Paulo in Lissabon, New York und Südafrika (3). HaMuJu

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Paulo in Lissabon, New York und Südafrika (3) - HaMuJu

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wo Geschichte gemacht wurde, die „Großen Drei“, das „Potsdamer Abkommen“ usw. Der Blumenstern am Eingang erinnerte mich an die Dokumentarfilme, die ich in der Schule gezeigt hatte. Wir gingen aber nicht rein, es gab nur Führungen für fünf Euro pro Person. Zurück zur Bushaltestelle. Der Bus fuhr uns vor der Nase weg, der nächste kam 20 Minuten später. Wir fuhren dann zum Nauener Tor ins Holländische Viertel. Dort machten wir eine kleine Getränkepause. Potsdam machte einen sehr guten Eindruck, ich könnte mir die Stadt als Wohnsitz vorstellen. Gut, dass an unserem Lokal die Tram vorbeifuhr, wir fuhren mit einer zum Bahnhof. Dort aßen wir gegen den ersten Hunger in einer Bäckerei Sandwiches und Kuchen. Dann wieder Richtung Berlin. Weil irgendwo Bauarbeiten im Gange waren, fuhren wir über Steglitz unten herum zum Potsdamer Platz. Wir setzten uns wieder hin und schauten auf den Potsdamer Bahnhof und die umliegenden Gebäude. Dann fuhren wir mit der U 2 zum Senefelder Platz nach Prenzlau. In der Kollwitzstraße gingen wir beim Inder etwas trinken. Tina hatte einen Tee, der wie Hühnerbrühe mit Kondensmilch schmeckte. Dann gingen wir noch ein paar Blocks die Kollwitzstraße hoch und setzten uns in das Eckrestaurant Bangin, das Wort war angeblich Balinesisch und bedeutete Aubergine. Am Vorabend war es dort noch sehr voll. Hunger hatten wir noch nicht. Trotzdem bestellte Nik sein Rumpsteak, ich Hähnchenleber mit Cous Cous und Tina Nudeln mit Pilzen, was sie natürlich nicht schaffte. An diesem Abend wurden wir nicht alt. Wir gingen zum Senefelder Platz und fuhren bis zur Bismarckstraße. Vier Stationen später unterbrachen wir die Fahrt, Nik musste zum Klo.

      Um 21.15 h waren wir am Siemensdamm.

      Wir guckten noch den Rest vom „Tatort“ und von „Free Willy“, dann war Schluss.

      Fünfundzwanzigster Oktober

      Wir fuhren wieder nach Hause. Ich ging wieder Brötchen und Zeitung kaufen. Nik überlegte die ganze Zeit, welche DigiCam er sich kaufen sollte. Wir machten kurz alles sauber, dann, um 10.45 h verließen wir das Appartement. Der Bahnhof war brechend voll mit Leuten. Unser Zug hatte fünf Minuten Verspätung und lief auf dem Nachbargleis ein. Um 12.00 h fuhren wir los.

      Das war ein sehr eindrucksvoller Berlinbesuch, obwohl wir nicht ein Museum besucht hatten. Der Unterschied zu früher sprang ins Auge, lediglich an den alten Bauten im Osten konnte man sich noch ein bisschen DDR ins Gedächtnis rufen. Was es aber bedeutet hatte, vor so einem martialischen Bauwerk wie der Berliner Mauer zu stehen oder an der DDR-Grenze mit Todesstreifen, Zaun, Laufweg für scharfe Hunde, Minengürtel, das war nicht zu vermitteln. Wir waren auch am ehemaligen Checkpoint Charly im Mauermuseum, dort gab es allerhand zur Teilung zu sehen, zum Beispiel einen Kleinwagen mit drapiertem Beifahrersitz, auf den sich verdeckt jemand setzen konnte, ohne gesehen oder erahnt zu werden. Auf der Straße vor dem Museum war eine Markierung, die den Verlauf der Mauer anzeigte. Man konnte Niklas beschreiben, wie man damals dort stand und nicht weiterkam, wie unüberwindbar die vier Meter hohe Mauer, der „antiimperialistische Schutzwall“, war, vermitteln konnte man den Eindruck nicht, der sich damals einstellte. Auch das Stück Mauer in der Mühlenstraße war dazu nicht geeignet. So blieben die 40 Jahre Sozialismus in der DDR im Gedächtnis als eine Zeit des Dunkels und der Repression. Natürlich kannten auch die DDR-Bürger Glück und Zufriedenheit, aus Sicht der Westdeutschen lebten sie aber in Armut und Unterdrückung. Wir hatten während der DDR-Zeit keine Beziehungen nach drüben, außer ganz früher, als Mutter Kontakt zu ihrer Verwandtschaft in der Nähe von Riesa unterhielt. Da gab es dann die Päckchen zu Weihnachten, wenn der Christstollen aus Görzig kam, roch man den schon durch das Papier. Viel später fuhr ich mit Freunden und Tina nach Templin in Brandenburg. In Templin wohnten Onkel, Tante und Großmutter von Gabi. Die Stadt lag klasse an der Seenplatte. Wir machten einige Ausflüge nach Eberswalde zum Schiffshebewerk in Niederfinow, nach Ost-Berlin und sogar einmal nach Stralsund. Besonders schön waren die Spaziergänge an den Seen. In Stralsund gingen wir in das Meeresmuseum, ich weiß noch, wie da in einem gläsernen Schaukasten Fischkonserven aufgestapelt waren. Einmal waren Fried, Thorsten, der Sohn unsres Gastgebers, und ich im „Scharfen Eck“ zum Skatspielen. Das „Scharfe Eck“ war eine richtige Stadtkneipe, da gingen die Leute mit Krügen hin und ließen sich Bier abfüllen. Fried saß mit ausgestreckten Beinen am Tisch, als ihm die Kellnerin mit den Worten:

