Bill & Bill. Xaver Engelhard

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Bill & Bill - Xaver Engelhard

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Stadt. Sollte Ihnen an einem der nächsten Tage erneut der Sinn nach meiner Gesellschaft stehen, zögern Sie bitte nicht, bei der Kasino-Leitung nach mir zu fragen!“

      Manche der weiblichen Hotelgäste fanden trotz der Verluste im Kasino, zu denen er sie animierte, großes Gefallen an dem jungen, adretten Pagen und luden ihn mal mehr, mal weniger unverhohlen ein, sie in ihrer Suite zu besuchen und zu trösten, aber er achtete instinktiv darauf, eine gewisse Distanz zu seinen Opfern zu wahren und freundete sich stattdessen mit Bela an, der jungen Prostituierten, die im selben Haus wohnte wie er und ihn gegen entsprechende Englisch-Lektionen in allen Varianten der Liebe unterwies. Sie war eine große, schlanke Mulattin mit einer kleinen, schiefen Nase. Sie genoss die Treffen mit Bill genauso wie dieser und behauptete überhaupt, ihrem Beruf zum Spaß nachzugehen und nicht aus Not. Sie pflegte ihren Körper mit Hingabe und blockierte jeden Nachmittag für eine Stunde das Etagenbad, weil sie sich wusch und salbte und puderte. Sie war kein Außenseiter, der aus der Hausgemeinschaft ausgeschlossen blieb. Im Gegenteil, Sra. Martínez, die für die Damen aus dem Quartier Näharbeiten erledigte, überließ ihr ihre Singer, wenn sie sie nicht gerade selbst brauchte, damit Bela sich damit freche Kleider anfertigen konnte, und so kam es, dass Bill oft um fünf Uhr morgens, wenn er aus dem Kasino zurückkehrte, die Maschine rattern und Bela mit leiser, klarer Stimme singen hörte. Meist war er zu müde, aber manchmal blieb er stehen, klopfte an die Tür und unterhielt sich noch ein bisschen mit ihr.

      „Kannst bei mir bleiben“, schlug sie bei einer solchen Gelegenheit vor. „Gratis!“ Sie sah von der Nähmaschine auf und lächelte zu Bill hinüber, der sich auf dem zweiten Stuhl ihres recht großen, penibel aufgeräumten Zimmers niedergelassen hatte. Es verfügte über kein Fenster, sondern nur über eine Öffnung zu einem Belüftungsschacht. Eine nackte Glühbirne baumelte von der Decke. Anstelle eines Schranks hatte Bela eine Stange an der Wand befestigt, an der ihre Kleider hingen. Bill hatte ihr ein Buch mit Englisch-Lektionen besorgt nicht ahnend, dass sie gar nicht lesen konnte. Sie hatte es trotzdem behalten; und seither lag es gut sichtbar auf einem kleinen Tischchen neben dem Bett.

      „Ich bin zu müde. Du kannst dir nicht vorstellen, wie anstrengend diese Frauen sind.“ Bill rieb sich das graue Gesicht und nippte an dem Bier, das er als Schlaftrunk aus dem Kasino mitgebracht hatte.

      „Brauchst nichts zu machen. Legst dich hin und wennde willst, geb ich dem Kleinen noch’n Gute-Nacht-Bussi.“ Wieder lachte Bela und entblößte dabei Zähne, um die es nicht zum Besten stand.

      „Wann anders!“ Bill schüttelte entschuldigend den Kopf.

      „Wer nich will, der hat wohl schon.“ Sie wandte sich wieder der Singer zu und beugte sich weit nach vorne, um im schwachen Licht zu sehen, was sie tat. Sie trug nur Slip und Unterhemd. Die Maschine ratterte kurz, dann schaute Bela wieder zu ihrem Besucher hinüber. „Weißde, wir würden’n ziemlich gutes Paar abgeben, wir beide. Wir versteh’n uns. Du könntest mir die Kunden verschaffen. Americanos, wo gut zahlen! Und ich zeig dir, wie du’s mit den Hühnern machen musst. Ich sag dir, die sin bald verrückt nach dir. Du kannst sie rupfen und ausnehmen und grillen, und wennde mit ihnen fertig bist, schlecken sie dir auch noch deinen fettigen Finger sauber, so dankbar wer’kn die sein, dass du ihnen die nackten Knochen gelassen hast.“

      „Ein verlockendes Angebot, Bela, aber ich habe Hoffnung, dass das Kasino mich bald an einen der Black-Jack-Tische lässt. Ich habe Sr. Pérez zeigen dürfen, was ich drauf habe, und ich glaube, er war davon angetan.“

      „Kartengeber?“ Bela schüttelte den Kopf. „Das reicht dir? Wenn wir’s richtig angehen, schwimmen wir bald in Geld und haben noch jede Menge Spaß dabei. Du magst doch Spaß, oder?“ Sie sah Bill an, als zweifle sie plötzlich daran.

