Das Mädchen Ida. Maya Khoury
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Jansen befragte auch Erikas Kolleginnen. Einige hatten sie einmal im Kino mit einem jungen Mann gesehen. Wie der aussah? Gut sah der aus, groß, schlank, dunkelhaarig. Er trug einen braunen Anzug. Und einen Hut. Aber kennen würden sie den nicht. Ihre Kollegin Erika hatte immer ein großes Geheimnis um diesen Mann gemacht und auf alle neugierigen Fragen geschwiegen, so sehr die anderen auch bedrängten. Sie hatten nichts aus Erika herausbekommen. Nicht das Geringste.
Auch der Vorarbeiter konnte ihm in seinen Ermittlungen nicht weiterhelfen. Erika war an jenem Tag, ihren Todestag, wegen einer Migräne auf eigenen Wunsch früher nach Hause gegangen. Das war an sich nichts Besonderes, denn es kam öfter vor, dass sich eine der Arbeiterinnen krank meldete. Jedoch Erika war ihr Unwohlsein zum Verhängnis geworden. Janssen musste sich schließlich mit dem Stand der Dinge zufrieden geben. Er hasste es, einen Fall nicht abschließen zu können. Jedoch bei dieser Sachlage musste er wohl akzeptieren, dass ihm Grenzen gesetzt waren.
Weil auch Ida standhaft schwieg, wurde der Mord an dem im Juni 1951 am Deich gefundenen Mädchen zunächst nicht mit dem Tod der Erika Hinrichs, Idas Mutter, in Verbindung gebracht. Kommissar Jansen blätterte nun schon zum wiederholten Male in der Akte des unbekannten Mädchens, die er wieder herausgesucht hatte. Er las den Bericht des Pathologen noch einmal mit höchster Aufmerksamkeit, konnte aber auch jetzt nichts anderes herauslesen. Ein sexueller Missbrauch war bei dem toten Mädchen, das am Deich gefunden worden war, zweifelsfrei ausgeschlossen worden. Das hatte der Arzt in seinem Bericht festgehalten. Der Tod war durch Ersticken eingetreten. Der Pathologe hielt auch einen Asthmaanfall, ausgelöst durch eine Panikattacke, nicht für ganz ausgeschlossen. Aber legt sich ein Kind einfach ins Gras und erleidet einen Asthmaanfall? Kommissar Jansen schürzte die Lippen und dachte nach. Und wie und vor allem mit wem ist sie dorthin gekommen? Eine Vermisstenanzeige war bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingegangen, auch nicht bei den umliegenden Polizeibehörden.
Zu viele Fragen ohne Antworten. Andere Verletzungen wies der Körper nicht auf. Trotzdem plagte ihn das Gefühl, irgendetwas übersehen zu haben. Und plötzlich fiel es ihm ein:
Jansen war im letzten Jahr bei dem Leichenfund des Mädchens am Deich dabei gewesen. Die Ähnlichkeit mit Ida, das war es! War das Zufall? Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und zündete sich eine Zigarette an. Gedanklich setzte er die Teile, die seiner Meinung nach zusammen gehören könnten, aneinander, bis sie ein vollständiges Bild ergaben. Erika Hinrichs musste den so genannten Kinderfreund mit ihrer Tochter überrascht haben. Vielleicht hatte sie ihrem Mörder sogar gedroht. Auf welche Weise sich der Tatvorgang auch ereignet haben mochte: Ihr frühes Heimkommen an ihrem Todestag hatte Erika Hinrichs mit ihrem Leben gebüßt.
Wahrscheinlich war es derselbe Mann, der auch das unbekannte Mädchen auf dem Gewissen hatte. Ein Kinderfreund. Jansen stützte sich mit den Armen auf seinen Schreibtisch und dachte über diesen Mann nach. Er versuchte sich vorzustellen, was in so einem Menschen wohl vorgegangen sein mag. Als er sich von seinem Stuhl erhob, war der Aschenbecher mit vier ausgedrückten Zigaretten gefüllt.
Er befragte daraufhin Ida Tage später noch einmal.
„Kanntest du den Mann, der bei deiner Mutter war? Hat er dir etwas getan? Hat er dich angefasst?“
Aber Ida schwieg auch jetzt beharrlich, schüttelte nur verneinend mit dem Kopf und sah mit trotzigem Gesichtsausdruck auf den Boden. Der Kommissar ließ jedoch nach dem Unbekannten fahnden. Da nur eine äußerst dürftige Täterbeschreibung vorlag, würde die Fahndung wohl im Sande verlaufen. Das ahnte er jetzt schon. Die Ermittlungen würden genauso erfolglos enden wie die im Falle des toten Mädchens am Deich vor mehr als einem Jahr. Das behagte ihm gar nicht und seine Miene verfinsterte sich immer mehr.
Schließlich wurde auch diese Akte zu den ungelösten Fällen gelegt. Es sollten viele Jahre vergehen, bis die mysteriösen Vorfälle aufgeklärt werden konnten.
Rolf hatte sich von Frankfurt aus bis nach Paris durchgeschlagen. Dort meldete er sich im Rekrutierungsbüro der Fremdenlegion. Er wurde in Indochina eingesetzt. Das war gut, denn er wollte so weit wie möglich weg sein. Doch war er bis dahin immer ein besonnener Kämpfer gewesen, so handelte Rolf nun unkonzentriert, fahrig und leichtsinnig. Ein halbes Jahr später wurde er während eines Kampfes im unwegsamen Dschungel schwer verletzt. Ein Soldat, mit dem er sich angefreundet hatte und den er schon von seiner Legionärszeit in Algerien kannte, kniete vor dem schwer Verletzten und sprach leise Worte. Rolf konnte nicht mehr sprechen, war jedoch bei Bewusstsein. Ein anderer Legionär kam hinzu.
„Kann man noch etwas für ihn tun?“ fragte er. Der Angesprochene zuckte mit den Schultern. Die Schwere der Verletzungen, das war nicht zu übersehen, könnten in den nächsten Stunden den Tod herbeiführen. Andererseits war er weder Arzt noch Sanitäter und konnte die Verwundung nicht beurteilen. Rolf wurde so schnell wie möglich in das nächst liegende Militärkrankenhaus geflogen. Dort verlor sich seine Spur.
Anfang März des Jahres 1953 fiel Jansen die Akte der Erika Hinrichs durch Zufall noch einmal in die Hände. Eigentlich hatte er nach einem anderen Fall gesucht.
Als er kurz hineinblickte, fiel ihm Idas Geburtsdatum auf. Das Mädchen sollte am 15. März ihren neunten Geburtstag feiern. Spontan beschloss er, Ida an ihrem Geburtstag im Kinderheim aufzusuchen und mit einem kleinen Geschenk zu überraschen. Vielleicht war sie ja jetzt gesprächiger und konnte ihm erzählen, was sich im August des letzten Jahres tatsächlich zugetragen hatte.
Er erschrak innerlich, als er Ida gegenüber stand. Blass und schmal war sie geworden. Der Leiter des kirchlichen Kinderheimes, Herr Böttcher, berichtete ihm, dass Ida seit dem unglückseligen Verhängnis nicht mehr sprach. Ida war sprachlos geworden. Auch Kommissar Jansen konnte kein Wörtchen aus ihr herausbringen. Insgeheim hatte er gehofft, ihr doch noch etwas entlocken zu können, und sei es nur der kleinste Hinweis.
Jansen verließ des Kinderheim mit zwiespältigen Gefühlen. Das Beste wäre es, so redete er sich selber zu, den ganzen Fall endgültig zu vergessen. Und das tat er schließlich.
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