Königin der Spiegelkrieger. Werner Karl
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»Wenn sie nicht mehr als diese Nussschalen haben, werden wir sie mit unseren Rammspornen in kleine Spreißel verwandeln, Herr.« Er wartete auf Zustimmung und grinste etwas weniger breit, als sie nicht kam.
»Sie werden kaum diese … Boote bemannt haben, um sich von uns - so mir nichts, dir nichts einfach überfahren zu lassen«, mutmaßte Sidonius Gavius und musterte angestrengt die langsam herantreibenden Feindschiffe. »Ich kann niemanden an Bord entdecken … aber sie sind immer noch sehr weit weg, ich kann mich auch täuschen …« Seine Stimme verriet jedoch, dass er nicht daran glaubte.
Auch Ulpius Marcellus und der Schiffskommandant bemühten sich, die genau aus Richtung der Sonne kommenden Schiffe zu betrachten, doch außer den dunklen Bootsrümpfen und den Segeln konnten sie keine Details ausmachen.
»Lasst alle Mann antreten und die Masten und Rahsegel abmontieren. Wir bereiten uns auf eine Seeschlacht vor. Es soll mir recht sein, so einfach und so viele Picten wie möglich auf den Meeresgrund zu schicken«, sagte Marcellus und rückte seinen Helm zurecht und lockerte sein Gladius in der Schwertscheide. »Damit haben wir es an Land mit weniger zu tun. Wenn sie uns hier die Arbeit erleichtern, wollen wir dafür dankbar sein.«
Rufe hallten über das Deck und Hornisten gaben Befehle an die anderen Schiffe weiter. Ruderschlag um Ruderschlag richtete sich die Flotte auf die vielen kleineren Boote aus, die nun zu mehr als einhundert Stück auf sie zutrieben. Und immer weitere tauchten aus den Sonnenstrahlen dahinter auf. Es verging eine viertel Stunde, bis beide Flotten sich aufeinander ausgerichtet hatten, wobei die römische Flotte der einzig aktive Teil war. Die kleinen Schiffe der Picten schienen führerlos in der Strömung zu treiben. Und diese führte die Boote exakt auf die Römer zu.
Ulpius sah, wie Sidonius Gavius seine Stirn befühlte, so als würden ihm seine angestrengten Blicke bald Kopfschmerzen bereiten und beobachtete seinerseits konzentriert die Linie des Feindes. Die Boote hielten ihre Formation bei und doch war niemand an Bord zu sehen. Mittlerweile waren sich die Flotten so nahe gekommen und die Sonne so hoch gestiegen, dass die Römer nicht mehr gegen das Licht blinzeln mussten. Sie hatten eine recht gute Sicht auf die erste Reihe der Currach.
Die erste Reihe … die Worte trieben wie zäher Honig durch das Gehirn des neuen Statthalters und dann schoss ihm ein neuer Gedanke heiß durch den Kopf.
»Eine zweite Reihe!« Er musste den Gedanken laut ausgesprochen haben, denn sowohl Antonius Farzatio als auch Sidonius Gavius drehten sich ihm zu.
»Ja, eine zweite Reihe dahinter und danach noch eine ...«, zählte der trierarchus auf und sein überhebliches Grinsen signalisierte, dass er dies nicht als Bedrohung ansah. »Auch diese sind winzig; wir werden sie alle zu Treibholz zermahlen.«
Ulpius Marcellus ignorierte dessen Angeberei, sondern achtete gespannt auf Sidonius´ Gesicht.
Anstatt ein weiteres Wort zu sagen, wirbelte dieser plötzlich herum und zeigte nach achtern.
»Dort!«
Die anderen Männer folgten seinem Ruf und blickten in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Mehr als zweihundert Currach bildeten einen dichten Wall aus Holz und Segeln.
Und diese Schiffe waren bemannt.
Die Entfernung war doppelt so groß wie die zu den scheinbar unbemannten Booten in ihrer Segelrichtung, doch Ulpius Marcellus lief ein erster Schauer über den Rücken. Wenn auf jedem Currach zehn bis fünfzehn Mann fuhren, näherte sich ihnen damit eine Streitmacht von mindestens 2.000, vielleicht sogar 3.000 Mann. Sie kamen sehr langsam näher und ein Seemann wie Farzatio hätte dies dem Umstand zugeordnet, dass die Picten - wie auch die Römer - gegen die Strömung rudern mussten und vielleicht mit fünfzehn Mann pro Boot an der Grenze der Überladung operierten.
