Manni, kannst Du uns das mal erklären?. Jörg Müller
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Und die Moral von (in) der Geschicht‘?
Es gibt keine!
Uli, machen mal zehn Pils auf meinen Deckel.
Prost!
4 Rateagenturen
Unser Thema des heutigen Abends:
Was genau machen eigentlich die amerikanischen Rate-Agenturen?
Unterstellen wir, dass auch heute noch die alte Hausfrauenweisheit gilt: Du kannst nicht mehr Geld ausgeben als du in deiner Haushaltskasse hast.
Unterstellen wir weiterhin, dass es bis heute keine Hausfrau geschafft hat, aufgrund ihres Wissens und ihrer Erfahrung in irgendeinem Land dieser wunderschönen Erde Finanzministerin zu werden.
Gestehen wir den vielen Absolventen der Elite-Universitäten in den USA zu, dass sie ihr während des Studiums angehäuftes, überragendes Wissen dazu nutzen, ihr Vermögen und das ihrer Klienten zu Lasten aller anderen Menschen dieser wunderschönen Welt zu mehren.
Mit diesen Unterstellungen und dem Zugeständnis ausgestattet, nähern wir uns dem Geschäftsmodell der amerikanischen Rate-Agenturen.
Wir sind heute bei unserem Stammtisch zehn Personen. Stellt euch einmal vor, wir hätten gemeinsam 100.000€ übrig, für die wir kurzfristig keine Verwendung haben. Wir fassen gemeinsam den Beschluss:
„Wir lassen unser hart erarbeitetes Geld zukünftig für uns arbeiten.“
Sofort tauchen mindestens zwei Fragen auf:
Erstens: Wem überlassen wir unser Geld, damit es möglichst risikolos für uns arbeitet?
Zweitens: Welche Rendite soll unser Geld für uns erarbeiten?
Sehen wir uns in unserem Stammlokal um. Wir kennen jeden, der in diesem Augenblick an der Theke steht, ganz genau.
Albert Schmidt, Spitzname die „Spritdrossel“, würden wir das Geld nicht anvertrauen. Denn unsere Chance, unser Geld nebst Verzinsung von Albert zurückzubekommen, ist gleich Null.
Daneben steht der Lehrer Hermann. Er ist beamtet und bekommt bald, wenn er keine goldenen Löffel mehr klaut, eine sehr gute Pension. Ihm unser Geld anzuvertrauen, bedeutet kein großes Risiko.
Ihr seht also, Geld zu verleihen, ist in erster Linie Vertrauenssache. Wir kennen Albert und Hermann und treffen unsere Entscheidung, wem von beiden wir das Geld zum Arbeiten anvertrauen.
Stellt euch nun die unendlich schwierigere Aufgabe vor, einem Land Geld zu leihen. Die Regierenden des Landes, die dringend Geld benötigen, um während ihrer kurzen Regierungszeit ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen und/oder für ihre Wiederwahl Wahlgeschenke zu verteilen, werden alles tun, um uns, die wir unser sauer verdientes Geld zu unserem Vorteil arbeiten lassen wollen, davon zu überzeugen, dass sie die erste Adresse für unsere Geldanlage sind. Das können wir nun glauben oder auch nicht. Uns wird schnell klar, dass wir externe Hilfe benötigen. Und so kommen die professionellen amerikanischen Rate-Agenturen ins Rennen. Diese Rate-Agenturen versuchen professionell zu erraten, in welchem Land unser Geld am besten für uns arbeitet.
Aber da das Raten, auch wenn es von anerkannten Profis gemacht wird, immer ein großes Risikopotenzial beinhaltet, haben hochqualifizierte Absolventen der amerikanischen Elite-Universitäten nach Alternativen gesucht, die beim Raten jedes Risiko ausschlossen. Und so suchten sie eine Antwort auf folgende Frage:
„Wie können wir, die amerikanischen Rateprofis, risikolos und mit einer sensationell hohen Rendite das Vermögen unserer Auftraggeber vermehren?“
Um die Kreditwürdigkeit der einzelnen Länder vergleichbar zu machen, besannen sie sich auf die alte Hausfrauenweisheit:
„Du kannst nicht mehr ausgeben, als du in deiner Haushaltskasse hast.“
Diese alte Hausfrauenweisheit zugrunde gelegt, begannen die amerikanischen Rateprofis zuerst einen Musterhaushalt für ein Musterland aufzustellen. Dann verglichen sie die Haushalte der einzelnen Länder mit ihrem Musterhaushalt. Das Ergebnis fiel erschreckend aus. Kein halbwegs normaler Mensch würde auf der Grundlage der alten Hausfrauenweisheit einem Großteil der Länder unseres Planeten Geld leihen, egal zu welchem Zinssatz.
Aber da es ihre Aufgabe war, anderer Leute Geld Gewinn bringend anzulegen, mussten sie sich eine neue Strategie überlegen. Nach kurzem Überlegen fanden die amerikanischen Rateprofis ein ebenso einfaches wie geniales Modell. Als erstes gaben sie sich einen neuen Namen. Sie nannten sich fortan Ratingagenturen.
War früher das einzige Kriterium für eine sichere Geldanlage die Befolgung der alten Hausfrauenweisheit (s.o.), so waren die neuen Kriterien, die die neuen Agenturen ihrem „Rating“ zugrunde legten, nur den Ratingagenturen selbst bekannt. Aufgrund dieses „Ratings“ vergaben sie nun Schulnoten für die wirtschaftliche Potenz eines Landes.
AAA+ bedeutet zum Beispiel sehr gut, dann kommt AAA, dann AA+ und so weiter. Für die Note D sieht das deutsche Schulbenotungssystem keine Zensur vor.
Wenn also die Ratingagenturen ein Land mit AAA+ bewerten, bekommt die Regierung dieses Landes zu sehr günstigen Zinsen frisches Geld in großen Mengen am Kapitalmarkt, weil alle Geldgeber auf dieser schönen Welt aufgrund des Ratings AAA+ überzeugt sind, dass dieses Land in der Lage ist, den Kredit nebst Zinsen zu 100% zurückzuzahlen. Der Haken für die Geldanleger besteht allerdings darin, dass sie zwar einem potenten Kreditnehmer Geld geben, wie wir in unserem anfänglichen Beispiel dem Lehrer Hermann, aber sie bekommen wegen des geringen Kreditausfallrisikos dafür auch nur wenig Zinsen für ihr hart arbeitendes Geld.
Und nun zum Clou des neuen Modells der ehemaligen amerikanischen Rateprofis und heutigen Ratingagenturen:
Ab sofort bewerten die Ratingagenturen ein Land mit sehr guten wirtschaftlichen Kennziffern bewusst mit einer deutlich abgeschwächten Ratingnote. Dies bedeutet, dass dieses Land am Kapitalmarkt höhere Zinsen für neue Kredite ausgeben muss. Die Gesellschafter der Ratingagenturen aber wissen, dass sie ihr sauer verdientes Geld in diesem Land trotzdem unbesorgt arbeiten lassen können und kassieren aufgrund der schlechteren Bewertung durch die hochseriösen Agenturen, die ihnen gehören, deutlich höhere Zinsen, ohne ein größeres Risiko eingehen zu müssen.
Raten war gestern, Rating ist heute.
Und die Moral von (in) der Geschicht‘?
Es gibt keine!
Uli, mach mal zehn Pils auf meinen Deckel.
Prost!
5 Sommerloch
Unser Thema des heutigen Abends:
Was genau ist eigentlich ein Sommerloch?
(Ein Manni aus 2012)
Unterstellen wir, dass sich