicht Richtung Schwetzingen."

      "Richtig", lachte Keller, " jetzt glaube ich Ihnen auch das Gomaringen."

      Die Männer standen auf, "Wir werden sie wieder belästigen, wenn wir noch Infos benötigen." Mit diesen Worten verabschiedeten sich die beiden Beamten.

      Wieder vergingen ein paar Tage. Im Nachtdienst war an diesem Tag der Medikamentenschrank von Anfang an nicht zu öffnen. So hatte Hanna genügend Zeit, sich dem Fernsehprogramm zu widmen.

      Noch während sie den Frühstückstisch zu Ende deckte, hörte sie mit einem halben Ohr, wie der Moderator von einer geheimnisvollen Fall mit einer unheimlich anmutenden Geschichte über ein unbekanntes Brandopfer sprach. Sie war fertig, betrat den Fernsehraum, als der Moderator fragte: Wer kennt diese Frau? Hanna sah das Bild. "Rita" entfuhr es ihr, sie hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. Doch schon ratterte der Moderator die Daten herunter: Größe, Haarfarbe......... rufen sie uns an, unter der Nummer.

      Sie hörte nicht mehr weiter zu. Ihr fiel eine Begebenheit ein, die sich genau in diesem Frühstücksraum zugetragen hatte. Eine Begebenheit, von der sie sich sicher war, dass sie diese nicht im Tagebuch vermerkt hatte: Rita, die angeblich Krankenschwester in den neuen Bundesländern gewesen war, hatte bei dem Diabetes einer Bewohnerin erstaunliche Aktionen gestartet, die so gar nicht mit den ihr selbst bekannten Empfehlungen und Aktionen in Einklang zu bringen waren. Als sie diese in einer ruhigen Stunde darauf ansprach, lachte Rita "Ach, das liegt wohl daran, dass ich für die Karies-Prophylaxe zuständig war."Sie selbst hatte über diese Antwort nicht wirklich nachgedacht, sondern sie als gegeben hingenommen. Erst später, viel später war ihr aufgefallen, dass Kariesprophylaxe eigentlich wohl kaum eine Arbeit für eine Krankenschwester war, sondern eher in den Arbeitsbereich einer Zahnarthelferin fiel.

      Sie rief bei Steezer an. "Was mir gestern bei der XY Sendung noch eingefallen ist."Sie schilderte die Begebenheit.

      "Das trifft sich gut", Steezer war weder

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