Bill & Bill. Xaver Engelhard

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Bill & Bill - Xaver Engelhard

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Snow Birds bequem, der Kurs auf Key West nahm, und ließ sich vom monotonen Rattern der Räder, das noch nichts von den synkopierten Rhythmen der Karibik verriet, in den Schlaf lullen. Als er erwachte und sich auf die Suche nach etwas zu essen machte, geriet er an eine Gruppe lautstarker Studenten, welche die Frühlingsferien für einen Ausflug nach Kuba nutzten. Seit sie in Boston in den Zug gestiegen waren, tranken sie und spielten Karten. Sie schüttelten verwundert die Köpfe, als sie erfuhren, dass er alleine unterwegs war, und noch belustigter zeigten sie sich, als er sie fragte, ob er in ihre Poker-Partie einsteigen dürfe. Er zügelte sich, um nicht für Ärger zu sorgen, besserte seine Reisekasse gleichwohl deutlich auf; und sie nannten ihn bald einen Glückspilz und einen tollen Kerl, legten die Arme um seine Schultern und sangen im Chor beliebte Broadway-Hits. Als sie sich endlich in den Schlafwagen zurückzogen, machte er es sich wieder auf seinem Sitzplatz bequem. Am nächsten Tag nahmen sie ihn in dem Taxi mit, das sie vom Bahnhof zur Fähre bringen sollte, und wiesen ihn als Erste darauf hin, dass er für die Weiterreise einen Pass brauchen würde. Er ließ sich durch seinen Mangel an Ausweisen und offiziellen Dokumenten nicht bekümmern, was die Studenten mit Verwunderung zu Kenntnis nahmen und erheitert seiner Jugend und seiner fehlenden Vertrautheit mit dem Lauf der Welt zuschrieben. Die US-Beamten vom Zoll, bei denen er sich über seine Eltern beschwerte, die ihn auf dem Parkplatz vergessen hätten, winkten ihn rasch durch und wünschten ihm viel Vergnügen. Für ihre kubanischen Kollegen würde es grünes Papier anstelle des blauen Kartons tun.

      Er betrachtete die chromblitzenden Karossen, die auf die Fähre rollten, ohne Neid, wusste er doch, er würde, sobald die Zeit reif war, auch eine solche besitzen. Er hatte zum Meer das gleiche Vertrauen wie zum brüchigen Pflaster New Yorks. Er stand im Bug, lächelte und genoss den Anblick der im Licht der untergehenden Sonne schillernden Wellen. Einer der Studenten, der mit seinem Vater jedes Jahr zum Hochseefischen hierher kam, hatte ihm von den Haien und vom Marlin erzählt, die unter der kostbaren Oberfläche hausten; und Bill hatte interessiert zugehört, aber immer unter dem Vorbehalt, dass man sich von so etwas nicht erschrecken lassen sollte, so lange man nicht selbst über Bord gegangen war. Später, als sie in ein Gewitter gerieten und das Schiff schwerfällig der Insel entgegen stampfte, stand er noch immer in seinem dünnen, mittlerweile ganz durchnässten Hemd an der Reling und beobachtete die Seekranken, die in der Dunkelheit vergebens den unsichtbaren Horizont zu fixieren versuchten.

      Die Studenten setzten Bill auf dem Malecon ab, Havannas legendärer Uferpromenade. Als er seinen schäbigen Pappkoffer vom Dach des Taxis zerrte, hörte er die drei gedämpft debattieren. Einer war der Ansicht, man dürfe Bill, der eindeutig nicht wisse, was ihn erwarte, nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Die anderen erinnerten daran, dass man nicht so weit gereist sei, um Kindermädchen zu spielen. Bill klopfte an das Fenster und versicherte seinen Landsleuten lachend, dass sie sich um ihn keine Sorgen zu machen bräuchten.

