Der Bestseller. Arno von Rosen
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Was wir glauben, halten wir für die Wahrheit – wird die Wahrheit zur Lüge, glauben wir an Verschwörung.
Ist die Wahrheit überlebensgroß – wird es leichter den Lügen zu folgen.
Arno von Rosen
1. Kapitel
Am Horizont ist nur ein dunkelrotes Glimmen zu sehen.
Der Ozean ist noch tiefschwarz, und scheint beinahe erstarrt zu sein. Langsam kriecht ein dunkles, fast noch schwarzes Rot heran, als ob sich von weit her ein Feuer seinen Weg durch einen undurchdringlichen Wald bahnt.
Die Farbe des Wassers ändert sich in kürzester Zeit von schwarz, in fast alle Farben, um dann in Schattierungen von Rot- und Silbertönen zu wechseln.
Kein Mensch ist weit und breit zu sehen.
Im Gegensatz zu Deutschland, geht die Sonne in Äquatornähe schneller auf und unter, und der aufgehende Feuerball spiegelt sich im nahezu unbewegten Ozean.
Das Wasser sieht jetzt wie Quecksilber aus, und am fernen Rand des flüssigen Metalls, beginnt eine riesige, glühende Scheibe ihr Tagwerk.
Ein Meeresrauschen ist um diese Uhrzeit kaum wahrnehmbar, da so gut wie keine Dünung vorhanden ist. Nur ein paar Vögel sind aus dem nahen Wald zu hören, die ihre morgendliche Begrüßungszeremonie lautstark, auf der Suche nach ihresgleichen, beginnen.
Ich sitze schon eine ganze Weile am Strand, und bohre meine Füße in den warmen Sand, umspült vom angenehm temperierten Wasser des Pazifiks.
Wie lange ich hier schon sitze, weiß ich nicht. Meine Uhr ist irgendwann stehen geblieben, und die Zeit hat hier und jetzt auch keine Bedeutung für mich.
So stellt sich wohl fast jeder das Paradies vor, wenn zu Hause am heimischen Tisch gemeinsam der Urlaub für das kommende Jahr geplant wird. Die Fragen sind stets die Gleichen.
Was kostet die Reise?
Wie viele Wochen bekomme ich Urlaub, und kann ich mir das leisten?
Anschließend bucht man ein drei oder vier Sterne Hotel in der Karibik, oder in Spanien, oder sonst wo auf der Welt, je nachdem was der eigene Geldbeutel zulässt.
Im Ferienort sucht man sich dann eine einsame Bucht, oder weniger besuchte Strandabschnitte, an denen sich die romantische Vorstellung von einem gelungenen Urlaub im Paradies, umsetzen lässt.
Den einsamen Strand habe ich, und nahezu unbegrenzte Zeit, aber ich bin alleine, und der nächste Mensch ist hunderte, oder vielleicht sogar tausende Kilometer weit entfernt von mir.
Häufig werden Prominente gefragt, was sie auf eine einsame Insel mitnehmen würden. Und man erhält sehr oft die Antworten, ein Buch, Musik, oder einen Ratgeber, wie sich ein Leben als Robinson bewerkstelligen lässt.
Ich habe hier die Antwort gefunden.
Einen Menschen.
Egal ob er meine Sprache spricht, Mann oder Frau, alt oder jung ist.
Ich war in meinem bisherigen Leben, weit davon entfernt, mich ständig mit Leuten zu umgeben, als ich noch Mitglied der so genannten Zivilisation war. Mein Bekanntenkreis lässt sich an den sprichwörtlichen zehn Fingern abzählen.
Aber einen Menschen zu sehen, und mit ihm einfach nur zu reden, vermisse ich sehr. Das Gefühl der Einsamkeit ist ohne die unmittelbare Nähe von meinesgleichen, oder zumindest der Möglichkeit welche zu treffen, schwer zu ertragen, auch wenn ich eher zu den Typen gehöre, die auch gerne eine Weile alleine sein können, ohne gleich den Telefonhörer in die Hand zu nehmen, um andere Mitmenschen mit meiner Aufmerksamkeit zu belästigen.
