Diener des Feuers. Karin Kehrer
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Читать онлайн книгу Diener des Feuers - Karin Kehrer страница 14
Linda hakte sich bei ihr unter. „Möchtest du noch etwas unternehmen?“ Ihre Freundin bemühte sich sichtlich um einen versöhnlicheren Ton.
Catherine schüttelte den Kopf. „Ich bin müde.“
Linda war bestimmt enttäuscht. Ihre Freundin hatte sich extra das Wochenende frei genommen, um sie zu besuchen.
Linda lächelte ein wenig verkrampft. „Weißt du was? Wir werden einfach gemütlich durch die Straßen spazieren und dann eine Kleinigkeit essen. Danach kannst du dich immer noch ausruhen. Und ich werde mich ins Nachtleben stürzen!“
Catherine lächelte zurück. „Gut, wenn du meinst. Es gibt hier allerdings nicht viel Zerstreuung. Im King Arthur’s Castle Hotel tritt eine Folkband auf.“
Linda verdrehte die Augen. „Gott bewahre mich davor! Hier wird man auf Schritt und Tritt von diesem King Arthur-Getue verfolgt. Außerdem hasse ich Folkmusik!“
*****
Yal fluchte, als ihn eisige Kälte in seinem Haus empfing. Dieser dumme Gnom hatte wieder einmal vergessen, auf das Feuer zu achten!
„Irko!“, brüllte er. „Wo steckst du?“
Nichtsnutz.
Sein Diener war zu allem Überfluss auch noch mit zunehmender Taubheit gesegnet.
Im Lehnstuhl vor dem Kamin gluckste es erschrocken. Irko rappelte sich mit einem mühsamen Ächzen hoch.
„Ach Herr, verzeiht mir. Ich – ich muss wohl eingeschlafen sein.“
Yal lächelte müde. Irko war hässlich, beschränkt, langsam und faul. Außerdem vergaß er mindestens die Hälfte aller Aufträge, die sein Herr ihm befahl. Trotzdem brachte er es nicht über das Herz, den Gnom wegzuschicken. Sel Dragmon hatte ihn gelehrt, barmherzig zu den Geschöpfen der Erde zu sein. Aber der Erdmagier hatte verabsäumt, seinem Schüler zu sagen, dass diese Barmherzigkeit auch ausgenutzt werden konnte.
Yal trat zum Kamin, schnippte mit den Fingern und das Feuer ging wieder an. Er warf den taufeuchten Umhang mit einer achtlosen Bewegung auf den Stuhl und hielt die klammen Hände über die Flammen. Er fror fast immer und Irko hätte das bedenken müssen. Es würde eine Weile dauern, bis der Raum wieder so weit erwärmt war, wie er es liebte.
Der Gnom hatte inzwischen die Kerzen entzündet, die nun den Raum in weiches Licht tauchten. Er schlurfte unterwürfig auf Yal zu.
„Wünscht Ihr etwas zu speisen, Herr?“
Yal drehte sich um und musterte Irko. Der Gnom wurde blass, senkte seinen Kopf tiefer, sein Buckel schien noch höher zu werden. Die großen, gelben Augen nahmen einen flehenden Ausdruck an. Irko war sein Leben lang herumgeschubst worden, hatte bestimmt nie ein gutes Wort gehört. Die Angst, wegen Nichtigkeiten geschlagen zu werden, verfolgte ihn noch immer. Jetzt hob er bittend die spindeldürren Finger. „Verzeiht mir! Aber es gab nichts zu tun. Also habe ich nachgedacht. Und da muss ich wohl müde geworden sein. Ich wollte mich nur ein bisschen ausruhen, das schwöre ich!“
Yal zog die Brauen hoch und meinte streng: „Nichts zu tun? Und was ist das?“ Seine Hand wies auf den Berg von schmutzigem Geschirr, der sich auf dem Tisch türmte.
„Oh! Das. Das habe ich ganz vergessen. Es – es tut mir leid.“
„Ach Irko! Eigentlich hatte ich dich eingestellt, um jemanden zu haben, der genau diese Arbeiten erledigt.“ Yal seufzte. „Bring mir ein wenig Brot, Fleisch und eine Möhre. Ich bin nicht hungrig. Hol frisches Wasser. Und dann wirst du das Geschirr waschen.“ Er hoffte, dass Irko nicht überfordert war, sich das alles zu merken.
