Die Seelenräuberin. Michael Hamberger
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Seelenräuberin - Michael Hamberger страница 15
„Wie meinst Du das?“
„Nicht dass ich Dir nahe treten möchte, Layla, aber als Du bei uns in der Villa ankamst und ihr von den Vögeln angegriffen wurdet, da warst Du schneller als ich schauen konnte und wie Du den Hans gepackt hast und fast fünf Meter weit zu mir ins Haus geschmissen hast, dass war fast schon surreal.“
„Weißt Du, ich mache seit vielen Jahren Karate. Da habe ich gelernt, wie man Männer einen Tiefflug verpassen kann!“
Naomi lachte fröhlich, dann schüttelt sie den Kopf und antwortet.
„Layla, ich mache auch seit Jahren Jiu Jitsu, aber dies habe ich noch nicht gelernt. Das musst Du mir unbedingt zeigen!“
Hans schüttelte hektisch den Kopf.
„Aber nicht mit mir. Mir ist jetzt noch schwindlig. Mann Layla, da brauchst Du einen Waffenschein dafür!“
Also hatte Layla gestern mit ihrer Vermutung Recht gehabt, dass Naomi Kampfsport betrieb. Es gefiel aber Layla gar nicht, dass dieses Thema aufgegriffen worden war. Wenn die beiden wirklich nachbohrten, dann würde Layla sehr schnell in Erklärungsnöte kommen. Deshalb wechselte sie schnell das Thema:
„Naomi, ich hatte hier in Brasilien schon öfters Begegnungen mit Leuten, die ganz offensichtlich fremd gesteuert wurde, als ob sie nicht die Kontrolle über ihren eigenen Körper habe, sondern jemand anderer. Diese Leute sah man an den verschiedensten Plätzen. Ich bin sicher, dass die Seelenräuberin damit zu tun hat. Was weißt Du darüber?“
„Wie gesagt, ich weiß nicht viel und möchte dich nicht mit Halbwahrheiten und Gerüchten auf die falsche Fährte bringen. Was ich sicher weiß, ist, dass die Seelenräuberin praktisch jedes Wesen kontrollieren kann. Aber wie das funktioniert, dass weiß ich nicht. Bitte habe Geduld, bis wir in Floreanapolis sind.“
„Wie war das bei Deinem Onkel. Wie kam er unter die Kontrolle der Seelenräuberin?“
„Mein Onkel war schon immer sehr anfällig für okkulte Dinge. Noch sehr viel mehr, als mein Vater. Aber im Gegensatz zu meinem Vater, verzeihe bitte die brutale Aussprache, war mein Onkel ein Schlappschwanz und Tunichtgut.“
„Moment einmal, Naomi, Du hast „war“ gesagt. Ist Dein Onkel denn tot?“
„Ja, das ist er. Wie bei allem, was er in seinem Leben tat, ist er auch gestorben. Er hat sich einfach hingesetzt, hat geflennt wie ein Waschweib und ist gestorben!“
„Du konntest Deinen Onkel offenbar nicht sehr leiden!“
„Ich habe ihn gehasst. Er lebte schon immer in unserem Haus. Als meine Mutter vor drei Jahren gestorben ist, war er für eine Zeit lang meine einzige Bezugsperson. Mein Vater hat versucht, den Schmerz über den Verlust mit noch mehr Arbeit auszugleichen. Er war praktisch nicht mehr zu Hause. Mein Onkel aber wohl. Erst tat es gut, mit jemanden sprechen zu können und ich merkte deshalb viel zu spät, dass er mir gar nicht zuhörte und für ihn die Umarmungen auch kein Trost waren!“
„Hat er Dich missbraucht?“
„Nein, aber beinahe. Er scharwenzelte fast permanent um mich herum. Er hatte die blöde Angewohnheit in mein Zimmer einzutreten, ohne zu klopfen. Und dabei hauptsächlich genau dann, wenn ich mich umziehen wollte, oder wenn ich duschen wollte. Eines Tages hat er es dann geschafft. Ich war gerade splitterfasernackt, als er hereinkam. Sein Blick sagte mir dann alles. Aber anstatt schamerfüllt wieder herauszugehen, kam er zu mir und wollte mich umarmen. Seine Prachtlatte war dabei unverkennbar. Ich habe ihm ein Buch an den Schädel geschmissen und rausgeschmissen. Das war dann der Tag, als ich mit dem Jiu Jitsu begonnen habe.“
„Und wie ist er an die Seelenräuberin geraten?“
„Das weiß ich gar nicht so genau. Du kannst Dir sicher vorstellen, dass ich ab dem Zeitpunkt dieser Beinahe Vergewaltigung ihm soweit wie möglich aus dem Weg gegangen bin. Ich weiß nur, dass er eines Tages plötzlich verschwunden war. Ich war erst sehr erfreut darüber und hoffte, er würde niemals mehr zurückkommen, aber eines Tages fiel es sogar meinem Vater auf, der mich dann fragte, wo denn mein Onkel sei. Als ich ihm sagte, der Schlappschwanz sei schon seit gut zwei Wochen nicht mehr da, da hätte mich mein Vater fast verprügelt.
