Oblomow. Iwan Gontscharow

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Oblomow - Iwan Gontscharow

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dessen Ausdeutung verlangen? Wer liest einem vor dem Schlafengehen aus einem Buche vor und hilft einem so zum Einschlafen? Manchmal wird ein solcher Proletarier auch nach der nächsten Stadt geschickt, um etwas einzukaufen, oder er hilft in der Wirtschaft – man kann sich doch mit dergleichen nicht selbst abgeben!

      Tarantjew machte viel Lärm und rüttelte dadurch Oblomow aus seiner Unregsamkeit und Langeweile auf. Er schrie, stritt, führte eine Art von Theaterstück auf und überhob so den trägen Herrn der Notwendigkeit, selbst zu reden und zu handeln. In das Zimmer, in welchem Schlaf und Ruhe herrschten, brachte Tarantjew Leben und Bewegung und manchmal auch Nachrichten von draußen. Oblomow konnte, ohne einen Finger zu rühren, etwas Lebendiges sehen, das sich vor seinen Augen bewegte und redete. Außerdem besaß er noch die Einfalt zu glauben, Tarantjew sei wirklich imstande, ihm etwas Nützliches zu raten.

      Alexejews Besuche ließ sich Oblomow aus einem andern, nicht minder wichtigen Grunde gefallen. Wenn er die Zeit in seiner gewöhnlichen Weise hinbringen, das heißt schweigend daliegen, druseln oder im Zimmer auf und ab gehen wollte, so war Alexejew gewissermaßen nicht anwesend: er schwieg ebenfalls, druselte, oder er sah in ein Buch hinein und betrachtete mit einem trägen Gähnen, das ihm die Tränen in die Augen trieb, die Bilder und Nippsachen. Er konnte nötigenfalls drei Tage in dieser Weise verbringen. Wenn aber Oblomow des Alleinseins überdrüssig wurde und das Bedürfnis verspürte, sich auszusprechen, zu reden, etwas vorzulesen, zu disputieren, eine Erregung zu äußern, dann war er immer ein gehorsamer, bereitwilliger Zuhörer und Partner, der mit stets gleichbleibender Zustimmung an seinem Stillschweigen und an seinem Gespräche und an seiner Erregung und an seiner Anschauungsweise, wie auch immer sie beschaffen war, teilnahm.

      Andere Besucher kamen nur selten, nur auf einen Augenblick, wie die ersten drei, die sich an diesem Tage eingefunden hatten; die lebendigen Beziehungen zwischen ihm und ihnen allen starben immer mehr ab. Oblomow interessierte sich manchmal für irgendeine Neuigkeit und führte manchmal gern fünf Minuten lang ein Gespräch; dann aber fühlte er sich dadurch befriedigt und schwieg. Jene Herren jedoch beanspruchten, daß er ihnen die entsprechenden Gegendienste leiste und an dem, was sie selbst interessierte, Anteil nehme. Sie fühlten sich unter den Menschen in ihrem Elemente; jeder von ihnen faßte das Leben auf seine Weise auf, so wie Oblomow es nicht auffassen wollte, aber sie zogen auch ihn in das Leben hinein: all das mißfiel ihm, stieß ihn ab, widerstrebte seinem ganzen Wesen.

      Nur ein einziger Mensch sagte ihm zu: auch dieser störte ihn in seiner Ruhe, liebte Neuigkeiten und die Gesellschaft und die Wissenschaft und das ganze Leben, aber in einer tieferen, wärmeren, aufrichtigeren Art als andere – und obgleich Oblomow gegen alle freundlich war, so war dies doch der einzige Mensch, den er von Herzen liebte, der einzige, dem er Vertrauen schenkte, vielleicht deshalb, weil er mit ihm aufgewachsen war, mit ihm zusammen die Schule besucht und mit ihm zusammen gelebt hatte. Das war Andrei Karlowitsch Stolz.

      Er war abwesend, aber Oblomow erwartete ihn stündlich.

      IV

      »Guten Tag, Landsmann!« sagte Tarantjew in barschem Tone und streckte Oblomow seine haarige Hand hin.

      »Warum liegst du denn zu dieser Tageszeit noch im Bette wie ein Klotz?«

      »Komm nicht so nah heran, komm nicht so nah heran; du kommst aus der Kälte!« sagte Oblomow und deckte sich fest mit der Bettdecke zu.

      »Was ist das für eine Idee: ›aus der Kälte‹!« schrie Tarantjew. »Wenn dir jemand die Hand gibt, dann nimm sie! Es ist bald zwölf, und er liegt noch im Bett!«

      Er wollte Oblomow vom Bette in die Höhe heben; aber dieser kam ihm zuvor, streckte schnell die Beine heraus und fuhr mit den Füßen gleichzeitig in beide Pantoffeln.

