Die Midgard-Saga - Jötunheim. Alexandra Bauer
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„Das war vor über einem Jahr! Julis Eltern könnten aufhören, so nachtragend zu sein.“
Tom lachte. „Na ja. Also wenn ich für zwei Wochen spurlos verschwinden und meinen Eltern erzählen würde, dass ich auf einem Festival gewesen bin, würden sie mich bis ans Ende meines Lebens einsperren.“
„Hör endlich auf, über diese Sache herzuziehen“, erwiderte Thea verstimmt.
Entschuldigend hob Tom die Hände. „Schon gut, tut mir leid. Ich bin ja nur sauer, dass ihr mich nicht eingeweiht habt. Ich sag’s doch: Immer macht ihr solchen Mädchenkram und schließt mich aus.“
„Klar!“, stimmte Thea spöttisch zu.
„Jetzt sei nicht sauer!“ Tom warf sich in seinen Sessel zurück.
„Bin ich nicht! Ich kann es nur nicht leiden, wenn du immer wieder darauf herumreitest.“
Tom hob die rechte Hand und streckte Zeigefinger und Mittelfinger hoch, während er die linke Hand aufs Herz legte. „Ich schwöre, dass ich es nie wieder ansprechen werde.“
Thea lachte versöhnt. „Das kannst du doch sowieso nicht halten!“
Verschmitzt grinste Tom und zog die Schultern hoch. „Vielleicht nicht, aber ich kann es versuchen.“
Sie aßen ihre Muffins und tranken den Kaffee aus. Auf dem Weg zurück zum Auto kehrten sie kurzerhand in einem Imbiss ein, bestellten sich zwei Pizzas und gönnten sich abschließend noch einen Nachtisch. Erst dann fuhren sie zurück.
Auf der Fahrt über die Landstraße legte Thea nun doch die Füße auf das Armaturenbrett, was Tom mit einem widerstandslosen Schmunzeln zur Kenntnis nahm. Thea begegnete seinem Blick mit einem herausfordernden Lächeln. Er konnte ihr einfach nichts abschlagen. Sie schwiegen, bis Tom in die Straße zu Theas Haus einbog.
„Willst du vielleicht doch noch eine Runde spielen?“, fragte Thea entgegen ihres ersten Plans.
Tom lächelte einverstanden. „Deine verlorenen Erfahrungspunkte wieder gut machen?“
„Das wäre schön“, erwiderte Thea.
Tom parkte auf dem Seitenstreifen und stellte den Motor ab. „Dann los!“
Erfreut quiekend riss Thea die Autotür auf und eilte voraus. Sie ließ die Eingangstür für Tom geöffnet und nahm zwei Treppen auf einmal in ihr Zimmer. Im Vorbeigehen schaltete sie erst Toms Laptop an und fuhr dann ihren eigenen Computer hoch. Als Tom das Zimmer betrat, begrüßte ihn bereits der Startbildschirm. Mit einem amüsierten Kopfschütteln warf er seine Jacke aufs Bett und setzte sich an seinen Platz. Rasch hatten sich die beiden in das Spiel eingeloggt. Von feindlichen Spielern weit genug entfernt, fanden sie Monster zum Jagen. Die Zeit flog dahin, während die Erfahrungspunkte langsam zurück auf Theas Spielerkonto krochen. Sie hatten schon beinahe alle verlorenen Punkte des Vormittags zurück erkämpft, als lange Zeit später Theas Mutter den Kopf durch die Tür steckte, eine blonde Frau, mit lachenden blauen Augen. Ihre Erscheinung erinnerte Thea oft an einen Engel. Häufig fragte Thea sich, wer ihr den roten Haarschopf vererbt hatte, denn sie war die einzige in ihrer Familie mit rotem Haar. Weder Mats, ihr kleiner Bruder, noch ihr Vater konnten mit dieser Farbe aufwarten.
„Ihr seht noch genauso aus, wie ich euch heute Morgen verlassen habe. Habt ihr auch irgendwann eine Pause gemacht?“, begrüßte Frau Helmken die beiden.
