Der Hanseschatz von Lübeck. Hans-Joachim Schmidt

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Der Hanseschatz von Lübeck - Hans-Joachim Schmidt

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      Im Prinzip sah es doch so für Hansen aus: Wenn es schief ging, war er pleite und seine gutgläubigen Geldgeber vielleicht auch.

      Hansen stellte nun täglich Leute ab, die die Salzladung bewachten.

      Endlich, das Wetter gab es her, konnten die Schiffe Ende März beladen werden.

      Nachdem die Ladung auf den Schiffen verteilt war, ging es auch schon los. Moskau war das erste Ziel, welches Menssen ansteuerte. Nicht nur weil es noch ein sicherer Weg war, sondern auch weil dort zwei Drittel der Ware ausgeliefert werden mussten.

      In Riga angekommen, wurden alle sechs Schiffe vor Anker gelegt und die Ware der sechs Koggen an Land gehievt. Anschließend wurden fünf der Schiffe und die Hälfte der Mannschaft sofort nach Lübeck und Hamburg zurückgeschickt. Menssen und seine Crew machten auf dem Landweg weiter. Auf halber Strecke in Welikije Liki, einer größeren Ortschaft, blieb die Ware für Kiew schwer bewacht stehen. Diese Ortschaft empfahl der einheimische Führer, denn seine Familie war seit dem Ende des 12. Jahrhunderts dort ansässig und kannte sich dementsprechend bestens mit den Gegebenheiten in dieser Region aus. Menssen versprach, bevor er weiter fuhr, sofort nach dem Moskauhandel mit seinen Männern wieder zu der zurückgebliebenen Gruppe in Welikije Liki und der Ware aufzuschließen.

      In der Regel war es so, dass sich die Crew mehrere Monate nach solchen Touren am Bestimmungsort der Ware amüsieren durfte.

      Der Weg nach Moskau war sehr beschwerlich. Sehr oft mussten sie Wochen in Wäldern verharren, weil immer wieder kleinere Armeen Überfälle verübten. Nur der Verkauf in Moskau selbst lief sehr gut und wie versprochen reiste er sofort wieder ab nach Welikije Liki. Wie einer der Späher zuvor angab, gab es für den Transport bis Kiew selbst keine Probleme. Nur in der Stadt Kiew soll es nicht ganz so gut gehen.

      Menssen transportierte jetzt seine anderen Waren mit einem flauen Gefühl im Magen, obwohl keine Kämpfe prognostiziert wurden. Und er sollte mit seinem Gefühl recht behalten. In Kiew sollten, wie jetzt vom Späher berichtet, Unruhen herrschen. Dementsprechend legte er, in Zusammenarbeit mit seinem Führer, seine Route erneut fest. Diese Änderung kostete sechs Monate zusätzliche Zeit.

      Der Grund für die andauernden Kämpfe in Kiew lag schon lange zurück.

      Nach dem Tode Swjatoslaws III. 1194 setzte der endgültige Zerfall des Kiewer Reiches ein. Die fürstlichen Fehden während der folgenden vierzig Jahre wurden begleitet von verheerenden Überfällen. Kiew war zu der Zeit eines von vielen politischen Zentren. Immer wieder gab es Feldzüge gegen Kiew. Die Streitigkeiten unter den Rurikiden, der benachbarten Fürstentümer, setzten sich bis zur mongolischen Eroberung Kiews im Jahr 1240 fort.

      Die Rurikiden sind das russische Fürstengeschlecht, aus dem russische Großfürsten und Zaren sowie viele heute noch blühende Fürstengeschlechter hervorgingen. Sie gehen auf den Wikinger, den Warägischen Fürst Rurik, der als Gründer des russischen Staates im Jahr 862 gilt, zurück.

      Jedes Adelsgeschlecht was gerade Kiew eroberte, setzte einen neuen Stadthalter für Kiew ein. Und dieser Umstand bereitete Menssen richtig Kopfschmerzen. Er weiß nicht, ob noch immer der das Sagen hat, mit dem er vor fast 2 Jahren schriftlich verhandelte.

      Aber seine Sorgen bestätigten sich nicht. Der Transport lief zwar nicht reibungslos, aber in Kiew herrschten noch immer die gleichen Zustände und der gleiche Eroberer wie bei Vertragsabschluss -die litauische Streitmacht- die Kiew seit der Schlacht am Irpen um 1321 regierte, und jetzt unter dem Stadthalter Nowikow verwaltet wurde.

