Dancing Queen. Verena Maria Mayr

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Dancing Queen - Verena Maria Mayr

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zu viel für jeden. Unzumutbar, und deshalb kann ich auch nirgends hin. Das Frauenhaus ist meine einzige Möglichkeit. Ich bin vollkommen allein mit meinem Sohn. Tränen kullern über ihre Wangen und sie bemüht sich, ihr Schluchzen zu unterdrücken, um Julius nicht aufzuwecken. Sie hebt ihn wieder aus seinem Gitterbett, zieht sie ihn zu sich und saugt seinen Babyduft ein. Patrizia kann sich nicht beruhigen. Sie fragt sich, ob man ihr Julius wegnehmen könnte, wenn herauskäme, dass sie an Depressionen leidet. Mimmo hat einmal angedroht, sie für unzurechnungsfähig erklären zu lassen. Was, wenn er jetzt das Jugendamt einschalten würde? Wem würde man glauben? Letztendlich würde Julius vielleicht zu Pflegeeltern kommen. Patrizias Herz pocht immer schneller und unregelmäßiger. Vor Aufregung fängt sie an zu keuchen. Nervös legt sie Julius zurück in sein Bett, schleicht sich leise wieder ins Badezimmer und trinkt mit zum Zerreißen gespannten Nerven ein bisschen Wasser aus der Leitung. Zittrig lässt sie sich auf den Badewannenrand sinken. Sie denkt daran, wie sie heimlich einen Termin im Gewaltschutzzentrum ausgemacht und mit der zuständigen Juristin gesprochen hat. Patrizia hat nur wissen wollen, wie sie rechtlich dastünde mit Julius. Aber die Frau hat ihr gleich sehr viele Fragen gestellt. Das ist ihr unangenehm gewesen. Sie wollte dann auch noch einen standardisierten Test über den Grad der Gewaltbereitschaft von Mimmo machen. Es würde alles vertraulich behandelt werden. Patrizia ist sich nicht sicher gewesen, war aber doch neugierig. Bei dem Test ist herausgekommen, dass Mimmo latent gewalttätig ist. Unterste Stufe sozusagen. Das hat Patrizia beruhigt. Fast hätte sie gesagt, dass alles sowieso nur ein Missverständnis gewesen sei und sie eigentlich gar nicht hätte herkommen sollen. Monoton flüstert Patrizia vor sich hin, dass ihr nichts passieren kann. „Es ist alles gut. Es ist alles gut. Es ist alles gut.“ Tränen schießen aus ihren Augenwinkeln. Wie aus einer nicht zu stillenden Wunde kullern immer mehr über ihre Wangen, bis diese schließlich klitschnass sind. Sie will sich schütteln, sie will schreien. Sie beherrscht sich, um Julius nicht aufzuwecken und niemanden sonst im Frauenhaus. Was würde dann erst passieren? Würde man ihr Beruhigungstabletten verabreichen? Dürfen die Betreuerinnen das denn? Oder gibt es einen Arzt auf Bereitschaft? Patrizia versucht, sich zusammenzureißen. Sie kann einen tiefen Seufzer nicht unterdrücken. Er prallt merkwürdig dumpf von den Badezimmerfliesen ab. So hat sich Patrizia immer das Heulen der Sirenen vorgestellt. Sie lächelt bei der Vorstellung, dass die schönen Meerjungfrauen Männer durch ihren betörenden Gesang anlocken, um sie anschließend zu töten. Patrizia kann nicht singen. Mühevoll hievt sie sich vom Badewannenrand hoch, geht zum Waschbecken und wäscht ihr Gesicht mit lauwarmem Wasser, ohne vorher in den Spiegel geschaut zu haben. Sie will sich vorstellen, dass sie wenigstens gut aussieht. „Ich bin gesund. Ich bin okay. Alles ist gut. Alles ist gut.“ Niemand würde ihr Julius wegnehmen, er würde immer bei seiner Mama bleiben. Langsam entspannt sie sich und geht ins Bett.

      Kapitel 3

      Patrizia hätte Mimmo zum Flughafen bringen sollen, aber eigentlich kam ihr das sehr ungelegen. Erstens war die Zeit für den Kleinen ungünstig. Er würde um diese Zeit im Auto einschlafen, und dann würde sich wieder sein gesamter Rhythmus verschieben, war sie sich sicher. Außerdem war Patrizia so müde, weil sie in der vorhergehenden Nacht nur vier Stunden geschlafen hatte, und sie müsste den Kleinen dann alleine niederlegen. Wenn er dann nicht einschlafen würde, konnte es wieder Stunden dauern, und sie könnte sich nie ausruhen. Zweitens musste sie ihn noch waschen und den Gute-Nacht-Brei kochen. Ihre Freundin Ruth und deren Mann hatten sich schließlich beide angeboten, ihn zu fahren. Nein, er wollte sich von seinem Sohn am Flughafen verabschieden. Als ob das einen Unterschied machen würde. Patrizia lächelte schwach. Im Grunde hatte sie gar nichts dagegen, ihn zu bringen, die Vorstellung war sogar sehr schön, wie im Film. Sie bemerkte jedoch: „Du hast mich gar nicht gebeten, dich zu bringen. Sooo selbstverständlich ist das ja nun auch wieder nicht.“ Sie hätte gerne gehört, dass er sie lieb bittet, damit das Ganze zu ihrer romantischen Auffassung passte. Mimmo aber hatte es wieder in den falschen Hals gekriegt.

