Im Auge der Kamera. Orkania

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Im Auge der Kamera - Orkania

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und Erich erkannte das Geräusch. Das waren die Schubladen des riesigen Metallschrankes, die zugeknallt wurden! Der Schrank aus seinem Traum! Er grapschte nach dem Schlüssel und brach sich dabei durch die Heftigkeit der Bewegung einen Fingernagel am Betonboden ab. Den Schmerz nahm er nicht wahr, als er den richtigen Schlüssel mit fieberhaften Bewegungen suchte, fand und nach einer gefühlten Ewigkeit ins Schloss schob.

      Er brach den Schlüssel fast ab in dem panischen Versuch, das alte schwere Schloss aufzubekommen. Es klemmte. Er warf sich gegen die Tür. Verdammt! Geh auf! Er rüttelte an Schlüssel und Schloss. Dann warf er sich mit seinem gesamten Gewicht dagegen. Die Tür sprang auf und Erich fiel fast hindurch. Hektisch warf er die Tür hinter sich ins Schloss. Er rannte die Treppen nach oben und in sein Büro, wo er sich einschloss und mit zitternden Knien auf seinen Bürostuhl sank. Mit bleichen Lippen verfolgte er gebannt die Kameraaufzeichnungen des Kellers und der Tiefgarage. Aber niemand war zu sehen. Es war kein Mensch dort. Auch das Rolltor der Ausfahrt war nicht bewegt worden.

      Erich spürte etwas Klebriges an seinen Fingerspitzen und begutachtete den abgebrochenen Fingernagel und das Blut, dass daran klebte. Was, wenn Rosi recht hatte und es tatsächlich nicht mit rechten Dingen zuging? Er nahm ein Pflaster aus seinem kleinen Notfalltäschchen und pappte es darauf. Dann begann er seinen Schreibtisch aufzuräumen und abzustauben. Er musste nachdenken.

      Nach einer gefühlten Ewigkeit kam endlich die Putzkolonne und der sehnsüchtig erwartete Feierabend. Erich hatte die Videoaufnahmen auf seinen privaten USB-Stick gespeichert. Das durfte er eigentlich nicht. Aber er hatte sich fest vorgenommen, dem Phänomen am Wochenende auf den Grund zu gehen. Und dafür brauchte er die Aufnahmen. Er musste ja niemandem erzählen, wie er an sie herangekommen war und woher er sie hatte. Er könnte sie jederzeit löschen. Mit dem Stick in der Hosentasche fuhr er nach Hause. Er hatte das Gefühl, jeder könnte ihm den Datendiebstahl ansehen. Datendiebstahl! Eine kaputte Videoaufnahme, mehr nicht! dachte Erich und schluckte seine Bedenken herunter. Wenn er herausgefunden hatte, was damit nicht in Ordnung war, dann würde er sich auch nicht mehr gruseln. Und dann ginge seine Arbeit wieder ihren gewohnten Gang.

      Freitag

      Zu Hause ging er nicht direkt ins Bett, sondern durchsuchte das Internet. Er informierte sich gründlich. Fast den ganzen Vormittag brauchte er, dann hatte er einiges erfahren und sich eine Telefonnummer notiert.

      An einer renommierten Universität erforschte ein Wissenschaftler das sogenannte weisse Rauschen und die damit verbundenen Phänomene. Erichs mysteriöse Gestalt, die im Rauschen des Bildschirms auftauchte, war wohl kein Einzelfall. Es wurde immer wieder über derartige scheinbar paranormale Phänomene berichtet. So sollte es Aufnahmen von Stimmen geben, die durch das Rauschen hindurch sprachen und Videoaufnahmen von Gestalten geben, die zwischen dem Geflimmer deutlich zu erkennen waren. Dennoch hatte man ihm unmissverständlich gesagt, dass die meisten dieser Aufnahmen lediglich Fälschungen waren. Oft wollten die Macher dieser Filmchen mit ihren Werken nur Aufmerksamkeit erregen. Erich schrieb eine Email und bat um Aufklärung, denn immerhin war ja nicht er der Urheber dieser Aufnahmen. Und Aufmerksamkeit brauchte und wollte er keine. Im Gegenteil, dass er die Aufnahme mitgenommen hatte, sollte besser niemand wissen. Erich wollte nur herausfinden, was dahinter steckte, damit er wieder ruhig schlafen konnte.

      Der Wissenschaftler hätte sicherlich eine Erklärung für Erichs Aufnahme und könnte ihm das ganze Phänomen erklären. Es als Fälschung entlarven. Und dann gäbe es nur noch eins für Erichs Seelenfrieden zu tun: Den Kerl finden, der ihm diesen Streich gespielt hatte und ihm mal gehörig den Kopf waschen. Denn seit den lauten Geräuschen in der Tiefgarage stand für Erich eines fest: Da wollte ihm jemand einen Schrecken einjagen! Und das wäre ihm fast gelungen! Aber so schnell würde Erich sich nicht veralbern lassen. Mit mir nicht! Wollen doch mal sehen, wer dahinter steckt!