Thea wandte den Blick vom Bildschirm und äugte über die Lehne ihres Stuhls. „Ja. Wir waren im Einkaufszentrum Kaffee trinken und haben noch eine Pizza gegessen.“
Ihre Mutter trat nun ganz ein. „Oh wie schade. Da muss ich wohl alleine zu Abend essen.“
„Du hast Papa und Mats also erfolgreich am Bahnhof abgesetzt?“, scherzte Thea.
Frau Helmken lachte. „Absolut! Fast hätten sie noch den Zug verpasst, weil Mats seinen Teddybären verloren hat. Wir fanden ihn im Auto. Das war eine Aufregung! Aber es ist geschafft, Mission abgeschlossen! Für die nächsten zwei Wochen haben wir einen männerfreien Haushalt.“ Sie sah zu Tom und entschuldigte sich lachend. „Beinahe, jedenfalls.“
„Ihr Mann ist weg?“, staunte Tom.
„Er ist mit Mats zu seinen Eltern. In zwei Wochen, wenn ich Urlaub habe, fahren Thea und ich nach. Hat sie das nicht erzählt?“
„Doch. Aber ich dachte, sie fahren alle zusammen“, erwiderte Tom. Er sah zurück auf den Bildschirm und klickte ein angreifendes Monster an. Tribun führte ein paar gekonnte Schläge aus.
„Nein. Ich hatte keinen Urlaub bekommen“, erklärte Frau Helmken. Sie winkte ab. „Ich werde mir mal was zu essen machen. Was ist mit euch?“
„Danke, Mama. Wir sind satt.“ Thea richtete ihren Blick zurück auf den Bildschirm, weil Tom ihren Namen nannte. Rasch führte sie einen Heilzauber über seiner Figur aus und betäubte ein Monster mit Schlafzauber.
„Spielt nicht wieder so lange! Ihr werdet sonst noch dämlich von diesem Zeugs“, scherzte ihre Mutter.
„Das sagst du immer, Mama!“
Frau Helmken lachte. „Das kann man euch nicht oft genug sagen“, versetzte sie im Gehen und zog die Tür hinter sich zu.
„Wie schafft man es, so eine Mutter zu bekommen?“, fragte Tom, während er gebannt auf den Bildschirm starrte und seiner Figur neue Befehle erteilte.
„Zwei Leben als rechtschaffener Mensch gelebt, vermutlich“, erwiderte Thea.
Tom lachte abwehrend, doch er konnte nicht ahnen, wie ernst es Thea damit war.
Ihre Anwesenheit in der Spielwelt rief die „Eternal Dragons“ auf den Plan. Obwohl sie sich fest vorgenommen hatten, die Master-Quest in den nächsten Tagen zu meiden, drängelten einige ihrer Gildenmitglieder so lange, bis sich Tom und Thea dazu bereit erklärten, eine Gruppe zur Drachenstatue zu begleiten. Thea, schon völlig übermüdet, heilte die Gruppe gut, doch wie am Vormittag lauerten ihnen feindliche Spieler auf und nahmen die Gilde in die Zange, während diese noch mit dem Endboss kämpfte. Viele Gildenmitglieder brachen augenblicklich auf, um zu helfen, aber für Thea war es abermals zu spät. Als drei Gegner sie gleichzeitig angriffen, nahm ihr Lebensbalken so rasch ab, dass sie nur noch verzweifelt um Hilfe rufen konnte. Wie so oft warf Malefiz aber den Heilzauber nicht schnell genug. Ihre Figur fiel und mit Fengurds Tod verlor Thea die gesamte Erfahrung, die sie nach ihrer letzten Pleite zurückgewonnen hatte.
Verärgert warf sie sich in ihren Stuhl zurück. „Heut ist nicht mein Tag!“, knirschte sie.
„Tut mir leid. Malefiz ist wirklich eine Niete!“, erwiderte Tom.
Thea spähte über Toms Rücken und verfolgte den Kampf auf seinem Laptop, da ihre Spielfigur fern des Geschehens zu neuem Leben erwacht war.
Thea! Völlig unerwartet nahm sie eine Stimme in ihrem Geist wahr. Es war eine vertraute Stimme und doch zuckte Thea zusammen. Ihre Hand griff unwillkürlich zu dem Amulett an ihrem Hals. Der runde Anhänger mit dem Knotenmuster und den drei ineinandergreifenden Monden war ungewöhnlich