Bill & Bill. Xaver Engelhard

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Bill & Bill - Xaver Engelhard

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käme gelegen.“

      „Auch ich ziehe es vor, mein Geld für anderes auszugeben als ein Bett, das ich eh nur selten benutze.“ Pierre zwinkerte; Bill gab sich wissend. „Bei uns im Haus ist zufällig ein Zimmer frei geworden. Wenn du willst, zeige ich es dir.“

      „Gerne!“ Bill schob sich das letzte Stück Sandwich in den Mund, wischte die Hände an der Hose ab und stand auf. Noch bevor er seinen Koffer nehmen konnte, hatte sich Pierre dessen bemächtigt und ging mit dem überraschend leichten Gepäckstück voraus in eine der dunklen Gassen, die auf dem Platz mit dem Brunnen mündeten.

      „Du sprichst ausgezeichnet Englisch.“ Bill hatte Mühe, Pierre zu folgen. Sein Hemd war bereits durchgeschwitzt.

      „Danke! Ich habe viel Gelegenheit zum Üben. Sprichst du Englisch, bis du in Havanna ein gemachter Mann.“

      „Das sollte mir zu Gute kommen.“ Bill lachte. „Lebst du schon lange hier?“

      „Ja. Meine Eltern sind russische Juden. Sie sind erst vor den Kommunisten nach Frankreich und dann vor den Deutschen nach Kuba geflohen.“

      „Eine bewegte Vergangenheit! Aber wo hast du dabei Englisch gelernt?“

      „Ich arbeite als Croupier im Kasino.“

      „Ein schöner Beruf! Gehilfe des Schicksals sozusagen!“

      „Eher Handlanger des Hauses! Aber ich beschwere mich nicht!“

      Bald darauf standen sie vor einem alten Gebäude, das früher vielleicht einem reichen Kaufmann gehört hatte, das inzwischen aber stark heruntergekommen war. Im Sockelgeschoss, das aus großen Steinquadern gefügt war, hatte es halb unterirdisch einmal Läden und Werkstätten gegeben, deren Tür- und Fensteröffnungen inzwischen mit Brettern vernagelt waren. In der Mitte öffnete sich eine große Einfahrt, von deren Tor nur noch rostige Angeln übrig waren. Im Hof führte eine breite Treppe in den ersten Stock, in dessen hohen Räumen zum Teil Hühner und Ziegen untergebracht waren. Ein Zimmer wurde von einem älteren Männerpaar bewohnt, das höchstens einmal durch einen gedämpften Streit auffiel, ein anderes von einer jungen Prostituierten, die es bislang geschafft hatte, ihrem Geschäft auf sich alleine gestellt nachzugehen. Die meisten anderen Wohnung lagen im zweiten Stock des Gebäudes, darunter die eines Setzers, der eine kleine, runde Nickelbrille trug und darunter litt, dass er statt aufrührerischer Pamphlete meist nur Visitenkarten und Einladungen für die Bourgeoisie drucken durfte. Er war Pierres Vermieter und wusste von einem Zimmer bei den Nachbarn, einem Ehepaar aus dem Oriente. Pierre stellte den Neuankömmling vor und dolmetschte zwischen ihm und seinen künftigen Mitbewohnern. Trotz seines nur rudimentären Spanisch verstand sich Bill ausgezeichnet mit allen und wusste bald, was guaguas waren und was bayús. Bevor Pierre sich auf den Weg ins Casino machte, prophezeite er seinem neuen Freund noch, dass er nach vier Wochen reden werde wie ein Kubaner, und sollte Recht damit behalten. Bill richtete sich in seinem Zimmer ein, benutzte es aber fast nur zum Schlafen und trieb sich die übrige Zeit auf den Straßen und Märkten herum und redete mit den Menschen oder setzte sich in eines der Cafés und versuchte, die Nachrichten in den Zeitungen zu entschlüsseln. Die vier Wochen waren noch nicht vorbei, da war sein Spanisch bereits gut genug, um sich damit auf Vermittlung Pierres im Casino für einen Job zu bewerben.

      „Glaubst du dich dieser Aufgabe gewachsen?“ Sr. Pérez, Assistent der Casino-Leitung, sprach fast akzentfreies Englisch und musterte Bill voll Misstrauen.

