Im Auge der Kamera. Orkania
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Das grüne Licht wurde heller und als der Gang eine Kurve machte und Erich um die Ecke bog, sah er eine schwere Metalltür mit einer grossen Klinke daran. Über der Tür leichtete grün das Zeichen für den Notausgang. Erich atmete erleichtert auf und öffnete die Tür.
Dahinter lag die Tiefgarage. Erich war bei der Arbeit angekommen. Er ging an den geparkten Autos vorbei und schämte sich wegen seines Schlafanzugs. Was würden die Leute wohl sagen? Er hatte ja nicht mal Schuhe an. Oder doch? Er stellte fest, dass er seine Arbeitsschuhe und Hosen anhatte. An seinem Gürtel hing sogar die Schlüsselkarte und der Bund mit den Sicherheitsschlüsseln. Eben hatte er doch noch seinen Schlafanzug getragen? Aber das hier war ja auch ein Traum, das wusste er jetzt. Da hatte er sich wohl einfach die Arbeitsuniform erträumt.
Erich ging weiter und suchte nach der Tür zum Treppenhaus, konnte sie aber nicht finden. Er lief kreuz und quer durch die ganze Tiefgarage. Es war dunkel und Erich hatte wieder einmal das Gefühl, das jemand hinter ihm her war. Seine Schritte hallten in der Tiefgarage wieder. Das Echo klang unheimlich in seinen Ohren nach. Waren da noch andere Schritte? Ja, er wurde verfolgt! Er wollte schneller gehen, aber er kam nicht voran. Seine Füsse hoben sich einfach nicht. Je mehr er sich mühte, desto langsamer wurden seine Bewegungen. Er musste seinem Verfolger entkommen!
Was ist los? dachte er. Plötzlich drehte sich alles, die Wände kippten zur Seite, der Fussboden kam auf ihn zu. Erich glaubte an ein Erdbeben und wollte sich hinsetzen, aber er lag bereits. Es war gar kein Erdbeben, er lag auf dem Zementboden und fühlte, wie Wasser durch sein Hemd drang. Er war hingefallen. Warum konnte er sich nicht wieder aufsetzen? Was war da los? Seine Arme hingen schlaff an seinen Seiten und Erich wollte sie zwingen, sich aufzusetzen, seinen Oberkörper abzustützen, damit er sich aufrichten konnte. Aber er konnte sich nicht bewegen. Er musste doch hier weg! Er musste sich verstecken! Nicht einmal sein kleiner Finger rührte sich. Nur seine Augen blinzelten hektisch ins zwielichtige trübe Funzellicht der Tiefgarage. Es roch nach Diesel und Dreck.
Erich wollte sich auf den Rücken drehen, weil er scheinbar mit dem Gesicht in Rollsplit lag, die kleinen Steinchen pieksten ihn in die Wange. Was ist hier los, verdammt noch mal? Hab ich einen Herzinfarkt? Oder Schlaganfall? Wenigstens umdrehen, das war sein Ziel. Er versuchte, die Beine anzuziehen, aber auch das ging nicht. Keine Angst, das ist bloss ein Traum. Erich wand sich und langsam reagierte sein Körper, er bewegte sich ein Stück zur Seite, sodass er das Kinn zur Brust ziehen und an sich heruntersehen konnte.
Erich erschrak. Er war vom Hals abwärts in eine feste Folie eingewickelt. Sie umschloss seinen Körper wie die Binden einer Mumie. Deshalb konnte er sich nicht rühren. Er wand sich noch ein wenig und rollte auf den Rücken. Verdammt! Hoffentlich findet mich bald einer! dachte er und versuchte, die Arme zu bewegen, aber vergeblich. Er wollte schreien, aber als er den Mund öffnete, kam kein Ton heraus. Das ist ein Traum, ich kann aufwachen! mahnte Erich sich und dachte angestrengt an sein Bett. Das ist keine Folie, nur meine Decke. Er schloss die Augen und stellte sich seine Decke vor. Ich wache jetzt auf! wiederholte er in seinem Kopf immer und immer wieder.
Da ging ein Rucken durch seinen Körper und er rutschte einen Meter über den Boden. Nein! Jemand zog ihn über den Boden. Man hatte seine Füsse gepackt und zog und zerrte ihn voran, auf die Kellertür zu. Dahinter lag das Archiv. Was sollte das? Erich wurde auf einmal klar, dass derjenige, der ihn unerbittlich zur Tür zerrte, ihn auch in die Folie eingewickelt hatte. Es musste der gleiche Kerl sein, der ihn auch verfolgt hatte, vorhin. Ich wache jetzt auf! dachte Erich. Ich will jetzt nicht mehr, ich will jetzt aufwachen.
