Dancing Queen. Verena Maria Mayr

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Dancing Queen - Verena Maria Mayr

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mit fester Stimme, die auf Patrizia leicht provozierend wirkt: „Marianne.“

      Ihre am Ansatz herauswachsenden mausgrauen Haare werden von einzelnen weißgrauen Strähnen durchzogen. Patrizia kann schlecht gefärbte Haare nicht ausstehen. Alle anderen schauen und nicken kurz. Die Tür geht auf und wieder kommt eine Betreuerin mit einem Neuankömmling.

      „Das ist Katarina“, verkündet sie im Laufschritt und eine traurig wirkende Frau, die ihren kleinen Sohn hinter sich herzieht, folgt ihr mit gesenktem Blick. Währenddessen sind alle anderen zu ihrem Abendessen zurückgekehrt und Patrizia sucht einen Kinderstuhl für Julius. In einer Ecke steht gleich eine ganze Reihe Hochstühle, aber das ist schließlich selbstverständlich in einem Frauenhaus, denn wo sollten denn die Kinder der Frauen hin? Wenn sie Großmütter hätten, könnten doch auch ihre Mütter zu ihnen, aber vielleicht sind die seinerzeit von den Opas zu lieb gehabt worden.

      Patrizia setzt ihren Kleinen in den Holzstuhl und sagt zu ihm: „Mäuschen, ich mache dir jetzt deinen Gute-Nacht-Brei.“ Julius hört ihr gar nicht zu, er ist damit beschäftigt, alle und alles zu beobachten.

      Patrizia geht zur Kochecke und sucht einen Messbecher. Weil sie keinen findet und Marianne nicht fragen will, verwendet sie Julius’ mitgebrachtes Fläschchen, das 200 Milliliter fasst. Zu improvisieren hat ihr schon immer Spaß gemacht. Sie benötigt 150 Milliliter Wasser und fünf Löffel Fertigbrei. Auch den hat sie mitgebracht. Die meisten Frauen hier drin geben ihren Kindern sicher gezuckerten Brei. Man kennt das doch. Die haben dann schon im Kindergarten Karies. Patrizia tun diese Kinder leid. Die Frauen auch. Während sie den Wasserkocher befüllt, beobachtet sie Julius aus den Augenwinkeln. Er schafft es fast, sich ganz im Hochstuhl umzudrehen. Sie darf ihn darauf nicht mehr allein lassen. Der kleine Kerl ist so geschickt, bald wird er sich hochziehen und versuchen, hinaus zu klettern. Das Wasser kocht und sie schüttet es in das Fläschchen, in dem sie das Wasser abmisst und es ein wenig abkühlen lässt. Patrizia bemerkt, wie Marianne sie beobachtet.

      „Hast du dein eigenes Geschirr mitgebracht?“, kann diese sich nicht verkneifen.

      „Nur für Julius. Damit er etwas Vertrautes hat.“ Patrizia bemüht sich, es nicht wie eine Rechtfertigung klingen zu lassen.

      „Musstest wohl nicht überstürzt abreisen?“, bohrt die andere weiter.

      „Nein“, antwortet Patrizia lapidar und schüttet das abgekochte Wasser aus dem Fläschchen auf das Breipulver, das sie gut verrührt. Anscheinend hat Marianne von daheim flüchten müssen und nur das legitimiert in ihren Augen einen Aufenthalt hier. Wenn es nur eine andere Möglichkeit gegeben hätte, hätte Patrizia diese gewählt. Sie beschließt, nicht weiter auf Marianne zu achten, und setzt sich mit dem fertigen Brei neben Julius. Er streckt ihr seine Ärmchen entgegen und sie drückt ihn an sich.

      „Mein Baby. Mein allersüßestes Baby, jetzt isst du deinen Gute-Nacht-Brei und dann gehen wir bald schlafen.“

      Julius reißt seinen kleinen Mund sperrangelweit auf und Patrizia schiebt ihm einen vollen Löffel hinein. Er kann es nicht leiden, wenn Brei rund um seinen Mund verschmiert ist. Eigentlich braucht er deswegen gar kein Lätzchen, Patrizia bindet es ihm jedoch trotzdem immer um. Nachdem er aufgegessen hat, bringt sie den Teller zur Abwasch und stellt ihn ins Becken.

      „Den kannst du gleich in den Geschirrspüler stellen.“ Noch immer wird sie von Marianne beobachtet. Es hört sich wie ein Befehl an.