      Im März 1362 traf er bei dem Salzabnehmer, also dem derzeitigen Stadthalter ein. Von ihm erfuhr er von den Untergängen seiner Handelsschiffe, auch das seines Neffen Klaus. Wie es speziell mit den Besatzungsmitgliedern aussah, ob und wer überlebte, war zum Zeitpunkt der Information nicht bekannt. Allerdings munkelte man, was auch der Stadthalter für möglich hielt, dass keiner der Besatzungsmitglieder überlebt haben soll.

      Da ja nun der Wert der Ware zuvor taxiert wurde und der Vertragspartner sich nicht geändert hatte, nahm Menssen an, dass es jetzt in Kiew genau so gut wie in Moskau laufen würde.

      Es sah derzeit etwas anders aus in Kiew. Es waren zwar noch die gleichen Machthaber am Ruder, nur die Kassen waren so gut wie leer. Aber der Stadthalter von Kiew Nicolai Nowikow bot Menssen, neben wenigen Gold- und Silbermünzen nur Bernsteine, einige Wertgegenstände, wie Ikonen, Statuen und zum Schluss auch noch Edelsteine als Ausgleich, weil kein Geld vorrätig war, an.

      Das war zu der Zeit durchaus üblich, aber nur als Zugabe und nicht wie in dem Fall als Hauptzahlungsmittel.

      „Nowikow, so werden wir uns nicht einig. Ich habe meine Mannschaft und einen Partner zu bezahlen.“

      „In fünf oder sechs Monaten kann ich Geld auftreiben. Wenn Sie bis dahin warten wollen?“

      „Wie soll das gehen, Nowikow? Wir sind jetzt schon zu spät dran und meine Kasse ist auch nicht so gefüllt wie ich es gerne hätte.“

      „Sie werden natürlich bis dahin meine Gäste sein. Was sagen Sie dazu?“

      „Schön, ich lasse mich darauf ein. Aber egal wie sich das hier entwickelt, ich muss allerspätestens im August wieder los.“

      „Da werden Sie wieder zu Hause sein, wenn alles gut geht.“

      „Na, das ist aber sehr optimistisch. Wir haben wegen der Überfälle ein Jahr bis hierher gebraucht.“

      „Ach, Menssen, das beruhigt sich bis dahin wieder.“

      Wie es Nowikow anbot, konnten er und seine Männer ohne entstehende Kosten in Kiew verbleiben. Nur das mit dem Zahlungstermin klappte nicht, sodass Menssen im September immer noch in Kiew fest hing.

      Menssen suchte Nowikow in seinen Privatgemächern für ein Gespräch auf.

      „Oh, Menssen, Sie bei mir. Was kann ich für Sie tun?“

      „Ist Ihnen aufgefallen, dass der August an uns vorbeizog und wir mittlerweile September haben? Ich werde dieses Jahr nicht mehr zurückkommen.“

      „Dann seien Sie weiter unser Gast. Vielleicht kommt bis zu Ihrer Abreise doch noch Geld ins Haus.“

      „Gut, bis März muss… kann ich bleiben, dann müssen wir uns etwas einfallen lassen.“

      „Keine Sorge, Väterchen, bis dahin habe ich genug Geld aufgetrieben.“

      Und es wurde März. Menssen hatte Nowikow einige Monate nicht mehr zu Gesicht bekommen. Gerade als er sich aufmachte um ihn zur Rede zu stellen, erschien er in seinem Lager.

      „Menssen, kommen Sie mit, ich habe Geld aufgetrieben.“

      Menssen konnte nicht fassen, was er an Geld bekam.

      „Das wird nicht reichen, Nowikow!“, sagte Menssen etwas lauter.

      „Beruhigen Sie sich. Ich weiß, dass das nicht reichen wird. Schauen Sie mal hier“, sagte Nowikow und öffnete eine riesige Truhe.

      Egal was Nowikow ihm aus der Truhe auch anbot, Menssen war nie zufrieden.

      Aber dann sah Menssen einen Gegenstand, der ihm bekannt vorkam. Er glaubte diesen Gegenstand vor Jahren auf einer der vielen Ikonen gesehen zu haben, die ihm früher schon mal ein Stadthalter anbot. Im Gegensatz zu seiner Erinnerung fehlte ihm da aber ein Detail, um es zu

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