Er wurde weiter über den Zementboden gezerrt, der Mann keuchte und atmete schwer. Die Kellertür kam immer näher. Erich wollte sich aus der Folie herauswinden, aber sie sass zu stramm. Aufwachen! schrie etwas in seinem Innern. Der Mann zog ihn durch die Tür und den Gang. Erich konnte sein Gesicht nicht erkennen. Aufwachen! Scheisse! Wach auf! Erich wusste nicht, was er tun sollte. Der Mann hatte nichts Gutes vor. Er hielt inne und liess Erichs Beine auf den Boden fallen. Dann schloss er eine der hinteren Türen auf. Hier wurden noch einige alte Akten gelagert. Der Raum war voll mit den riesigen uralten Metallaktenschränken, die bei der letzten Renovierung hier hinunter verbannt worden waren.
Der Mann zerrte Erich hinein und die engen Gänge zwischen den riesigen Schränken entlang. Er zog ihn ganz nach hinten, wo einige leere Schränke und andere nicht gebrauchte Möbel standen. Dort riss er die unterste Schublade eines breiten grauen Metallschrankes auf. Der Schrank war gewaltig, hatte eine enorme Tiefe und war oben mit einem Schloss versehen. Erich ahnte, dass er dort in dieser Schublade verschwinden sollte. Da würde ihn niemand finden. Der Mann wollte ihn für immer loswerden. Er wand sich und wollte um Hilfe schreien, doch der Mann kam ihm zuvor. Er zog einen grossen Plastikmüllsack über Erichs Kopf. Dann hob er erneut dessen Beine an und zog einen zweiten Plastiksack von unten über den ersten. Erich wollte schreien, aber sein Mund brachte keine Geräusche hervor. Er hörte immer wieder das Reissen von Klebeband und spürte, wie es sich langsam um seinen Kopf wickelte. Dann um seine Taille und um die Beine. Ich muss jetzt sofort aufwachen! Befahl er sich.
Der Mann hiefte ihn stöhnend in die Schublade hinein und er landete mit einem lauten metallischen Getöse darin. Jetzt hatte Erich eine Idee! Er spürte, wie der Mann die Schublade zuschob. Wenn er abschloss, wäre Erich für immer gefangen! Er musste sich jetzt wachmachen. Er würde einfach seinen Kopf auf den Boden schlagen. Das erzeugte hoffentlich ein lautes Geräusch. Davon müsste er ja irgendwann wach werden! Erich hob den Kopf ein paar Zentimeter und warf sich heftig zurück. Es krachte laut. Wach auf! schrie Erich und warf seinen Kopf erneut mit aller Kraft auf den Boden der Schublade. Ein Donnern erklang und die Vibration des Schlages erschütterte ihn. Er richtete sich ein weiteres Mal auf und riss panisch die Augen auf.
Am liebsten hätte er sich ja krank gemeldet. Aber der Chef hatte ihn sowieso schon im Visier wegen der Geschichte mit der kaputten Kamera. Erich sass schon seit Stunden vor seinen Monitoren und starrte darauf. Seine Augen brannten, so müde war er. Der Traum hatte ihn völlig ausgelaugt. Er durfte aber nicht einschlafen, er konnte doch nicht seinen Job riskieren. Mit angestrengtem Blick beobachtete er das Flackern auf dem Bildschirm. So ein blödes Gerät, dachte er und trank einen Schluck kalten Kaffee. Bloss nicht über den Traum nachdenken. Er war heute noch nicht in der Tiefgarage gewesen. Irgendwann musste er runtergehen, das wusste er. Es war kindisch, sich zu fürchten. Es war doch nur ein Alptraum gewesen.
Erich ging auf die Toilette und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Dann begann er seinen Rundgang direkt in der Tiefgarage. Das ist ja lächerlich. Nur ein paar leere Parkplätze und Kellerabteile voller alter Akten und Gerümpel. „Gerümpel! Nichts weiter!“ sagte er laut und lauschte seinem eigenen Echo. Da war niemand sonst.
Er war ganz allein. Bei dem Gedanken wurde ihm auch nicht wohler. Ein Schauer lief über seinen Rücken. Er durchmass mit schnellen Schritten die Tiefgarage und rannte fast wieder zum Treppenhaus zurück. Vor der Tür blieb er stehen und fummelte den grossen Schlüsselbund von seinem Clip am Gürtel. Der Knauf hatte Rostflecken, dort wo die Farbe abgeblättert war. Erich wollte den Schlüssel ins Schloss stecken, aber er fiel ihm aus der Hand und landete mit einem Klirren auf dem Betonboden. Erich bückte sich und griff mit zitternden Fingern danach. Der Boden roch tatsächlich nach Diesel und Dreck.
Peng! knallte ein lautes Geräusch durch den riesigen leeren Raum und hallte von den Wänden wieder. Erich zuckte zusammen, der Schlüsselbund entglitt ihm. Was war das? Eine Fehlzündung! dachte er und sah sich suchend nach dem Auto um, aber es war natürlich keines da. Er war allein. Scheisse. Er lauschte angestrengt. Das Blut rauschte