Rufe aus Morgania. Brigitte H. Becker
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Читать онлайн книгу Rufe aus Morgania - Brigitte H. Becker страница 17
Als es soweit war, dass sich die Sonne wendete, sendete Frau Luna Lichtsignale aus.
Meridor hätte es auch so bemerkt, denn augenblicklich entspannte sich ihr Kopf.
Sich feierlich erhebend klingelte sie solange, bis alle Gespräche verstummten.
Alle Blicke folgten ihrer Geste zum nachtblauen, nunmehr nahezu unbewölkten Himmel.
Die Mond Frau enthüllte der Erde ein strahlendes Profil; die Venus funkelte so verführerisch, dass sie ihrem Ruf als Liebesfürstin alle Ehre machte. Die Zwillingsgestirne Pollux und Castor sammelten die Ihren ein und übergaben sie ihrem Vater Merkur, der die betrübt aufzuckenden übergaben sie ihrem tröstend in die Arme nahm, bevor er sie unter Anleitung des gestrengen Himmelslehrers Saturn von der Sonne abzog, die ihnen solange Herberge gewährte, was Sternschnuppen Tränen auf die Erde tropfen ließ.
Forsch ritten die Krebssternkinder auf dem südlichen und nördlichen Esel an ihnen vorbei, von ihrer Mondmutter herbeigewinkt, um mit ihr die Herrschaft am Himmel anzutreten.
Gönnerhaft übergoss der rote Himmelsstreiter Mars die übermütige Schar mit Lavaströmen von gezähmter Kraft, und der Glücksplanet Jupiter hielt sein Zepter über sie, als sich die Schleusen zur Sonne öffneten, um den jubelnden Sternkindern Einlass zu gewähren.
Mit Zimbeln und Schellen trabten sie in hindurch. Glockenklang verkündete ihren Einzug.
Beifall brandete bei den Elfen auf. Jubel und Hochrufe verstummten abrupt, als vom samtigen Firmament wunderschöne, inbrünstige Engelschoräle ertönten, wie die in Ton gesetzte Liebe. Von der andächtig lauschenden Erde schwangen sich die Laute nachtaktiver und erwachter Tiere in harmonischer Ergänzung auf.
Als das Himmelsgeschehen ausgiebig bestaunt worden war, schlug Meridor ihr Glöckchen an, um Frau Luna und ihre Kinder mit ausgestreckten Armen zum Einzug zu beglückwünschen.
„Steht uns ab heute zur Seite als Führer in Seelenbereiche.“
Zur Zustimmung blinkte und funkelte es vom Himmel, während ihr das Mondprofil zunickte.
Sie lächelte hinauf und sprach den Planeten ihren Dank für die Bündelung ihrer Kräfte aus. „Wie an allen Eckpunkten des Sonnenlaufs lichtet sich zur heutigen Sommer- Sonnenwende wieder die Nebelwand zwischen Elfen- und Menschenwelt, was leider ungenutzt von den Menschen bleibt, weil sie den Blick dafür verloren haben. Es werden zwar weiterhin Oster- und Sonnwendfeuer entzündet, aber mehr aus Tradition und ohne tiefere Bedeutung.“ Meridor legte eine bedeutsame Pause ein. „Zeitnot greift um sich und lässt das Feingefühl für die Natur verloren gehen. Viele Menschen hasten und jagen, ins Alltagsgeschehen verstrickt, ohne Rast, ohne Ruh. Sie sehen und hören überallhin, nur nicht in ihr eigenes Herz. Ein Gedankenkarussell, das lärmend in ihren Köpfen kreist, lässt die innere Stimme untergehen, die wie das Aufgehen im Naturgeschehen Tore öffnen könnte. Schon sieht man hier nur noch Schlafwandler und Tagträumer, die sich hierher verirrten und ebenso wenig ansprechbar sind.
Mutter Erde beklagt sich bitterlich über die Unachtsamkeit und die Grobheit vieler Menschen. Sie stöhnt, zittert und bebt unter Tritten und Stößen und fühlt sich beschmutzt und ausgelaugt. Das Durchatmen fällt ihr schwer. Bedenkenlos beschneidet man ihre Lungen, die Wälder.