      „Ich wasche ihn gleich selbst ab“, entgegnet Patrizia, die vorhat, ihre Sachen wieder mit aufs Zimmer zu nehmen, und begibt sich zum Kühlschrank, der für alle da ist. Der Inhalt schreckt sie ab. Abgepackte fette Wurst, Käse und Aufstriche, die schlecht wieder verschlossen worden sind. Alles scheint lieblos hineingeworfen zu sein. Es gibt auch Gurken und Tomaten, aber die sollten nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden, denn so verlieren sie ihren Geschmack, und Patrizia sind sie außerdem zu kalt. Sie überlegt, was sie essen soll und entscheidet sich für ein einfaches Butterbrot. Wenigstens gibt es noch etwas Schwarzbrot, das einigermaßen frisch zu sein scheint. Sie schmiert sich ihre Scheibe Brot und sucht nach einer Serviette.

      „Suchst du was?“, mischt Marianne sich wieder ein.

      „Eine Serviette.“ Die Frau geht Patrizia zunehmend auf die Nerven. Aber sie weiß nicht, wie sie sich verhalten soll, als Neue.

      „Die sind aus.“ Marianne scheint sich zu wundern, wofür sie eine braucht, denn sie sagt: „Da hinten steht die Küchenrolle.“ Sie dreht sich um und geht ins verglaste Raucherzimmer, wo sie einer anderen, sehr jungen Frau nur zunickt. Hier ist alles durchsichtig, denkt sich Patrizia. Ein transparentes Gefängnis. Dabei stimmt das so gar nicht. Sie darf raus, traut sich aber nicht, weil sie Angst hat, dass Mimmo ihr auflauert. Es beruhigt sie, dass Männern der Zutritt zum Frauenhaus verwehrt bleibt. Es ist schon eine gute Einrichtung und Patrizia ist froh, dass es sie gibt.

      Marianne und die Junge, die auch violette, aber besser gefärbte Haare hat, paffen stumm vor sich hin, während sich der Rauch in die ehemals weiße Decke frisst. Patrizia setzt sich zu Julius und beißt in ihr Butterbrot. Gierig streckt er ihr seine Ärmchen entgegen und sein vehementes „dadada“ bedeutet, dass er gerne seinen Teil abhätte.

      „Schätzchen, du hast dein Abendessen schon gehabt.“

      „Dadada“, noch lauter.

      „Okay, ich lasse dich kosten“, gibt Patrizia nach und reißt ihm ein Stückchen Rinde ohne Butter ab. Zufrieden mümmelt der kleine Kerl sein Stück und Patrizia wagt einen Blick ins gläserne Raucherkabinett. Die drei Aschenbecher, die auf kleinen runden Tischen stehen, quellen über.

      Da geht die Tür zur Küche auf und eine Frau kommt mit ihrem kleinen Sohn herein. Im Schlepptau haben sie ein Mädchen und vielleicht deren jüngstes Geschwisterchen. Die Frau spricht russisch oder polnisch mit dem Blondschopf, der aussieht wie der „kleine Lord“. Sie selbst ist dunkelhaarig und sieht etwas ungepflegt aus. Einige fette Strähnen, die sie wie lästige Fliegen zurückbläst, rutschen ihr immer wieder ins Gesicht. Sie trägt schlecht sitzende Jeans und einen verblichenen, roten Polyesterpulli, der an den Ärmeln schon leicht durchgescheuert ist. Als sie Patrizia entdeckt, fragt sie: „Neu?“, wartet Patrizias Antwort kaum ab und spricht gleich darauf mit ihrem Sohn weiter. Das Mädchen rauscht mit einem „Hallo!“ und dem Geschwisterchen auf dem Arm vorbei Richtung Raucherzimmer.

      „Da ist Mama“, hört Patrizia sie noch sagen und Marianne schreit heraus: „Ich mach euch gleich was zum Essen!“ Die Ältere nickt nur mit dem Kopf und die Kleine, die nicht älter als zwei Jahre alt ist, fängt an zu weinen. Marianne dämpft genervt ihre zweite Zigarette aus. Patrizia wundert sich, dass die Kinder zu ihr gehören. Sie hat sich Marianne kinderlos vorgestellt. Jetzt nimmt sie sich vor, ihre Vorurteile zu ignorieren.

      „Was ist denn?“, fragt Marianne die Kleine, nimmt sie hoch und wiegt sie ein bisschen hin und her. „Was willst du essen?“, fragt sie die Größere und die drei gehen hinter die Küchenzeile. Inzwischen nähert sich der „kleine Lord“ und strahlt Julius an.

      „Hallo, du Süßer!“, sagt Patrizia und lächelt ihn an. „Wie heißt du denn?“

      „Er heißt Markus“, antwortet seine Mutter und lässt die „Rs“ rollen. „Und er?“

      „Julius. Und ich heiße Patrizia.“ Und du?, denkt sich Patrizia und schaut sie abwartend an

      „Ich bin Cessna.“

      „Interessanter Name.“ Patrizia will fragen, ob es eine Geschichte dazu gibt, aber sie sieht an Cessnas Miene, dass diese im Moment nicht sehr gesprächig ist. Also fragt sie nur: „Woher kommst

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