Der Bestseller. Arno von Rosen

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dass man nicht mehr weiß, ob man Männlein oder Weiblein ist, ohne jemals zu erfahren, wer sich die ganzen Zahlen ausgedacht hat, oder von wem dieser begnadete Jongleur bezahlt wurde.

      Es gab ja genug Auswüchse, wie zum Beispiel, dass die Chinesen unsere Butter essen, und deshalb der Preis so stark steigen müsse, obwohl die gar keine Milchprodukte in größeren Mengen vertragen, da die Asiaten genetisch bedingt die entsprechenden Enzyme nicht besitzen, um diese Produkte zu verdauen.

      Auf gut Deutsch. Bei dem Genuss von Milchprodukten wird es dem Chinesen einfach schlecht.

      Diese, und andere Theorien griffen wir auf, und verwursteten diese in einem Buch, das mir leicht aus der Hand kam. Jeden Tag kamen neue völlig abstruse Theorien dazu. Teilweise konnte ich mich vor Lachen kaum noch auf die Schreiberei konzentrieren, obwohl das Buch natürlich in einem verschwörerischen Ton verfasst war, um eine hohe Glaubwürdigkeit unserer vermeintlichen Tatsachen zu gewährleisten.

      So saß ich keine drei Monate an dem Machwerk, bevor wir es an einige Verlage versendeten, in der Gewissheit, dass niemand sich für unsere Ergüsse interessieren würde.

      So blieb es auch, bis sich ein kleiner Verlag dazu entschloss, sich für ein paar Euro das Buch zu sichern, und für die Buchmesse im Herbst zu drucken, quasi als Lückenfüller für die eigene Buchpalette.

      Da ich aber immer schon lieber im Hintergrund agiert habe, beschlossen wir, dass mein Freund Karl für die Öffentlichkeit der Autor sein sollte, während ich mit der Sache offiziell nichts zu tun hatte.

      Die Scheu vor der Öffentlichkeit hat keinen bestimmten Anlass bei mir. Sicherlich würde ein Psychologe Gründe in meiner Kindheit finden, die nicht einmal mir bekannt sind.

      Tatsache ist, dass ich zwar sehr gesprächig bin, wenn Freunde um mich herum sind, ich aber andererseits sehr misstrauisch Fremden gegenüber bin, ohne diese etwas von meiner Zurückhaltung spüren zu lassen.

      So bin ich über die Jahre ein ganz passabler Menschenkenner geworden, und kann in der Regel nach der ersten Begegnung, oder einem Telefongespräch sagen, wie mein Gegenüber tickt.

      Im Verkauf ist das eine wichtige Eigenschaft, da kaufen eine sehr emotionale Angelegenheit ist, obwohl viele von sich glauben, rational zu handeln. Aber Fragen sie sich mal selber, warum sie bei einem Produkt, das nicht einmal einen Euro kostet sauer sind, wenn der Preis um wenige Cent steigt, und bei dem Kauf eines Autos Scham empfinden, den Verkäufer nach allen Regeln der Kunst um den bestmöglichen Rabatt zu erleichtern, und nicht einmal mit der Wimper zucken, wenn der Mistkerl dann noch sagt, dass die Überführungskosten noch einmal mit 800 Euro zu Buche schlagen, obwohl der Wagen nur 250 Kilometer vom Händler entfernt zusammengebaut wird?

      Sie haben es richtig erkannt!

      Es handelt sich um Emotionen, und zwar um ihre. So sind die meisten Menschen an der Tankstelle sauer auf die Ölkonzerne, obwohl der Löwenanteil von der Knete an den Staat geht, und Politiker dann auch noch die Frechheit besitzen, sich vor eine Kamera zu stellen, und die Tankstellenketten wegen Gier anzuprangern.

      Sie sehen, wie einfach es im Grunde genommen ist eine Verschwörungstheorie auszuarbeiten, die jedem plausibel erscheint.

      So harmlos begann die ganze Geschichte und wir hätten uns nie träumen lassen, was daraus einmal entstehen könnte.

      Aber der Reihe nach.

      Am besten, ich fange bei dem Tag an, als uns der Verlag die gute Nachricht mitteilte, dass mein Freund Karl unter die Schriftsteller gegangen war.