„Nicht hungrig? Ihr wart wohl wieder bei Xarga? Habt Ihr mir auch etwas mitgebracht?“ Seine Augen leuchteten auf. „Schokolade vielleicht?“
Yal lachte. „Das würde dir wohl gefallen. Hast du dich heute noch nicht von meinen Vorräten bedient? Nein – sie hat mir nichts für dich mitgegeben. Aber du kannst gerne mit mir zu Abend essen. Falls du endlich deine Beine in die Hand nimmst und das tust, worum ich dich gebeten habe.“
„Hay, Herr. Fleisch, Brot, Möhre. Wasser.“
Irko entfernte sich, leise vor sich hin brabbelnd, um Letzteres aus dem Brunnen vor dem Haus zu holen.
Yal ließ sich in seinen Stuhl fallen und schloss die Augen. Ein leises Maunzen machte ihn auf Amathi aufmerksam. Die Feuerkatze stolzierte auf ihn zu und rieb sich an seinen Beinen. Dann sprang sie auf seinen Schoß, fuhr mit ihrer feuchten Nase über die Innenfläche seiner Hand - ihre Art, ihm ihre Zuneigung zu zeigen. Yal stieß einen tiefen Seufzer aus und streichelte ihr weiches Fell, spürte ihr wohltuendes, tröstliches Feuer. Das Tier rollte sich auf seinen Oberschenkeln zusammen und begann, behaglich zu schnurren. Das vertraute Vibrieren übte eine beruhigende Wirkung auf ihn aus. Amathi war ihm treu, auch wenn sie ihre Eigenheiten hatte. Sie begleitete ihn schon seit dem Beginn seiner Lehrzeit bei Varruk und oft genug war sie ihm Trost gewesen, wenn der alte Feuermagier ihn über die Grenzen seiner Fähigkeiten trieb. Träumerisch sah Yal ins Feuer.
Er hätte zufrieden sein können, wenn da nicht diese Aufgabe gewesen wäre, die Varruk ihm gegeben hatte. Die Suche nach dem Abbild von Myn Fantrix.
Seine Finger glitten durch das weiche Fell der Katze. Er hätte viel dafür gegeben, eine Gefährtin zu haben, jemanden, der auf ihn wartete, der sein einsames Leben teilte. Eine Frau, die ihn wärmte, sich an ihn schmiegte. Die ihn liebte, trotz seines seltsamen Wesens. Er wollte nicht Lust - ja, doch auch, aber nicht ausschließlich. Er wusste, wie es war, Lust auszukosten bis zum Äußersten. Die lodernde Ekstase zu fühlen, sich diesem Gefühl grenzenlos hinzugeben. Und er war niemals selbstsüchtig gewesen, hatte versucht, den Frauen, die das Bett mit ihm teilten, höchste Wonnen zu schenken. Aber danach hatten sie immer noch Angst vor ihm, vielleicht sogar noch mehr als vorher. Er war intensiv in allem, in Gefühlen und Taten. Doch er hatte noch niemals wirklich geliebt. Es wurde ihm schmerzlich bewusst, wie leer sein Leben war.
Für jedes Wesen gab es ein Gegenstück, weiblich und männlich. Eine verwandte Seele. Das hatte ihm Sel Dragmon gesagt, sein alter und weiser Lehrmeister. Doch es mochte sein, dass das für ihn nicht galt. Seine Besonderheit war wohl ein Fluch, den er ertragen musste.
Er schrak auf, als er die schlurfenden Schritte Irkos wahrnahm. „Hier ist Euer Abendessen, Herr!“, murmelte der Gnom und stellte die Teller auf den Tisch.
Sein Diener setzte sich und begann hörbar laut zu schmatzen und zu schlürfen.
Yal beeilte sich, ihm Gesellschaft zu leisten. Mehr als einmal hatte Irko alles aufgegessen, während sein Herr noch an seinen Gedanken gesponnen hatte. Er hob Amathi vorsichtig auf und trug sie zum Tisch.
Irko hatte natürlich wieder die Schale für die Katze vergessen. Der Gnom blickte nicht einmal auf, widmete sich voller Hingabe seiner Mahlzeit.
Yal holte selbst die Schüssel für Amathi vom Regal neben der Feuerstelle. „Abendessen, meine Schöne“, sagte er mit weicher Stimme. Er zerschnitt das ungewürzte Fleisch – es war Kaninchen - sorgfältig und gab die Hälfte davon in Amathis Schale.
Sie sprang auf den Tisch und stürzte sich gierig darauf.