      „Spinnst du jetzt schon total? Ich habe dich ganz normal gefragt!“

      „Na, das stimmt ja jetzt nun nicht“, entgegnete Patrizia munter. „Ich meine, du hast mich gar nicht gefragt“, sagte sie mit gespielt gekränkter Miene.

      „Natürlich! Gestern.“ Mimmo stieg nicht auf ihr Spiel ein. Er wirkte genervt.

      „Nein, das hast du nicht“, beharrte sie jetzt.

      „Sos una hija de buta! Du verdammte Hurentochter!“, schrie er. Patrizia war entsetzt. Diese Wendung hatte sie nicht herbei ahnen können. Er fing an, im Gang auf und ab zu laufen und steigerte sich immer mehr in seine Wut hinein.

      „Du bist bösartig!“, herrschte er sie an. „Du willst mich fertig machen! Ich halte das nicht mehr aus. Ich halte dich nicht mehr aus! Wieso kannst du nicht einmal deinen Mund halten und friedlich bleiben?“, schrie er weiter.

      „Ich? ...“ Patrizia verstand die Welt nicht mehr. Sie saß noch immer mit Julius auf ihrem Schoß auf der Wohnzimmercouch und verhielt sich vollkommen normal. Nett und höflich, umgänglich.

      „Ja, und ich muss dein ganzes psychisches Trauma ausbaden! Du bist wirklich das Letzte. Du machst mich fertig! Du zerstörst mich. Du zerstörst mein Leben!“ Er war außer sich und schrie immer lauter. Patrizia hatte keine Chance, etwas zu entgegnen geschweige denn, sich zu verteidigen.

      Sie wiegte den Kleinen auf ihren Knien und versuchte ruhig zu bleiben. Innerlich brodelte es in ihr.

      „Dann nimm doch den Bus“, brachte sie mühevoll um Ruhe bedacht hervor.

      „Was? Wie soll ich denn jetzt noch den Bus nehmen können, um meinen Flieger zu erreichen! Du bringst mich! Du bist so was Beschissenes von Person! Du bist die reinste Scheiße!“ Mimmos Stimme war am Kippen vor lauter Aggression und der Kleine begann zu weinen.

      „Schschsch“, versuchte Patrizia ihn zu beruhigen, stand von der Couch auf und bewegte sich im Wiegeschritt.

      Mimmo schrie weiter und Julius ließ sich nicht mehr besänftigen. Patrizia küsste ihn auf die Wange, auf die Stirn, flüsterte ihm Koseworte zu und ging ins Kinderzimmer mit ihm. Mimmo verfolgte sie, strich über Stirn des Kleinen und bat ihn um Verzeihung. Für Patrizia hatte er nur Schimpftiraden übrig.

      Patrizia beschloss, mit Julius ins Freie zu gehen. Sie setzte ihn auf die Holzbank im Korridor, kniete sich vor ihn auf den Boden und begann, ihm seine kleinen Lederschuhe überzustreifen. „Was tust du da?“, herrschte Mimmo sie an.

      Patrizia erwiderte nichts und versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben.

      „Was machst du da?“, kreischte er.

      „Ich ziehe ihn an und gehe mit ihm spazieren.“ Wie ein Wilder stürzte Mimmo sich auf sie und zog sie an ihrem linken Ohr in die Höhe. Ein stechender Schmerz durchzuckte Patrizia und ihr Ohr brannte, als er sie losließ.

      „Du wirst nichts dergleichen tun“, schrie er sie an. Geschockt und unfähig ein Wort hervorzubringen, hielt sich Patrizia eine Hand ans Ohr, während sie mit der anderen halb kniend den Kleinen umarmte, der hysterisch zu weinen begann.

      „Und du glaubst, dass ich dich danach wirklich bringe?“, würgte sie mühsam hervor.

      „Du verdammte hija de buta!“ Er stürzte sich noch einmal auf Patrizia, fuhr mit seiner Hand an ihren Hinterkopf und riss ihre dichten Haare so fest, dass sich Patrizias Kopf nach hinten bog und sie das Gefühl hatte, ihre Haare würden sich von ihrer Kopfhaut lösen. Ein brennender Schmerz durchfuhr ihren Kopf und in ihren Schläfen pochte es wie wild. Kurz verlor sie ihr Gleichgewicht und taumelte rückwärts. Fast wäre Julius von der Bank gefallen. Mimmo sprang hin und wollte ihn an sich reißen. Wie eine Löwenmutter schnellte Patrizia zurück und umklammerte

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