Nachtdienste. Gerd Ruttka
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Zwei Tage später stand Steezer in einem kleinen Wäldchen in Frankfurt nahe des Autobahnzubringers, der direkt über die Mainbrücke zum Bahnhof führte. Die Kollegen der Mordkommission aus Frankfurt, die ihn informiert hatten, als sie das Gesicht der Frau als das aus der XY- Sendung erkannten, zeigten ihm den Fundort, erklärten die Spuren, erörterten schließlich die Position des Wäldchens. " "Es ist immerhin sehr wahrscheinlich, dass die Frau nicht in Frankfurt war, sondern irgendwo außerhalb getötet wurde. Wäre der Täter aus Frankfurt gekommen, hätte er die Leiche wohl auf der anderen Seite des Zubringers abgelegt."
Steezer stimmte dem Kollegen zu, wandte dann jedoch ein, dass der Täter vielleicht Verwirrung stiften wollte. Sie kamen überein, dass man die Berichte der Gerichtsmedizin und der KTU abwarten wolle, bevor man weitere Schritte plante.
*
Der Bericht der Gerichtsmedizin las sich wie eine Beschreibung des menschlichen Körpers, es gab fast keine Stelle an diesem Körper, die nicht mit Hämatomen übersät war. Ob Hinterkopf, ob Gesicht, ob Oberkörper oder Arme, Ob Hände oder Füße, ob Unterleib oder Gesäß überall war die gleiche Beschreibung : Hämatome, blutige, eiternde unversorgte Wunden überall. Die Knochen die man brechen konnte ohne die Lebensfunktionen zu treffen waren mit Hilfe eines Gegenstandes gebrochen worden: Beine und Arme waren an mehreren Stellen gebrochen, das Gesicht war ein einziger Brei. Keine Folgen eines Verkehrsunfalles, standen da zu lesen. Sie war völlig abgemagert, offenbar hatte sie einige Zeit noch Essen und Getränke bekommen, dann jedoch hatte man sie verhungern und verdursten lassen.
Steezer schob den Bericht von sich, stützte sein Kinn auf die Hand- und bemerkte wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Seine Gedanken begannen sich zu formieren, kreisten jetzt um die Fragen, die dieser Fall aufwarf.
Sein erster Gedanke sprach für einen geistig gestörten Massenmörder mit nur einer Ambition: Möglichst Frauen in seine Gewalt zu bekommen geistig so unter Druck zu haben, und Ergötzen und Befriedigung- eventuell sogar im sexuellen Bereich- darin zu finden, die Frauen langsam bis zum Tode zu quälen. In diesem Fall waren Ihnen die Hände gebunden, bis das nächste Opfer gefunden wurde.
Hoffentlich das nicht, überlegte Steezer, hoffentlich ist es eine einfache persönliche Sache zwischen Täter und Opfern. Eine Sache weswegen die beiden Frauen sich selbst neu erfinden mussten, um nicht gefunden zu werden. Eine Sache die mindestens 20 Jahre zurücklag.
Halblaut murmelte er vor sich hin: "Was habt ihr beiden nur angestellt, dass irgendjemand einen solchen Hass gegen Euch beide entwickelt hat."Was könnte einen Menschen soweit treiben, dass er sprichwörtlich zum Tier wird?
Er nahm den Telefonhörer ab, gab knapp die Anweisung: "Die Soko trifft sich in zwei Stunden im kleinen Konferenzraum- Keiner darf fehlen- bitte, gib das an alle weiter. Ich möchte alle Ergebnisse, auch die kleinsten Teilergebnisse, sofort detailliert erfahren."
*
Steezer sah sich im Konferenzsaal um. Alle Kollegen der Soko waren anwesend, selbst die die eigentlich frei hatten. Werner Heberer war sehr ungehalten: "Also, Jürgen ich frag' mich schon, warum ich meinen ersten freien Tag seit 4 Wochen hier verbringen muss. Nächstes Mal bin ich einfach nicht mehr zu erreichen wenn ich frei habe."
Die Abteilungssekretärin kam herein, legte jedem der Anwesenden eine Kopie des Berichtes der Gerichtsmedizin vor. Ohne ein Wort zu äußern ging sie wieder hinaus.
Heberer nahm, ebenso wie die anderen Kollegen, das Blatt in die Hand, überflog es, dann las er es genau durch.
"OK", äußerte er sachlich, aber mit leicht belegter Stimme. Er räusperte sich, bevor er weitersprach, "ich nehm' meinen Protest zurück. Du willst vermutlich die ersten Ergebnisse hören um herauszufinden was wahrscheinlicher ist, ein Massenmörder oder ein persönlicher Racheakt."
