Paulo bereist die Seidenstraße (4). HaMuJu

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Paulo bereist die Seidenstraße (4) - HaMuJu

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nickte anerkennend mit dem Kopf. Dann begutachtete er meine „Raichle“-Schuhe, sah sich genau deren Verarbeitung und die Sohle an und attestierte auch den Schuhen gute Qualität. Ob ich denn alles zu Fuß machen wollte. Ich verneinte und sage, dass ich alle sich mir bietenden Verkehrsgelegenheiten nutzen wollte. Ob ich denn kein Messer hätte, wollte Yussuf von mir wissen und ich sagte ihm, dass ich mit einem Messer nicht durch die Sicherheitsüberprüfung am Flughafen gekommen wäre.

      Wenn ich zwei Tage Zeit hätte, könnte er mir ein Messer schmieden, sagte Yussuf dann. Ich antwortete, dass ich vier Tage in Istanbul bleiben und ihm beim Schmieden eines Messers gern zusehen wollte. Wieder hatte Yussuf den Glanz in den Augen, „gut“ sagte er dann, wir würden am nächsten Tag in den Großen Basar gehen und Messerstahl kaufen, er hätte einen alten Bekannten im Großen Basar, der sich auskannte und nicht betrügen würde. Ich müsste für ein geschmiedetes Messer aber schon dreißig bis vierzig Euro ausgeben!

      Ich willigte ein und entgegnete, dass ich gerne bereit wäre, für ein gutes Messer so viel Geld auszugeben. Ich bekam ein eigenes Zimmer neben dem von Mehmet und ging früh schlafen. Aydins Onkel und Tante verließen am nächsten Morgen nach dem Frühstück zeitig das Haus. Wir liefen zum Großen Basar, den wir nach zehn Minuten erreichten, es wimmelte von Touristen. Die Händler waren alle auf die Touristen eingestellt und belagerten sie. Immer wenn sich eine Touristengruppe näherte, gingen sie auf sie zu und priesen ihre Ware an. Oft hatten sie den typischen Touristenramsch im Angebot, viele Touristen vielen darauf herein und kauften zu völlig überzogenen Preisen. Immer gaben die Händler den Touristen das Gefühl, gehandelt und ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Dabei machten sie selbst gut und gerne zweihundert bis dreihundert Prozent Gewinn. Der Große Basar war ein fünfhundert Jahre altes Geschäftsviertel in Istanbul, er bestand aus einem Gewirr von überwölbten Gassen und Gässchen. In der Mitte befanden sich die Gold- und Silberhändler. Eine Menge Cafes reihten sich aneinander. Yussuf ging zielstrebig auf seinen Händler zu.

      Mustafa führte seinen Stand schon in der dritten Generation, er handelte mit Messern und Schmuck, man konnte über ihn aber auch Rohstahl beziehen, so wie er zum Schmieden gebraucht wurde. Er umarmte Yussuf herzlich und ging dann mit ihm in die hinterste Ecke seines Verkaufsraumes, dort kramte er ein Stück Rohstahl hervor. Yussuf nahm das Stück in Augenschein und befand es für gut, man wurde schnell handelseinig. Yussuf zahlte und ging mit Mehmet und mir wieder hinaus, er freute sich über das gute Geschäft, das er gemacht hatte. Wieder glänzten seine Augen, wahrscheinlich in Vorfreude auf seine Schmiedearbeit. Zu Hause angekommen schickte er Mehmet los, Holzkohle kaufen. Er entfachte auf seiner alten Feuerstelle ein kleines Holzfeuer und schichtete, als es richtig brannte, Holzkohle darauf. Die Esse zog immer noch gut. Den Blasebalg hatte man inzwischen elektrifiziert. Yussuf leitete den Luftstrom vorsichtig auf die Holzkohle, bis sie weiß glühte. Dann legte er den Stahlrohling in die Glut und wartete, bis er die Schmiedetemperatur erreicht hatte. Anschließend nahm er den Rohling mit der Schmiedezange und legte ihn auf den Amboss. Yussufs Bewegungen waren fast jugendlich und bestimmt, mit großer Eleganz schlug er mit dem Hammer auf den Stahlrohling und formte ihn nach seinem Willen. Tack, tack, tack, der alte Arbeitsrhythmus war wiedergekommen.

      In der Nachbarschaft wunderte man sich, dass Yussuf seine Schmiedearbeit wieder aufgenommen hatte. Mehmet erklärte Neugierigen, was es damit auf sich hatte. Yussuf war lange Zeit nicht ansprechbar, er schien in seiner Arbeit versunken. Immer wieder legte er den Rohling ins Feuer, bis er rot glühte und schlug dann mit dem Schmiedehammer auf ihn ein.

      Diese Tätigkeit dauerte Stunden. Mit einem Mal legte Yussuf den Hammer zur Seite und wischte sich den Schweiß von der Stirn, er schickte Mehmet los, für uns etwas zu essen zu kaufen. Eine keine Arbeitspause würde ihm gut tun. Immer wieder nahm er den Stahl in die Hand, er hatte ihn in einem Wassereimer abgekühlt, der Stahl hatte mittlerweile eine schöne Messerform. Nach der Pause nahm Yussuf seine Hammertätigkeit mit unverminderter Intensität wieder auf, am frühen Abend war er fertig. Er legte den Hammer zur Seite, wischte sich den Schweiß ab und setzte sich, etwas entfernt von der Feuerstelle, auf einen Stuhl. Das Messer war in seiner Rohform fertig, es fehlten noch der Griff und die Scheide und es musste noch ein Endschliff gemacht werden. Das würde Yussuf am nächsten Tag erledigen. Er wäre müde, sagte er und ließ sich, von Mehmet gestützt, nach oben bringen. Mehmets Eltern wunderten sich, warum Yussuf so umtriebig wäre. Mehmet erklärte, dass er für mich ein Messer geschmiedet und den ganzen Tag am Amboss gestanden hätte.

