Zeit ist nicht das Problem. Jens Wollmerath

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Zeit ist nicht das Problem - Jens Wollmerath

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       Epilog

       Impressum

       Erster Teil / 1

      Muße ist ein weiter Raum, der unbenutzt ist. (Lin Yutang in "Die Weisheit des lächelnden Lebens", Rowohlt 1997)

      Karl hatte nichts getan. Gar nichts. Und ich? Ich war selbst schuld. Denn jeder, der im Leben noch etwas vorhat, zieht von hier weg. Diese Stadt ist eine Abflughalle: einchecken und dann los, überall sonst muss es besser sein. Und ausgerechnet hier schickte ich mich an, eine Existenz aufzubauen. Man kann so etwas stur oder auch einfach nur entsetzlich blöd nennen. Was wollte ich mir denn beweisen? Glaubte ich wirklich, diese klotzköpfigen Küstenbewohner wären schon reif für Cafékultur und exquisites Essen? Die Zahl der Gäste an diesem neunten April überzeugte mich vom Gegenteil. Ich wollte es offensichtlich live bestätigt haben – immer und immer wieder.

      Ganze vier Personen saßen da. Zwei schlürften Filterkaffee, ein dürres Männlein umklammerte ein Glas Glühwein und die Oma in der Ecke links fuhr seit zehn Minuten mit dem Finger die Karte rauf und runter. Meine Ratatouille und ich standen auf verlorenem Posten.

      Vielleicht hätte ich auf die Kreidetafel vor dem Eingang schreiben sollen: „Holsteiner Rübenmus zum halben Preis! Dazu als Nachtisch gratis: Crespelle ripiene!“

      Dabei war die Eröffnung vor rund einer Woche doch ein voller Erfolg gewesen. Weil es alles billig gab?

      Karl schien das überhaupt nicht zu interessieren. Ja, richtig, der hockte auch hier, aber irgendwie konnte ich ihn nicht zu den Gästen zählen, er gehörte ja fast zum Inventar.

      Er hatte sich verändert und das schien mit dieser mysteriösen Geschichte zu tun haben. Soweit ich wusste, hatte er sogar einen Vertrag dafür unterschrieben.

      „Und, wie läuft´s denn so, ich meine diese Sache?“ fragte ich deshalb als erstes, während ich meine Gläsersammlung zum vierten Mal in dieser Woche auf Hochglanz polierte; vielleicht hatte er ja schon wieder alles hin geschmissen.

      Nichts! Ich hätte auch mit einem Reissack reden können. Karl Grün baute schweigend einen Bierdeckelturm und hatte soeben die zweite Etage geschafft. Er blickte schließlich doch auf.

      „Das Projekt? Läuft soweit eigentlich ganz gut. Ich hab die beiden letzten Stunden am Strand gesessen und fühl mich jetzt bereit, was zu Stande zu bringen.“

      Na, eine Antwort nach Maß. Aber, was hatte ich denn auch erwartet. Wohl eher einen Gefühlsausbruch mit Tränen und wildem Gefuchtel.

      Denn die ganze Sache hatte anfangs überhaupt nicht so gut ausgesehen. Wie mich das Wort Projekt schon aufregte. Ich dachte dabei immer an diese öden Bastel- und Quasseltreffen aus der Schulzeit.

      „Ich hab dich vorhin gesehen. Du hast ja nichts gemacht, außer doof im Sand rumzukauern und auf den Horizont zu starren.“

      Ich klang übler gelaunt, als ich gehofft hatte.

      „Hast du mich beobachtet?“

      „Warst ja nicht zu übersehen. Wie Buddha mit Pudelmütze. Kannst du mir sagen, was du eigentlich machst?“

      „Na, nichts halt...“

      Wie dem auch sei, Tatsache ist, in meinem Café gibt es den besten Milchkaffee der Stadt. Und genau den hatte Monsieur sich vor fünf Minuten bestellt, als er durch die Tür der Strandbar herein stolziert war.

      Jetzt thronte Sir Charles I. mit seinen Einsachtundsiebzig nicht mehr im Sand dafür aber auf einem Barhocker an der Theke, und statt die gewünschte Milchhaube zu bewundern, beschäftigte er sich lieber mit Bierdeckeln.

      Plötzlich betrat da ein Märchenwesen mein bescheidenes Etablissement. Gott, war die hübsch! Höchstens Mitte Zwanzig und eine Figur zum Niederknien.

      Sie guckte erst Karl an und dann, ja, ihr Blick blieb endlich an der alten Jukebox hängen, die der ganze Stolz meines Lokals ist.

      „Geht die noch?“

      „Wie geschmiert. Vorausgesetzt, du fütterst ihr hungriges Edelstahlmäulchen mit ein paar blinkenden Münzen aus deinen samtigen Händen, Verehrteste“, wäre wohl die angemessene Antwort gewesen. Stattdessen nickte ich nur stumm und versuchte Karl durch angestrengte Mimik auf den Engel im Lichtschein aufmerksam zu machen. Mein Freund beschäftigte sich aber schon mit dem nächsten Stockwerk des Pappturms und schien überhaupt nichts zu bemerken.

      Während ich mit meinem Geschirrtuch in der Hand wie ein Affe Grimassen schnitt, war die Elfe bereits auf den Musikautomaten zugeschwebt, zauberte zwischen ihren Fingern ein Geldstück hervor und ließ es klirrend im Bauch der Maschine verschwinden. Schon erfüllte die Falsettstimme Brian Wilsons den Raum und wie auf ein Signal kehrte Karl in das Reich der Realität jenseits von Filigranpapparchitekur zurück. Er drehte sich auf dem Hocker um und…

      Nein, immer schön der Reihe nach, wie beim Kochen. Das ist nicht der Anfang von Karls Geschichte; begonnen hatte sie schon eine Weile früher.

       2

      „He, hallo Karl!“

      Er blieb stehen, drehte sich um und sah Max Stubenrauch auf sich zu kommen.

      „Mensch, prima dass ich dich hier treffe. Hast du auch eine Vorladung für heute bekommen?“

      Karl nickte.

       Warum der? Der letzte, den ich jetzt sehen möchte.

      „Ja, jetzt wird´s ernst und wir ernten die Früchte unserer jahrelangen geisteswissenschaftlichen Turnübungen. Heute mal keine metaphysischen Instanzen und schon gar keine Phänomenologie des Geistes. Jetzt kommt das Leben!“

       Oh Mann, wie ich diesen Schwätzer hasse.

      „Was biste denn so still?“, bemerkte Max mit großen Augen. „Bist du schlecht drauf, weil du humpelst? Was ist denn mit deinem Fuß passiert?“

      Während sich die beiden durch den Haupteingang der Universität an den Entgegenkommenden vorbeizwängten und langsam Richtung Sekretariat weitergingen, informierte Karl seinen Begleiter knapp über den Grund seiner neuen Gangart.

      Er war beim Joggen über einen Ast gestolpert und mit dem Fuß umgeknickt. Das war in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Erstens hatte Karl seinen

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