Steezer war kein Mann vieler Worte. Ebenso sachlich antwortete er mit einer Stimme der man die Anstrengung sachlich zu bleiben nicht anhörte.
"Richtig. Am besten, Du legst gleich los- was habt ihr bei den Computerfreaks inzwischen erreicht."
"Die sind noch eifrig am entknoten, aber sehr viel gibt es für uns momentan noch nicht. Wir wissen nur was über den Computer gezaubert worden ist- besser sollte man sagen: gelenkt worden ist, das ist uns bekannt, aber von wem und von wo aus, das ist uns noch immer ein Rätsel.
Die beiden Damen scheinen aus dem Nirgendwo gekommen zu sein, irgendwo aus der Luft gekommen, vom Himmel herabgefallen, aus der Hölle heraufgestiegen, wir können es nirgendwo herausfinden. Was wir herausfinden konnten ist: Vor 17 Jahren sind sie bei uns im Kreis aufgetaucht.
Offiziell aus Zwickau kommend haben sie sich mit echten Papieren regulär angemeldet, die Meldung ging vom Einwohnermeldeamt in Darmstadt regulär nach Zwickau, die Rückmeldung kam ordnungsgemäß zurück. Das Problem ist, dass die Meldung irgendwo Netz abbog und die Rückmeldung brachte, ohne dass jemals etwas in Sachsen ankam. Als die beiden ihre Papiere erneuerten lief es genau so, nur, dass sie jetzt erstmals nachvollziehbar irgendwo wohnten. Zuvor gibt es keinen Hinweis, dass die beiden Frauen je existierten. Die Freaks unter uns sind bei dem Versuch diese Zauberstücke zu entzaubern, aber die Wege sind sehr mühsam. Bei dem Versuch sie zu finden sind sie täglich mehrmals aufgelaufen. Aber ich möchte sagen, die Kollegen kommen in Trippelschrittchen voran."
"Wir haben eventuell einen Anhaltspunkt."Karoline Kaiser meldete sich zu Wort. "Wir hatten 13 Anrufe mit dem gleichen Inhalt aus dem Raum Gomaringen in Baden - Württemberg. Das waren Rentner und Rentnerinnen, die erklärten, dass eine ihrer Schulkameradinnen ganz genau so ausgesehen hätte, aber die wäre mit dem Ehemann nach dem zweiten Weltkrieg nach Südamerika ausgewandert. Wir haben bei allen Botschaften angefragt, auch in Nordamerika, Canada und den Mittelamerikanischen Staaten. Aber wir haben noch keine Rückantwort."
"Gomaringen? das erstaunt mich jetzt nicht wirklich. Gutt, weiter so, ihr informiert mich wenn es etwas Neues gibt. Offenbar", überlegte Steezer laut, "waren die beiden Frauen schon länger hier in Deutschland, wenn sie Papiere hatten. Helga, habt ihr in der Wohnung irgendetwas gefunden das auf die Vergangenheit der beiden hinweist? Habt ihr Hinweise, was und wo sie gearbeitet haben? Gibt es überhaupt etwas, das die beiden als Personen nachweist. Quittungen, Rechnungen, zuzuordnende Kleidung? Schmuck oder Wertgegenstände?"
"Schmuck, aber alles innerhalb der letzten 20 Jahre in Deutschland gekauft. Bis auf 2 Broschen. Zuerst hatten wir die auch für billigen Import im Indiostil gehalten, aber der Sachverständige hat erklärt, dass die beiden Broschen aus schwerem echtem Silber mit einem Indianischen Motiv vor rund 40 Jahren in Chile gefertigt wurden."
"Das hört sich vielversprechend an."Steezer schien zufrieden, "ihr setzt Euch dann mit Werner zusammen". Er wollte aufstehen.
"Da ist noch etwas, " fügte Helga hinzu."Eines der Zimmer war völlig leergeräumt, nach den Spuren zu urteilen war es voll mit Elektronik. Wir nehmen an, dass eine der Schwestern IT-Spezialistin war und irgendwo als solche gearbeitet hat. Außerdem sind die beiden Autos der Schwestern nicht aufzufinden." Carlo Maretto mischte sich nun ein. "Mit den Autos sehe ich schwarz. Der Weg in den Osten ist gepflastert mit gefälschten Papieren jeder Art. Aber wenn man weiß, dass dort Elektronik in großem Stil war, müsste man doch einhaken können." Heberer nickte. "Da werden wir mal damit weitermachen- vielleicht finden wir das Notwendige beim Verkäufer der Geräte, um dann dort reinzugehen."
Steezer erhob sich, er reckte sich. "So, das wär's dann Leute, jeder von Euch weiß jetzt was Sache ist. Vielleicht