      Sie sagten nichts dazu, Mehmets Mutter schüttete Yussuf einen Raki ein und setzte ihn in seinen Sessel, dann gab sie ihm seine Zigaretten. Yussuf war mit sich und seiner Arbeit zufrieden. Er würde am nächsten Tag drei Löcher in den Schaft bohren, um dann zwei Griffschalen an das Heft zu nieten. Er trank genüsslich seinen Raki und rauchte eine Zigarette. Ich lobte ihn für die Standhaftigkeit, mit der er seine Arbeit verrichtet hatte und ich lobte das Messer, das er gefertigt hatte. Nach vierzig Minuten war Yussuf eingeschlafen, sein ebenmäßiges Gesicht strahlte eine Zufriedenheit aus, wie sie nur ein guter Handwerker nach getaner Arbeit haben konnte. Mehmets Eltern führten Yussuf auf sein Zimmer und legten ihn ins Bett. Mehmet und ich gingen am Abend hinaus und liefen zur Galata-Brücke. Ich sah vom Fähranleger in Eminönü hinüber nach Üsküdar, auf dem Bosporus herrschte reger Schiffsverkehr, die Fähren zogen unablässig zwischen den großen Schiffen hindurch, die vom Mittelmeer ins Schwarze Meer zogen und umgekehrt. An der Galata-Brücke standen die Angler und warfen die gefangenen Fische in Plastiktüten, die sie vor sich hingestellt hatten. Sie unterhielten sich ununterbrochen, die meisten Angler rauchten, vom Halic zog ein unangenehmer Geruch herüber. Auf der anderen Seite der Galata-Brücke lag auf halber Höhe in Beyoglu der Galata-Turm. Dort am Bosporus lag Europas Ostgrenze, in zwei Tagen würde ich nach Asien übersetzen und für lange Zeit alles hinter mir lassen. Mehmet und ich liefen am Halic entlang, das kurze Stück bis zur Yeni-Moschee.

      Dann gingen wir wieder stadteinwärts in die Hamidye Caddesi. Bis spät in den Abend hatten die Geschäfte geöffnet, der Trubel auf der Straße hatte kaum nachgelassen. Mehmet und ich gingen hoch und setzten uns eine Zeit in sein Zimmer. Er hatte einen PC und einen Fernseher. Mehmet zeigte mit die Spiele, die er auf seinen PC geladen hatte. Ich fragte ihn, was er später einmal werden wollte, Mehmet sagte, dass er das noch nicht genau wüsste, wahrscheinlich würde er aber irgendetwas in der Informatikbranche anstreben. Er wollte studieren, aber nicht in Istanbul, vielleicht in Konya, dort gäbe es 8500 Studenten in sechzehn Fakultäten. Aber zuerst müsste er seinen Schulabschluss machen, er schaltete den Fernseher an und stellte MTV ein. Wie zu Hause, dachte ich und schaute mir ein paar Clips an. Dann ging ich ins Bett. Der nächste Tag stand wieder im Zeichen der Messerfertigung. Yussuf war früh aufgestanden, was er aber immer tat. Er hatte in seiner Werkstatt aus früheren Zeiten noch einen Ebenholzblock liegen, daraus hatte er immer seine Griffschalen hergestellt. Er sägte und schliff mit der gleichen Behändigkeit, mit der er auch geschmiedet hatte.

      Dann passte er die Griffschalen an, polierte hie und da noch ein bisschen und schlug drei Hohlnieten durch die Ebenholzgriffe und das Messerheft. Ich nahm das Messer, es lag ausgezeichnet in der Hand, Yussuf sah mir an, dass mir das Messer gefiel, er war stolz auf seine Arbeit. Er setzte sich noch eine halbe Stunde an den Schleifstein, dann war das Messer fertig. Yussuf nahm ein Stück Leder und schnitt zwei Scheidenhälften daraus, mit einer Ahle stach er Löcher für die Naht aus. Mit geübtem Griff nähte er aus den zwei Lederhälften eine Messerscheide zusammen, er heftete gleichzeitig eine Gürtelschlaufe daran.

      Dann machte Yussuf ein feierliches Gesicht und händigte mir seine hervorragende Handwerksarbeit aus.

      Ich zog meinen Hosengürtel durch die Lederschlaufe und steckte das Messer in die Scheide. Mit einem Mal befiel mich ein Gefühl der Zufriedenheit, ich hatte mein Messer! Natürlich könnte ich es nicht die ganze Zeit am Gürtel tragen, es würde mir gestohlen werden. Ich gab Yussuf vierzig Euro, er war zufrieden. Dann setzte er sich in seinen Sessel und begann, auf mich einzureden. Mehmet kam mit der Übersetzung kaum hinterher. Ich sollte auf meinem Weg nach Osten unbedingt in Konya Station machen. Ich könnte von Istanbul-Haydarpascha mit der Anatolischen Eisenbahn bis nach Konya fahren, dann wäre ich schon ein gutes Stück nach Osten vorwärts gekommen.

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