      »Ich wollte diesen Augenblick selbst aufstehen«, sagte er gähnend.

      »Ich kenne dich, wie du aufstehst: du hättest dich bis zum Mittagessen im Bette herumgerekelt. He, Sachar! Wo steckst du denn, alter Esel! Hilf mal schnell deinem Herrn beim Anziehen!«

      »Schaffen Sie sich erst Ihren eigenen Sachar an, und dann schimpfen Sie!« sagte Sachar, der ins Zimmer trat und Tarantjew grimmig anblickte. »Und wie Sie den Fußboden vollgetreten haben, wie ein Hausierer!« fügte er hinzu.

      »Er redet auch noch, der Unverschämte!« sagte Tarantjew und hob das Bein in die Höhe, um dem vorbeigehenden Sachar von hinten einen Tritt zu versetzen; aber Sachar blieb stehen, drehte sich nach ihm hin und machte sich zur Gegenwehr fertig.

      »Rühren Sie mich nur an!« rief er wütend mit seiner heiseren Stimme. »Was soll das heißen? Ich gehe wieder hinaus . . .« sagte er und ging wieder nach der Tür zurück.

      »So hör' doch auf, Michei Andrejewitsch; wie heftig du gleich bist! Warum reizt du ihn denn?« sagte Oblomow. »Gib mir meine Kleider her, Sachar!«

      Sachar kehrte wieder um und schlüpfte, nach Tarantjew hinschielend, hurtig an ihm vorbei.

      Oblomow stützte sich mit dem Ellbogen auf ihn, stand mit Selbstüberwindung wie ein sehr ermüdeter Mensch vom Bette auf, ging mißmutig zu einem großen Lehnstuhl, ließ sich in ihn hineinsinken und verharrte regungslos in der Haltung, wie er sich hingesetzt hatte.

      Sachar nahm von einem Tischchen Pomade, einen Kamm und eine Bürste, pomadisierte ihm den Kopf, machte ihm einen Scheitel und frisierte ihn dann mit der Bürste.

      »Wollen Sie sich jetzt auch waschen?« fragte er.

      »Ich will noch ein bißchen warten«, antwortete Oblomow. »Geh nur wieder nach deiner Stube.«

      »Ach, sind Sie auch da?« sagte Tarantjew auf einmal, sich zu Alexejew wendend, während Sachar seinen Herrn frisierte. »Ich hatte Sie gar nicht gesehen. Weshalb sind Sie denn hier? Aber was ist Ihr Verwandter für ein gemeiner Kerl! Ich hatte es Ihnen schon sagen wollen . . .«

      »Was für ein Verwandter? Ich habe gar keinen Verwandten«, antwortete der bestürzte Alexejew schüchtern und sah Tarantjew mit großen Augen an.

      »Na, der, der hier ebenfalls angestellt ist, wie heißt er doch? . . . Afanasjew heißt er. Wie sollte er denn nicht Ihr Verwandter sein? Natürlich ist er Ihr Verwandter.«

      »Ich heiße ja aber nicht Afanasjew; ich heiße Alexejew«, erwiderte Alexejew. »Ich habe keinen Verwandten.«

      »Na, daß das nicht ein Verwandter von Ihnen ist! Er sieht ebenso unansehnlich aus wie Sie und heißt ebenfalls Wasili Nikolajewitsch.«

      »Bei Gott, er ist nicht mit mir verwandt! Ich heiße Iwan Alexejewitsch.«

      »Na, ganz egal, er hat mit Ihnen Ähnlichkeit. Aber er ist ein gemeiner Kerl; das können Sie ihm wiedersagen, wenn Sie ihn sehen.«

      »Ich kenne ihn nicht und habe ihn nie gesehen«, sagte Alexejew und öffnete seine Tabaksdose.

      »Geben Sie mir mal eine Prise!« sagte Tarantjew. »Haben Sie da nur gewöhnlichen Schnupftabak, keinen französischen? Wahrhaftig«, fuhr er fort, nachdem er geschnupft hatte; »warum haben Sie keinen französischen?« fügte er dann in strengem Tone hinzu.

      »Ja, so ein gemeiner Kerl wie Ihr Verwandter ist mir noch nie vorgekommen«, fuhr Tarantjew fort. »Da habe ich mir einmal (es wird jetzt schon zwei Jahre her sein) fünfzig Rubel von ihm geborgt. Na, fünfzig Rubel, ist das etwa eine große Summe? Man möchte meinen, das könnte er doch wohl vergessen. Aber nein, er denkt daran: alle Monat, wo er mich nur trifft, sagt er: ›Wie steht

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