      Als das Taxi verschwunden war, setzte er sich erst einmal auf die hüfthohe Mauer, welche die vierspurige Straße mit ihrem breiten Gehweg zum Strand hin abschloss. Links und rechts saßen und standen Liebespaare, Männer in weißen Anzügen und verwaschenen Ringelhemden, Frauen in rosa Rüschen und blauem Kaliko, und genossen den erfrischenden Wind und die Gischt, die dieser immer wieder bis hoch zu ihnen wehte. Sie küssten sich, blickten einander in die Augen, flüsterten und lachten. Bill lächelte freundlich und wandte sich dem Autoverkehr zu, der, wie er schnell feststellte, eine noch höhere Cadillac-Dichte aufwies als der in Manhattan. Er drehte sich um und betrachtete das Meer. Am Horizont ballten sich erneut Wolken zusammen, darunter zogen Schiffe vorbei. Auf der einen Seite der Bucht ragte die alte Festung der Spanier empor, auf der anderen waren gerade noch die Schornsteine der amerikanischen Raffinerie zu erkennen, dazwischen breitete sich die Stadt mit ihren pastellfarbenen, drei und vierstöckigen Gebäuden im Kolonialstil aus. Kleine Motorräder lärmten und verstießen überhaupt gegen alle Gebote der Vor- und Rücksicht. Busse, aus deren offenen Türen Menschentrauben hingen, hinterließen schwarze Rauchschwaden, die sich in der schwülen Luft nur zögerlich auflösten. Aus dem Wipfel einer der Kohlpalmen, die sich entlang der Straße mit den gusseisernen Laternen abwechselten, sprang eine Ratte, landete zwischen den Passanten, die sich nicht weiter um sie kümmerten, schlüpfte durch einen Regenabfluss und erreichte den Strand, der hier sehr schmal war und auf der einen Seite vom Fundament des Malecon begrenzt wurde, auf der anderen von Felsbrocken, zwischen denen angeschwemmte Kisten, Tonnen, Netze und Tang-Haufen lagen.

      Bill bekam Hunger, rutschte von der Mauer und wagte sich mit seinem Koffer in der Hand in eine der Straßen, die weiter in die Stadt hinein führen mussten. Zwei Männer kamen ihm entgegen und boten an Stangen aufgereihte Lose für die nächste Lotterie feil. Schuhputzer, teilweise deutlich jünger als er selbst, schoben sich mit ihren Holzkisten und Schemeln zwischen den Fußgängern hindurch und hatten den Blick auf den Boden und die Füße der gemächlichen Flaneure und eiligen Geschäftsleute geheftet. Ein fliegender Händler hatte seinen Karren am Straßenrand geparkt und verkaufte geschabtes Eis mit Sirup. Bill entdeckte einen Laden, in dem es Fruchtsäfte und gegrillte Sandwichs gab. Er bestellte automatisch auf Englisch und wollte mit Dollar bezahlen und hatte auch Erfolg damit, wurde aber belehrt, dass er sich eigentlich in einem anderen Land befinde, auch wenn dies viele seiner Landsleute nicht wahrhaben wollten. Er gab sich reumütig und führte einige der spanischen Phrasen vor, die er in der Schule gelernt hatte. Der dunkelhäutige Verkäufer war begeistert und entblößte ein Gebiss, das unvollständig war, aber strahlend weiß wie sein Hemd.

      Bill gelangte an einen großen Brunnen, setzte sich auf eine der Stufen, die zu dem Becken hoch führten, packte sein Sandwich aus, biss hinein und merkte auf einmal, wie müde er war.

      „Neu hier?“, fragte ihn jemand.

      Bill zuckte zusammen und drehte sich um. Der junge Mann, der schräg hinter ihm ebenfalls auf einer der Stufen saß, war nicht viel, aber entscheidend älter als er. Er trug einen grauen Sommeranzug und hatte eine zusammengefaltete Zeitung untergelegt, damit dieser nicht schmutzig wurde. Eine dunkle Haartolle hing ihm ins Gesicht. Bill nickte.

      „Das Pappding da verrät dich, was nicht ganz ungefährlich ist, wenn du hier in die falsche Gasse gerätst.“ Der junge Mann grinste und wies mit dem Kinn auf den Koffer, den Bill neben sich abgestellt hatte.

      „Ich bin gerade aus New York angekommen. Was ist mit dir? Du schaust auch nicht wie ein Einheimischer aus.“

      „Paris!“

      „Eine schöne Stadt, heißt es.“

      „Von New York erzählt man sich dasselbe.“

      „Zugegeben, Manhattan hat seinen Reiz. Aber keine Champs Élysées!“

      „Dafür den Broadway!“

      „Aber kein Moulin Rouge!“

      „Dafür den Times Square!“

      „Kein Montmatre!“

      „Dafür Greenwich Village!“

      „Ich sehe, wir verstehen uns.“

      „Durchaus!“

      Sie standen auf, gaben sich die Hand und stellten sich einander vor.

      „Was führt dich hierher?“, fragte Pierre, der die Zeitung aufhob und sie eine Stufe hinab trug, um sich neben seinen neuen Freund zu setzen.

      „Mein altes Leben hat mich gelangweilt.“

      „Wenn du ein neues suchst, bist du genau am richtigen Ort gelandet.“

      „Freut mich, zu hören!“

      „Zuerst einmal wirst du eine Unterkunft brauchen, oder?“

      „Stimmt!“

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