Mein Vater hat dann ein großes Tamtam veranstaltet, hat den Polizeichef persönlich angerufen, den besten Detektiv engagiert und so weiter. Mein Vater macht keine halben Sachen. Trotzdem hat keiner auch nur eine Spur von ihm gefunden. Ich hoffte schon, ich müsste das Arschloch nie mehr sehen, da war er plötzlich wieder auf der Matte. Ganz abgemagert und ungepflegt, fast so, als ob er die ganze Zeit, die er verschwunden war, sich weder gewaschen noch die Kleidung gewechselt hatte. Ich hätte ihm am liebsten eine direkt auf sein Maul gehauen, aber er war anders, total anders. Fast wie abwesend. Er reagierte auf gar nichts, sondern saß tagelang nur einfach da und stierte stoisch große Löcher in die Luft. Mein Vater hat dann wieder total überreagiert und wollte schon den beste Psychologen des Landes anrufen, damit er ihn behandelte, als mein Onkel plötzlich aufstand und anfing wirres Zeug in einer unbekannten Sprache von sich zu geben, dann ging er in Küche, holte ein großes Messer und rannte in meinen Pferdestall. Er rannte mit erhobenem Messer direkt zu Silberpfeil meinem besten Pferd und wollte es offensichtlich töten. Dabei schrie er die ganze Zeit ‚sajra wayra’, was in Quechua, der Sprache der Indios soviel wie ‚das Böse’ oder ‚böser Atem’ heißt. Er sprach es in einer eigentümlichen sehr krächzenden Art aus. Mein Stalljunge konnte ihn gerade noch daran hindern. Er hat das Messer fallen lassen, ist wieder auf seinen Stuhl gesessen und hat Löcher in die Luft geschaut. Kurz später hat er dann wieder begonnen, in dieser komischen krächzenden Sprache zu sprechen. Es war richtig unheimlich. Er schien mit irgendjemandem, den nur er sehen konnte, ein richtiges Streitgespräch zu führen. So blieb das auch für die nächsten Tage. Er verließ dabei seinen Stuhl niemals, nicht einmal in der Nacht, um in sein Bett zu gehen. Es gab Stunden in denen er sich überhaupt nicht rührte und dann wieder diese stundenlangen Streitgespräche in dieser fremden Sprache. Zum Glück wollte er niemanden mehr töten. Auch die von meinem Vater gerufenen Psychologen konnten nichts herausfinden. Er hat erst gar nicht auf sie reagiert. Durch gar nichts. Es war, als wäre er zwar da, aber sein Geist ganz wo anders. Wir konnten auch nicht genau herausfinden, was dies für eine Sprache war, in der er die Streitgespräche führte. Es schien ein Dialekt der Quechua zu sein, aber eher in der Art, wie er vor 500 Jahren von den Inkas gesprochen wurde.
Dann hat plötzlich Mark Bishop angerufen und wollte sich meinen Onkel ansehen. Erst wollte mein Vater ja nicht, aber als er hörte, für was für eine Organisation Herr Bishop sprach, da wollte er dann doch. Offensichtlich war Herr Bishop von einem der Psychologen angerufen worden. Leider kam meinem Vater aber wieder einmal etwas dazwischen, sodass ich Herrn Bishop empfangen sollte. Und kurz bevor der eintraf ist mein Onkel dann plötzlich gestorben. Er fing wieder mit einem dieser Streitgespräche an, wurde dabei dann immer aufgeregter und fing plötzlich an zu schreien und zu toben. Die noch anwesenden Psychologen konnte ihn gar nicht mehr beruhigen. Nicht einmal eine hoch dosierte Beruhigungsspritze hat geholfen. Mein Onkel wurde immer aufgeregter, bis er dann plötzlich nur noch grell schrie, dass die Fenster gewackelt haben. Zum Schluss hat er dann noch einmal ‚sajra wayra’ gebrüllt und ist auf seinem Stuhl zusammengesackt. Er hat sich dann nicht mehr gerührt und ist kurz später einfach gestorben. Einfach so, als ob eine Kerze ausgeblasen würde. Nicht einmal zwanzig Minuten später stand Mark Bishop vor der Türe.“
„Und dem hast Du dann die Adresse von Donerta gegeben?“
„Ja, er schien irgendwie eine Ahnung