      Er brauchte nur Beweise, dass sich das nicht alles in seinem Kopf abspielte. Dann könnte er zu seinem Vorgesetzten gehen und Meldung machen. Vielleicht war ja ein Kollege von der Sicherheitsfirma scharf auf den verhältnismässig leichten Job in der renommierten Agentur? Hatte man beschlossen, ihn rauszumobben? Das wäre zumindest eine Erklärung. Also verschickte Erich die Datei mit dem Standbild der Kamera, auf dem der Schatten zu sehen war, zusammen mit der Email und fuhr den Computer herunter. Es gab eine wissenschaftliche Erklärung dafür.

      Sichtlich erleichtert, dann doch eine Lösung gefunden zu haben, ging Erich am Nachmittag ins Bett. Er schlief fast sofort ein.

      Der Traum kam diesmal nicht unerwartet. Aber etwas war anders. Erich rannte wieder einen Krankenhausflur entlang und suchte nach seiner Frau. Doch als er um eine Ecke bog, war er auf einmal in der Agentur. Da wurde ihm klar, dass er wieder träumte. Es war ihm genauso bewusst wie beim letzten Mal. Mit klopfendem Herzen sah er sich um. Sein Verfolger war noch nicht da. Erich hatte also einen Vorsprung! Er könnte sich verstecken! Fieberhaft suchte er nach einem Versteck.

      Dann fiel es ihm ein! Der Aufenthaltsraum im 2. Stock! Er könnte sich dort einschliessen. Erich öffnete die Tür zum Treppenhaus und schlich sich nach oben. So leise wie möglich trat er auf und versuchte, kein Geräusch zu machen. Hinter der Tür zum 1.Stock hörte er Geräusche. Waren das Schritte?

      Er verharrte reglos. Sein Herz klopfte wie ein Presslufthammer. Langsam holte er tief Luft. Das ist nur ein Alptraum! dachte er sich. Du könntest nachsehen, wer das ist! Aber was bringt das, es ist ja nur ein Traum. Wahrscheinlich ist da dann niemand!

      Hinter der Tür wurden die Geräusche jetzt lauter. Ein merkwürdiges schleifendes Geräusch und dann folgte ein Quietschen. Erich hielt den Atem an. Ich bin der Nachtwächter und ich muss das klären. Das ist mein Beruf! Dachte er und machte sich daran, die Tür zu öffnen. Im nächsten Moment stand er im Flur zum 1. Stock. Die Geräusche klangen nun wie aus weiter Ferne. Er konnte in dem dämmrigen Licht zunächst nichts sehen. Er tastete nach seiner Taschenlampe, fand sie aber nicht. Wahrscheinlich hatte er sie in seinem Büro vergessen. Das macht nichts, ich kann ja das Licht einschalten! sprach er sich selbst Mut zu. Er ging zum Tresen der Sekretärinnen und schaltete den Hauptschalter ein.

      Mit einmal war alles in strahlendes Licht getaucht. Selbst die Wände und der dunkle Teppichboden waren weiss. Im kurzen Flur gegenüber der Theke stand Roswitha mit ihrem Putzwägelchen und sprühte Glasreiniger auf das Bild an der Wand. Dann zog sie mit einem Lappen über den Rahmen und das Rahmenglas und verursachte damit ein quietschendes Geräusch.

      „Mensch, du bist das ja nur, Roswitha!“ sagte Erich sichtlich erleichtert und kam um die Theke herum. „Aber warum machst du dir denn kein Licht?“

      „Ich sehe gut genug.“ meinte Roswitha und wischte erneut über das Glas.

      „Ich dachte, du putzt nicht mehr im 1.Stock?“ fragte Erich neugierig.

      „Ja, aber die Gerda ist doch krank geworden! Und der Fleck hier muss weg sein, bevor die Schicht rum ist! Das siehste doch wohl ein!“ Roswitha wedelte mit dem Lappen vor dem Bild herum. „Schau dir die Schweinerei doch mal an!“

      Erich betrachtete das Bild. Auf dem Glas zogen sich Schlieren getrockneten Blutes hin. Roswitha fuhr fort, diese mit ihrem Lappen über das Glas zu verschmieren.

      „Wie kommt denn das Blut dahin, Rosi?“ stammelte Erich und wich einen Schritt zurück.

      „Frag mich nicht. Ich bin bloss die Putzfrau.“

      Das Wochenende

      Samstag früh sass Erich im Zug und blickte erwartungsvoll bei der Einfahrt des Zuges in den Bahnhof aus dem Fenster. Am Gleis würde er vom Assistenten des Professors abgeholt werden. Man hatte ihn am Telefon um einen Besuch gebeten und er war neugierig geworden. Er war sehr zufrieden damit gewesen, dass man offensichtlich so schnell eine Lösung gefunden hatte.

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