      „Ja, schon!“ Er zuckte mit den Achseln. „Aber mir gefällt die Arbeit im Kasino!“

      „Du hältst dich für was Bess’res, stimmt’s?“ Sie schnaubte. „Sogar wenn ihr nur davon lebt, alte, vertrocknete Schreckschrauben zu vögeln, haltet Ihr Americanos euch noch für was Besseres.“

      „Ich vögle sie nicht; und sie sind nicht alt und vertrocknet. Und ich halte mich für nichts Besseres.“ Bill lächelte und wusste, im Grunde hatte sie Recht. Er glaubte, zu anderem geboren zu sein als zum Zuhälter einer kariösen Prostituierten, auch wenn er nicht genau wusste, zu was. Das Verhältnis zwischen ihm und Bela kühlte jedenfalls nach diesem Gespräch deutlich ab; und bald beendete sie den gegenseitigen Unterricht mit der Begründung, dass sie ihm nichts mehr beibringen könne.

      Du bist dir sicher? fragt sie und hält mir den Schlüssel wie einen Köder hin. Die Hand ist mit den blauen, roten und grünen Ausläufern weiträumiger Yakuza-Tätowierungen geschmückt, für die Symies Dad Wochen brauchte und die an unserem Badetümpel immer wieder für Aufsehen gesorgt hatten, das schwarze Haar hat einen Blaustich wie in den Mangas, die sie nicht gelesen, sondern ausgesaugt hatte wie ein Außerirdischer seine menschliche Beute. Weil, es würd mich echt wundern, wenn du es mit der Karre auch nur bis zur Stadtgrenze schaffst. So geil, wie du sie damals mit deinem Dad hingekriegt hast, wird sie eh nie wieder.

      Ich will nur kurz rauf nach Brothers und dann meine Schwester besuchen, falls ich raus bekomme, wo sie wohnt. Ich schnapp mir den Schlüssel und folge Dora zu dem Schuppen.

      Schwester? Sie stöhnt vor Anstrengung und stemmt die Tür auf, die schief in der Angel hängt und über den Boden schleift. Wusste gar nicht, dass du überhaupt Familie hast außer deinem Dad. Hat sich zumindest keiner von ihnen im Gerichtssaal blicken lassen, so weit ich mich erinnere.

      Meine Mutter hatte keine Zeit, meine Großmutter ist zu alt, und meine Schwester hätte es nicht ertragen, denn sie ist eine Art Zwilling, und wir haben zusammen in diesem Spukhaus gelebt, Prinz Kaspian und seine Lucy, und ich hatte versprochen, sie zu beschützen, aber …

      Häh? Sie hat sich der zweiten Tür zugewandt und hält verwirrt inne. Wie in nem scheiß Märchen?

      So ungefähr! Wir hatten ein Marionettentheater und haben uns eigene Stücke ausgedacht; und ich musste sie verteidigen gegen Drachen; und manchmal haben wir uns umgebracht und sind in den Vulkan gesprungen, Hand in Hand, oder sie wollte, dass ich sie töte, anstatt sie den Bösen zu überlassen.

      Krank! Sie wendet sich wieder der Tür zu und hilft mit Tritten ihrer Springerstiefel nach. Und das sag ich als Krankenschwester!

      Es war nur ein Spiel, aber einmal ist dabei fast das Haus von meinen Großeltern abgebrannt.

      Sie klopft sich die Hände ab und sieht mich an.

      Hab dir nicht zu viel versprochen, oder?

      Der Wagen sieht noch schlimmer aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Dieser Anwalt, den sie mir geschickt hatten, Winstons eitler Juniorpartner, letztes Anzeichen dafür, dass sie sich meiner Existenz noch bewusst waren, hatte behauptet, ich hätte mich nie wieder davon erholt, die Zerstörung nicht nur all meines weltlichen Besitzes, sondern auch meines Fluchtvehikels, und aus dieser Ausweglosigkeit heraus, dieser existentiellen Krise bla bla bla, und er türmt Lüge auf Lüge, wie sie es alle tun, leere, wohlmeinende Phrasen, um nicht denken, nicht die verfluchten Wände sehen zu müssen, die ihr blindes Folgern und Schließen baut um uns herum, einen Kerker, aus dem uns erst der Tod befreit.

      Sprachlos vor Glück, was?

      Der Wagen füllt den Schuppen restlos aus. Ich springe mit dem Schlüssel in der Hand auf den Kofferraumdeckel, der sich unter meinem Gewicht dellt, steige über die verkohlten Reste des Verdecks und der Rückbank, lande hinterm Steuer, stecke den Schlüssel ins Zündschloss, drehe ihn um; und der Motor springt erstaunlicherweise sofort an, läuft auf allen acht Zylindern und produziert eine Abgaswolke so klebrig und dick und giftig wie Zuckerwatte aus der Hölle,

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