      Ach ja, ich habe mich ja noch nicht einmal vorgestellt. Mein Name ist, Benjamin Timm

      Ich schreibe diese Zeilen auf, in der Hoffnung, dass diese irgendwann gefunden werden, falls ich diese Insel nie mehr verlasse, oder zumindest, dass unsere Geschichte nicht völlig an der Menschheit vorbei geht, oder einfach nur, weil ich jeden Tag eine Menge Zeit habe, und mich die Schreiberei von meinen trübsinnigen Gedanken ablenkt.

       2. Kapitel

      „Mensch Ben, stell dir vor, wer mich gerade angerufen hat!“

      Ben sieht Karl nur fragend an, nicht wirklich in der Stimmung, bereits am frühen Morgen eine Rateshow zu starten. Nachdem er auch nach ein paar Sekunden immer noch nicht mit der Sprache herausrückt, sagt Ben mit kräftig sarkastisch gefärbter Tonlage.

      „Deine rumänische Arschritze?“

      Damit bezeichnen die beiden hin und wieder den Leib- und Magenhandwerker von Karl, der aus Rumänien stammt, und beim Arbeiten seine Hose am Liebsten halb über sein Gesäß rutschen lässt, um seinen Vollmond zu zeigen, oder aber weil er Hosenträger nicht leiden kann. Jeder kann sich vorstellen, welch ein Anblick das ist, bei 2 Meter Körpergröße, und einem Lebendgewicht von 150 Kilogramm. Außerdem neigte ihr gemeinsamer Freund Nicolae dazu, gegebene Termine nur selten, und wenn, reichlich zeitverzögert einzuhalten, zumindest nach Deutschen Maßstäben.

      Und mit ein paar lieb gemeinten Gehässigkeiten, kommt man einfach besser über diverse geplatzte Termine hinweg.

      „Nein, rat noch mal!“, sagt Karl.

      „Ich habe keine Lust dazu“, blafft Ben zurück.

      Ben schneidet eine unmissverständliche Grimasse, aber im Gegensatz zu sonst, grinst Karl weiterhin, als ob er der Bienenkönigin den Honig unterm Arsch weggeklaut hätte.

      „Ich komm nicht drauf“, seufzt Ben schließlich.

      Triumphierend wirft sich Karl in die Brust.

      „Wir haben das Buch verhökert, an so einen kleinen 08/15 Verlag. Die haben mich heute Morgen angerufen, und wollten sich mit uns treffen.

      Mit DIR treffen“, wirft Ben schnell ein.

      „Natürlich, ich habe nix von dir erwähnt, wie verabredet.“

      Bens Laune bessert sich deutlich, und der Tag konnte jetzt beginnen. Nicht, dass er morgens ein Miesepeter war, aber vor dem Frühstück läuft seine Maschine noch auf Sparflamme, vor allem bevor er einen anständigen Kaffee hatte.

      „Habt ihr schon über Geld gesprochen?“, fragte Ben.

      „Ne, die wollten noch nicht raus mit der Sprache. Der Typ hat so gedruckst, von wegen Anfänger und so, aber das mach ich dann schon.“

      „Schön, dann lass uns mal einen Happen zu uns nehmen, und wir besprechen die Details, damit nichts schief geht, wenn du dich mit denen triffst.“

      Karl braucht man nicht ausgiebig zu instruieren, da er fast immer auf einer Wellenlänge mit Ben lag, und die beiden Freunde so gut wie immer ihre angefangenen Sätze wechselseitig beenden konnten.

      So handelte Karl ein brauchbares Sümmchen für sie heraus, das in den Augen eines richtigen Schriftstellers eher einem Taschengeld glich, aber Benjamin Timm und Karl Blanke hatten ja auch nur einer Laune nachgegeben, und mit einem Verlegen des Buches nicht gerechnet.

      Natürlich sollte auch noch eine Provision für jedes verkaufte Exemplar fließen, aber die Zwei rechneten nicht mit allzu großen Stückzahlen, waren sie doch schon Stolz wie Oskar, dass sie sich jetzt zu der Elite der Buchautoren zählen durften, zumindest zu denjenigen, die ein Buch auch tatsächlich schreiben, und nicht

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