Der Hanseschatz von Lübeck. Hans-Joachim Schmidt
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Der Handel mit den Venezianern versetzte Hildebrand Veckinchusen in einen Rausch. Um dort richtig zuschlagen zu können, lieh er sich unter anderem von seinem Schwiegervater Engelbrecht Witte sehr viel Geld.
Er handelte von nun an auch mit Safran und anderen Gewürzen. So z. B. mit Seide und Weihrauch oder auch mit Pfeffer, welcher im Mittelalter tatsächlich mit Gold aufgewogen wurde. Die Schätze aus dem Orient sollten fortan auch deutsche Kaufleute reich machen.
Veckinchusens Handelsgeschick sprach sich herum, was andere Kaufleute ebenfalls dazu anregte dort einzusteigen. Auch Alois Menssen stieg in den Pelzhandel ein. Zunächst erfolgreich. Mit der Zeit nahm die Zahl an Kaufleuten in diesem Bereich allerdings zu. Jeder der eine Kogge und Geld hatte war auf dem Weg nach Nowgorod, um die begehrten Pelze zu bekommen. Dadurch fielen die Preise und Veckinchusen verspekulierte sich, speziell was seine Pelze anging. Die lagerten jetzt zu Tausenden in Lagerhallen. Menssen und sein Bruder Sivert rieten ihm, mehr als einmal, vom Pelzhandel Abstand zu nehmen. Aber er hatte kein Ohr dafür.
Der Einbruch seiner Geschäfte, der unweigerlich kommen musste, machte Veckinchusen arg zu schaffen, wie auch die wieder andauernden Überfälle auf See und zu Land. Und nicht nur das, auch der Niedergang des Deutschen Ordens hatten Auswirkungen auf seinen Handel.
Nach der Unterwerfung durch den Deutschen Orden passte sich das Volk der Prußen (Pruzzen), ein baltischer Volksstamm, an. Und wurden zu einem florierenden Unternehmen. Diese Expansion wollten die Nachbarländer Polen und Litauen unterbinden. Dadurch geriet Hochmeister Jungingen immer mehr in den Konflikt beider Länder. Auf der Marienburg bei Malborg (Polen), etwa 60 km von Danzig entfernt, dem Hauptsitz des Deutschen Ordens, herrschte nun Krisenstimmung. 1410 war dann ein Krieg nicht mehr abzuwenden. Die verlorene Schlacht bei Tannenberg besiegelte den Ritterorden, bei der Hochmeister Jungingen fiel.
Diese Niederlage hatte gravierende Auswirkungen, auch auf die Hanse.
Zur Untätigkeit im Handel verdonnert, versuchte Hildebrand Veckinchusen sich mit abermals fremden Geldern über Wasser zu halten. Auch seinen Bruder, der ihn anfangs unterstützte, bat er wiederholt um Unterstützung. Der kam seiner Bitte nach. Im Gegensatz zu Alois Menssen. Dieser verwehrte ihm eine finanzielle Spritze und begründete seine Entscheidung mit Veckinchusens Uneinsichtigkeit.
Nachdem ihm Menssen jegliche Unterstützung verweigerte, fragte Hildebrand ihn: „Sag mal, stimmt das, dass über eurem Haus und eurer Familie ein Fluch hängen soll?“
„Das ist nur eine Mär, Hildebrand, da ist wirklich nichts dran.“
„Und was hat es mit dem Familienschatz auf sich? 1418 hat mir der Bürgermeister Konrad Brekewoldt davon erzählt.“
„Hildebrand, du musst wirklich nicht alles glauben, was dir ein Bürgermeister erzählt, denn die wissen auch nicht alles und sind vielmehr auf den Tratsch der Bevölkerung angewiesen.“
„Alois, ich möchte es kurz machen, kannst du es dir nicht doch noch überlegen und mir etwas unter die Arme greifen? Ich wäre auch bereit, als Gegenleistung mein Lager zu öffnen und dir einige Hundert teure Pelze zu geben.“
„Es tut mir aufrichtig Leid. Aber alles Geld für dich ist verschwendetes Geld und wird wohl auf eine Rückzahlung vergebens warten müssen. Hildebrand, es kommt wirklich „Holz in den Wald tragen“ gleich.“
„Na ja, jetzt kann ich es irgendwie nachvollziehen. Aber eine Frage habe ich dennoch bevor ich gehe. Warum bist du weder im Rat noch irgendwo anders dabei, obwohl du einen guten Leumund hast, der dir alle Türen öffnen würde, wenn du es nur wolltest?“
„Hildebrand, ich habe Familie und ein gutes Geschäft, das füllt mich aus. Außerdem sollte man das machen, was man am Besten kann und nicht einfach nur glaubt, es zu können, nur um Ansehen zu erlangen.“
Schweigend, mit gesenktem Kopf verließ Veckinchusen das Gespräch.