Selbst ein Hund würde jetzt Glück bedeuten, auch wenn er nur zuhören kann, was schon viel bedeutet, wenn einem sonst niemand zuhört.
Aber es ist besser, sich darüber nicht dauernd Gedanken zu machen. So versuche ich jeden meiner Tage mit sinnvollen, und zeitraubenden Aufgaben zu füllen. Es könnte März, oder vielleicht sogar schon April sein, aber sicher bin ich mir nicht.
Ich bin schätzungsweise seit drei oder vier Monaten auf dem Eiland, ohne jemanden gesehen zu haben.
Nur Honesto, der Fischer, der mich hierher gebracht hat, weiß von mir. Er hält mich für einen von diesen Aussteigern, die es ja mittlerweile rund um den ganzen Globus gibt. Geplagt von der Zivilisation, dem Arbeitsstress, oder auf der Suche nach dem Paradies. Er hat mich nicht gefragt, warum ich auf eine dieser Inseln wollte, und ich habe ihm nichts darüber erzählt.
Ich befinde mich irgendwo zwischen den Marshall Inseln und Mikronesien, zumindest bis auf ein paar hundert Seemeilen genau.
Wir waren tagelang hierher unterwegs, fischten ab und zu, um etwas Frisches zu essen zu haben, neben den kargen Essensvorräten die der alte Fischer an Bord hatte.
Meine Nahrungsvorräte, die Honesto wahrscheinlich eher merkwürdig fand, beschränkten sich eigentlich nur auf Dosen, ein paar Packungen Salz, um Fische haltbar zu machen, als Notreserve, falls der Fischfang wegen schlechten Wetters ausfiele.
Der alte Mann schien keine Probleme zu haben sich zu orientieren, obwohl ich nie sehen konnte, dass er einen Kompass benutzte oder etwas in dieser Art.
Ich hatte schon von den „Wasser Essern“ gehört, die nur am Geschmack, der Temperatur, der Strömung, und der Farbe des Wassers feststellen können, wo sie sich befinden, und so immer an ihr Ziel gelangten. Wahrscheinlich gehörte Honesto zu dieser Spezies, die diese Fähigkeiten von ihren Vorfahren über Generationen hinweg überliefert bekommen hatten.
Nachts schützten wir uns mit einer groben Decke vor der Kälte, und wenn Honesto überhaupt schlief, legte er sich das schwere Tuch um die Schultern, und döste ein wenig am Ruder.
Sorgen schien er sich nicht zu machen, und sprang ein Fisch aus dem Wasser, oder die Wellen schaukelten das Boot mehr als gewöhnlich, sah er kurz auf, um gleich wieder einzunicken, falls es sich nicht lohnte einen weiteren Blick zu riskieren.
So vergingen annähernd zwei Wochen, bis er diese kleine Insel ansteuerte, und das Boot gekonnt über die flachen Riffe manövrierte.
Die letzte Insel, die in Sichtweite lag, hatten wir vor vier oder fünf Tagen passiert, aber diese hier war größer, und hatte einen kleinen Wald, während das andere Eiland nur von wenigen Palmen geziert wurde, und auch kaum eine Erhebung besessen hatte.
Honesto blieb einen Tag mit mir auf der Insel, bevor er wieder in See stach, und er versprach wieder nach mir zu sehen, wenn die Saison es zuließ. Er hatte seine Wasservorräte aufgefüllt, und sich Kokosnüsse ins Boot geladen. Mehr benötigte der alte Fischer nicht. Wir schoben gemeinsam den kleinen Nachen vom Strand ins Wasser, und Honesto setzte das einzige Segel des Fischerbootes. Nach einer Stunde, verschwand auch der letzte Zipfel des Mastes am Horizont, und ich war endgültig mir selbst überlassen.
Ich hatte ihm einen Teil meines restlichen Geldes gegeben, mit der Bitte, mir beim nächsten Mal Vorräte mitzubringen. Ich vertraute darauf, dass er sich nicht mit dem Geld aus dem Staub machte, und mich hier für immer sitzen lassen würde, aber sicher sein konnte ich mir nicht, zumal auch die Möglichkeit bestand, dass ihm etwas zustieß, und