Doch Ulpius Marcellus war mehr Soldat und Stratege als ein Seemann.
»Diese dort hinten werden nicht den Angriff führen. Die warten auf etwas …«, sagte er und wieder kroch ihm ein Schauer über die Haut.
Alle drei drehten sich wieder in Segelrichtung und musterten nun mit ganz anderen Augen die Linien der treibenden Boote.
»Da!« Dieses Mal war es Antonius Farzatio, der mit seinem Finger zustieß wie mit einem Dolch und nach vorne deutete. »Die Boote sind mit Seilen aneinandergebunden; so halten sie die Formation.«
Der Abstand hatte sich nun so weit verringert, dass sie auch in die Boote blicken konnten.
»Es ist niemand an Bord zu sehen. Die Schiffe scheinen mit Waren beladen zu sein«, sagte Ulpius Marcellus und betrachtete dicke Packen, die mit Fellen und Stoffen bedeckt waren. Der gesamte Innenraum der Schiffe war vollgestopft. Für einen Augenblick dachte er an unter Decken verborgene Krieger.
Im ersten Moment ein wenig verwirrt, dann nickend, als wäre ihm der gleiche Gedanke durch den Kopf gegangen, fragte Sidonius Gavius: »Aber welchen Nutzen soll das bringen?« Er runzelte gequält die Stirn und schien tatsächlich unter Kopfschmerzen zu leiden, als er die dritte Reihe Boote hinter den ersten beiden unbemannten betrachtete. »Ich sehe dort jetzt auch Krieger stehen. Sie …«
Doch bevor er ein weiteres Wort sagen konnte, traten die Picten endlich in Aktion.
In jedem Boot der dritten Reihe erhoben sich mit Pfeil und Bogen bewaffnete Krieger.
»Sie glauben doch wohl nicht, dass sie schon auf Schussweite heran sind«, begann Antonius Farzatio und schüttelte den Kopf, als die Pictenkrieger ihre Pfeilspitzen in Brand setzten.
Auch Ulpius Marcellus zweifelte am Verstand des Gegners. Doch zu seinen Zweifeln gesellte sich nun ein unangenehmes Ziehen in seinem Bauch.
»Wir nicht, aber ihre eigenen Schiffe …«, murmelte er und schon zischten die ersten Brandpfeile in die Luft. Er verfolgte die Flugbahn der Geschosse und fand sie gut berechnet. Einer nach dem anderen landete auf den Booten der ersten Reihe und fiel auf verdächtig feucht glänzende Ladung. Zunächst hatte er den nassen Schimmer für Lichtreflexe gehalten. Jetzt jedoch erkannte er die Flüssigkeit als das, was sie war:
Öl!
Sofort fingen drei Dutzend Boote Feuer und die Flammen verbreiteten sich in rasender Eile über die mit Öl getränkten Decken und Stoffe. Und natürlich brannten sie nicht mit sauberer rotgelber Flamme, sondern mit dreckig rußigem Qualm. Im Nu standen schwarze Rauchsäulen zwischen den beiden Flotten. Und Pfeil auf Pfeil flog in hohem Bogen und fand sein Ziel.
Ulpius Marcellus bewunderte die Zielgenauigkeit der Schützen und ein anderer Teil seines Geistes drängte ihn, Befehle zu geben.
»Feuer!«, schrie er völlig überflüssig, denn jeder Römer hatte das unerwartete Manöver gesehen und längst nach Eimern gegriffen. Viele altgediente Legionäre und Seeleute bespritzten das eigene Schiff mit Seewasser. Doch wenn sie zu nahe an die in lodernden Feuersbrünsten stehenden Pictenboote herankamen, würde dies nicht viel helfen.
Dazu kam, dass die immer dichter werdenden Rauchwolken ihnen die Sicht verwehrten und eigenen Geschossen es erschwerten, wenn nicht gar unmöglich machten, die dahinter verborgenen Ziele zu