Während der Zeit, in der Veckinchusen bis über beide Ohren in Geldsorgen steckte, zog er zunächst nach Köln und wieder zurück nach Brügge, seiner Heimatstadt. Seine Frau Margarethe blieb indes in Lübeck zurück. Letztlich überschuldete sich Vechinchusen maßlos.
Eine letzte Ware sollte seine missliche Lage zum Positiven verändern. Es war das Salz und das Monopol darauf, dem er sich zuwendete. Auch dieses Geschäft blieb, wie alle seine anderen Bemühungen Geld zu machen, erfolglos.
Um seinen Gläubigern zu entkommen, zog er wieder nach Brügge. Hier hing er zahlungsunfähig fest und wurde wenig später wegen fehlender Liquidität eingesperrt.
Nach drei Jahren wurde er aus der Gefangenschaft aus dem Schuldturm entlassen. Auf dem Seeweg nach Lübeck zu seiner Familie verstarb er 1426.
Sivert überlebte seinen Bruder um fünf Jahre.
Auch Alois starb, drei Jahre nach Sivert als wohlhabender Kaufmann. Er gab das Geheimnis des Familienschatzes an seinen Sohn Hermann weiter.
Hermann Menssen übereignete den Familienschatz wiederum seinem Sohn Friedrich, der sich schon in jungen Jahren als ausgebuffter Kaufmann bewährte.
Letzte Seite eines Briefes Veckinchusens an seine Frau. Aus dem Schuldturm heraus geschrieben.
Gegen Ende des 15. und Mitte des 16. Jahrhunderts sollten abermals mehrere Ereignisse die Hansestadt Lübeck und seine Bewohner erschüttern.
Durch die Entdeckung Amerikas (1492, Christoph Kolumbus) kamen Konkurrenten, die die Bedeutung der Hanse und die der Kaufleute schwächten.
Mit Verlagerung des Außenhandels nach Übersee verlor die Hanse zunehmend an Bedeutung. Aufgrund ihrer Monopolstellung sahen die Ratsherren keinen Anlass sich den Neuerungen gegenüber zu öffnen. Das Resultat daraus war, dass die Zahl der Mitgliedsstädte drastisch schwand. Eine wachsende Mitgliederzahl wäre zu den damaligen Verhältnissen eher angebracht gewesen, schon um die militärische Macht und das Städtebündnis der Hanse zu erhalten, denn noch immer herrschten Unruhen um die Vormachtstellung Lübecks im Ostseeraum.
Und Mitte des 16. Jahrhunderts (1563-1570) tobte ein nordischer, siebenjähriger Krieg. Lübeck und die Dänen führten einen ehrenvollen, aber letztlich erfolglosen Seekrieg gegen Schweden.
Jürgen Wullenwever
Jürgen Wullenwever, Sohn einer Hamburger Kaufmannsfamilie und selbst Kaufmann, allerdings war sein Handeln von nur mäßigem Erfolg geprägt, war schon seit seiner Jugend sehr an Lübeck und seiner Geschichte interessiert und aus dieser Liebe heraus 1525 von Hamburg nach Lübeck gezogen.
Was er vertrieb oder womit er handelte, konnte nicht genau fest gemacht werden, aber er war wohlhabend, was ihm einige Türen öffnete.
Hier in seiner neuen Heimat spielte er sich gern als allwissend auf, als einer, der das Rad neu erfunden hatte.
Die Bürger Lübecks ließen sich von seinen Ideen und Vorstellungen blenden, nicht zuletzt, weil er einige kleinere Vorhaben aus eigener Kasse finanzierte. Bestechung einflussreicher Personen, um seine Ziele erfüllt zu sehen, war nur eines seiner