Mit aller Macht wollen ihr die Winde Luft verschaffen, doch Übertreibung erzeugt Dürre und entfesselt die Feuer, die Rauchschwaden aufsteigen lassen und mit Industrieabgasen Löcher in die Ozonschicht brennen. Zudem lassen die aufgeheizten Meere Wasserdampf ab. Wolkenheere brauen sich zusammen, um sich in immer heftigeren Strömen zu ergießen, was die Flüsse anschwellen lässt, dass weite Uferstriche überflutet werden.
Von Jahr zu Jahr mehren sich Naturkatastrophen, was wir denjenigen zu verdanken haben, denen Profit und Wirtschaftswachstum mehr gelten als das Wohlergehen der Natur.
Dabei würde sie ihre Gaben bereitwillig über alle ausschütten, wenn man sie achtet und ehrt. Sollte sich nicht bald etwas ändern, wird Mutter Erde sich zur Wehr setzten, ist sich aber bewusst, dass ein großer Selbstreinigungsprozess viele unschuldige Opfer kosten würde. Deshalb will sie es sich noch einmal überlegen, sollten wir Menschen finden, die ihr helfen wollen. Dass fast alle Rufe von Elfenköniginnen ungehört verhallen, ist den Schattenwesen zuzuschreiben, die unser Reich in seinen Grundfesten erschüttern wollen.“
Es war mucksmäuschenstill geworden. In aufmunterndem Tonfall verkündete Meridor.
„Aber neulich wurden mir in einer Vision Kinder des Lichts gezeigt, die für uns sensibel sind.
Eines hat schon reagiert, aber es ist zu früh, daraus Rückschlüsse zu ziehen.“
Erwartungsvolle Blicke waren auf sie gerichtet. Jetzt war es an der Zeit.
„Ich habe eine große Bitte an euch alle: Helft mir, diese Kinder anzulocken. Bündelt eure Kräfte und erkundigt euch bei den Blumenelfen, wie man Menschenherzen anspricht.“
Nun war es heraus! Prüfend ließ Meridor den Blick nach unten in die Runden schweifen.
„Wer dazu bereit ist, möge sich erheben.“
Betroffenes Schweigen folgte. Einige standen wie angewurzelt da, andere starrten sich mit offenem Mund ungläubig an, den sich wieder andere fassungslos zuhielten.
Unglaublich! Die Elfenkönigin brauchte ihre Hilfe. War sie nicht allmächtig?
Die Waldfee erhob sich als erste mit aneinander gelegten Händen und geneigtem Kopf. Lyraya folgte ihrem Beispiel, worauf sich die Wald Elfen zunickten, um es ihnen nachzutun.
Die Wachtmänner übernahmen Eliodors Geste, und die Baumgeister schlossen sich ihnen an.
Die Zwerge sprangen auf die Stühle und schwangen begeistert ihre Spitzhüte.
An allen Tischen standen Elfen gruppenweise oder nacheinander auf, wobei die kleinsten auf den Schultern Größerer ihre Zustimmung durch Winken oder Flügelklingeln bekundeten.
Mit bewegter Stimme sprach Meridor allen ihren Dank aus und bat dann Lyraya mit einer einladenden Geste zu sich auf den Elfenhügel, um ihr neuestes Werk vorzutragen.
Zögernd erhob sich die überzarte Poetin im langen rosa Kleid, das ihre durchscheinende Gestalt wie ein Schleier umwehte. Es benötigte einen kleinen Stups der Waldfee, bevor sie ihre langen, fein geäderten Flügel ausbreitete, um sich aufzuschwingen.
Mit graziösem Schwung landete sie neben ihrer Königin. Mit zittriger Hand entrollte sie ein Pergament. Vor lauter Verlegenheit musste sie sich räuspern, bevor sie ihr Gedicht ohne aufzuschauen mit überraschend klarer Stimme vorlas.
Je älter, je mehr
haben Menschen
das Singen verlernt.
Sie kreisen um sich
und erstreben
flüchtige Mächte und Kräfte
Schatten betören die Köpfe
Zauber entzieht sich
berechnenden Blicken