      „Nun setzen Sie sich mal gerade hin!“ vor das Schienbein trat. Rauhe Sitten! Martha Jänsch war eine aus mehreren Gründen anrüchige Person. Sie lag bei sich im Fenster und beobachtete die Straße. Marta Jänsch bot immer Gesprächsstoff, egal in welchem Zusammenhang, sie war das Symbol des Verruchten geworden, jedenfalls in unseren Augen. Einmal durfte ich mit Jochens „Trabant“ fahren, er fuhr meinen „Renault“. Meine Güte, das war gewöhnungsbedürftig, ich hatte Schwierigkeiten, meine Knie unter dem Lenkrad zu postieren. Dann auch noch die Lenkradschaltung! Wir tauschten die Autos schnell wieder. Jochen und Renate, unsere Gastgeber, waren sehr nette Menschen und offen für alles. Als wir nach Templin kamen, mussten wir uns auf der Polizeiwache anmelden, Formulare ausfüllen, Zweck und Dauer des Aufenthaltes usw. Auf der Hinfahrt waren wir auf dem Berliner Ring und wollten Richtung Oranienburg fahren. Da die Autobahn mit Betonplatten belegt war, und diese gegeneinander verschoben waren, war die Fahrerei eine ziemlich holprige Angelegenheit. Vor uns fuhr ein „Trabant“, auf dessen Rücksitz zwei toupierte DDR-Blondinen saßen. Sie hüpften entsprechend dem unebenen Untergrund im Gleichtakt rauf und runter, das sah zum Piepen aus. In Ost-Berlin gingen wir Bücher kaufen. Ich holte mir die Gesamtausgabe der damals in den Schulen ausgegebenen Geschichtsbücher. Bücher waren in der DDR spottbillig. Fast alle Bekannten hatten das „Philosophische Wörterbuch“, es gab einige Literaturklassiker, viele holten sich auch die „MEW“, meistens ausgewählte Bände, das war aber nicht mein Ding, weil es unglaublich mühsam war, sich durch die marxistische Theorie zu kämpfen und nur die Regale zu Hause damit füllen, das wollte ich auch nicht. Die Mediziner und Naturwissenschaftler deckten sich mit Fachliteratur ein, die bei uns im Westen traditionell sehr teuer war. Die Gesellschaftswissenschaftler wie ich mussten natürlich sehr vorsichtig sein, weil das sozialistische Weltbild eben nicht überall passte, die Geschichte war nicht nur eine Geschichte von Klassenkämpfen. Die Gesellschaftsanalyse des Karl Marx bestach durch akribische Aufarbeitung der gesellschaftlichen Grundtatbestände, man musste natürlich zwischen dem Klassenmodell und der Schichtendarstellung trennen. Gegen die „marxistische Mehrwerttheorie“ war nichts zu sagen, sie lag dem „Gewinnmaximierungsprinzip“ im Kapitalismus zugrunde. Ich ließ im Unterricht Karl Marx wenigstens in Grundzügen immer anklingen. Begriffe wie „gesellschaftlicher Wert der Arbeit“ und „Tauschwert der Arbeit“ waren den Schülern geläufig. Es kam in meinem Unterricht unter anderem darauf an, den Schülern den Wert der Geschichte nahezubringen. Was hieß es, aus der Geschichte zu lernen? Man lernt nichts aus der Geschichte, wenn man sich blindlings die historischen Fakten aneignet. Man lernt nur etwas aus der Geschichte, wenn man Strukturen in ihr ausfindig zu machen in der Lage ist und das sind oft Herrschaftsstrukturen. Insofern ist die Geschichtswissenschaft immer auch Gesellschaftswissenschaft. Das historische Faktum existiert nicht an sich, es besteht nur vor dem erkenntnisleitenden Interesse desjenigen, der versucht, gesellschaftlichen Defiziten auf den Grund zu gehen. Es gibt Heerscharen von Historikern, die auf diese Grundtatsache aufmerksam machen.

      Niemandem hilft es zu wissen, dass Karl der Große im Jahre 800 n. Chr. in Aachen zum Kaiser gekrönt worden war. Für den Verlauf der Geschichte der Deutschen war es aber schon wichtig zu wissen, wie er in seinem Reich die Herrschaft organisiert hatte. Das bedeutet, dass der Historiker die Geschichte befragen muss, aus dem erkenntnisleitenden Interesse nach Aufhebung gesellschaftlicher Defizite, zum Beispiel Demokratiedefizite. Welche gesellschaftlichen Ursachen ermöglichten das Erstarken des „Nationalsozialismus“, gibt es heute parallele gesellschaftliche Strömungen, die die „Neue Rechte“ befördern? Welche Konsequenzen muss die Schule aus solchen Erscheinungen ziehen? Geschichtswissenschaft ist so auch politische Wissenschaft. Politik ist Interessendurchsetzung mittels Macht. Macht ist die Chance, den eigenen Willen - auch gegen den Willen anderer - durchzusetzen, so sagte schon Max Weber. Herrschaft ist der dynamische Aspekt der Macht, sie ist Machtausübung. Macht ist also ein Potential. Die Politikwissenschaft stellt die Frage nach der Legitimität von Macht und Herrschaft. Der Prozess der „Aufklärung“, der „Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“ (Immanuel Kant), ist insofern noch längst

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