      „Selbstverständlich! Nichts könnte mich mit größerem Stolz erfüllen, als in Ihrem herrlichen Kasino arbeiten zu dürfen. Auch will ich gar nichts anderes, als mit einer bescheidenen Aufgabe zu beginnen, behalte mir gleichwohl vor, Sie durch Leistung von meinen Qualitäten zu überzeugen und mich zu verantwortungsvolleren Posten hochzuarbeiten.“

      „Nun, man wird sehen. Für den Anfang trägst du mehr Verantwortung, als mir lieb ist. Aber es gibt nun einmal nicht viele wie dich in Havanna! Wir werden es mit dir versuchen.“

      Bill verbeugte sich und wurde in den Keller geschickt, wo man ihm eine Livree aushändigte, die ihm zwar etwas zu klein war, aber trotzdem ausgezeichnet stand und mit ihren Tressen und Schulterstücken ein militärisches Aussehen verlieh, das durchaus angemessen war bei jemandem wie ihm, der restlos erfüllt war vom Verlangen, seiner neuen Rolle gerecht zu werden. Man hatte ihm die Betreuung grauer und grüner Witwen aus seiner Heimat überantwortet, die ohne Begleitung zögerten, sich dem abendlichen Glücksspiel hinzugeben. Es handelte sich zumeist um übergewichtige Matronen in ärmellosen Seidenkleidern, deren Männer entweder von ihren Geschäften in Anspruch genommen wurden oder bereits verstorben waren, aber es gab auch ein paar allein reisende Sekretärinnen, die mit zunehmendem Alter immer verwegener wurden und Hüte trugen, klein und hässlich, als hätte der Wind sie ihnen aus dem Rinnstein auf den Kopf geblasen, und Blondinen, die mit ein wenig Taschengeld ausgestattet sich selbst überlassen worden waren, weil ihre Begleiter in dieser so abwechslungsreichen und erfrischend vorbehaltlosen Stadt ungestört eigenen, speziellen Vergnügungen nachgehen wollten. Ihnen allen stand Bill als Kavalier zur Seite und überredete sie mit jugendlicher Herzlichkeit, ihr Geld in Spielen zu riskieren, deren Regeln sie oft nicht einmal ansatzweise verstanden.

      „Sehen Sie, es ist ganz einfach“, erklärte er einer Mrs. Dreiser aus Cleveland, deren Mann Spirituosen importierte und in der Nähe von Santiago Rum-Destillerien besichtigte. „Sie kaufen ein paar Chips - ich erledige das gerne für Sie -, und Sie legen sie auf eine Farbe Ihrer Wahl.“

      „Junger Mann, ich habe so etwas noch nie gemacht und fürchte, man will mich betrügen.“

      „Aber ich bitte Sie, nennen Sie mich doch Bill!“ Er berührte sie leicht am Oberarm. „Und selbstverständlich können Sie gar nicht verlieren, denn bei jedem Treffer erhalten Sie mindestens den doppelten Einsatz zurück, was Sie für alle eventuellen Verluste entschädigen sollte. Außerdem ist es ein Vergnügen, für das man gerne ein wenig zahlt! Eine Fahrt in der Achterbahn! Ein aufregender Film!“ Er lächelte treuherzig. In seiner Uniform wirkte er wie eine Märchengestalt, die von nichts Bösem wusste.

      „Sie sind schon in sehr jungen Jahren ein Charmeur, dem nur schwer zu widerstehen ist, mein lieber Bill. Nicht auszudenken, zu welch Taten sich die Frauen hinreißen lassen werden, wenn Sie ein wenig älter sind!“ Mrs. Dreiser seufzte. „Nun gut, ich will es riskieren. Aber Sie dürfen nicht von meiner Seite weichen!“

      „Ich könnte mich niemals von einer faszinierenden Dame wie Ihnen auch nur für eine Sekunde entfernen!“ Bill blinkte treuherzig mit den blauen Augen und widerlegte diese Behauptung augenblicklich, indem er verschwand, um Chips zu besorgen und ein Glas Champagner, das Mrs. Dreiser helfen würde, mögliche Skrupel zu überwinden. Eine Stunde später rief er: „Aber Mrs. Dreiser, Sie dürfen nicht gehen, bevor wir uns nicht wenigstens Ihr Geld zurückgeholt haben! Sie haben ja gar nicht viel verloren. Setzen Sie einfach etwas mehr! Zwei-, dreimal die richtige Zahl und wir sind saniert! Stellen Sie sich vor, Sie können Ihrem Mann morgen erzählen, Sie hätten 5000 Dollar gewonnen!“

      „Meinetwegen, versuchen wir’s. Nach so viel Pech müssen wir ja endlich einmal Glück haben.“

      Und wieder eine Stunde später erinnerte er Mrs. Dreiser an ihren Ehemann, der zu Jähzorn neigte und sich wegen seines Herzens eigentlich schonen sollte:

      „Was wollen Sie ihm sagen? Unsere Situation ist verzweifelt, also greifen wir zu verzweifelten Mitteln: Geben Sie mir Ihre Halskette! Wir setzen sie auf Ihre Glückszahl.“

      Und dann, als Mrs. Dreiser schon längst mit den Tränen rang, verbeugte er sich zum Abschied tief.

      „Vielen Dank für einen bemerkenswerten Abend!

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