Der Hanseschatz von Lübeck. Hans-Joachim Schmidt
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Читать онлайн книгу Der Hanseschatz von Lübeck - Hans-Joachim Schmidt страница 6
„Warum nicht? Ist doch nur eine olle Schale mit einigen Steinen darauf“, erwiderte Menssen mit dem Versuch den Gegenstand abzuwerten.
„Sie scheinen wirklich nicht zu wissen, was das hier ist, oder?“
„Sie werden mir schon sagen, um was es sich bei diesem Gegenstand handelt, Nowikow.“
„Sie wissen doch was das ist, Menssen, sonst würden Sie nicht darauf bestehen.“
„Nun, anfangs dachte ich schon an etwas Bestimmtes, aber da fehlt was dran, etwas was das Bild, was ich im Kopf habe, vervollständigen würde.“
„Das ist richtig und gut erkannt, Menssen. Es fehlt der Zobel, der Ihre Schale zur Mütze macht. Das ist nicht ungewöhnlich, dass der Zobel fehlt, weil er immer wieder mal ausgetauscht wird. Sie wissen schon, wenn das Fell vor sich hin rottet.“
„Sind Sie sich da wirklich sicher, dass es sich bei diesem Gegenstand um das handelt, woran ich womöglich denke, Nowikow?“
„Ja, es ist die Mütze des Monomach, also keine Schale, wie Sie es abwertend nannten.“
„Quatsch. Wenn es tatsächlich die Mütze des Monomach ist, dann würde sie doch nicht so achtlos hier herumliegen. Aber egal, die nehme ich noch und wir sind uns handelseinig.“
„Handelseinig nur…“, gab Nowikow dem Drängen Menssens nach, „…wenn ich im Gegenzug alle Ikonen zurückbekomme.“
Menssen tat als würde er das Angebot abwägen und setzte schon zu einem erneuten Gebot an, als ihn Nowikow unterbrach und sagte: „So oder gar nicht.“
Menssen streckte die Hand aus und beide besiegelten dieses Geschäft.
Als Menssen loslassen wollte, hielt Nowikow seine Hand noch fest und sagte: „Die Sache mit Ihrer Schale bleibt aber unter uns.“
Menssen nickte mit einem Lächeln und machte sich am gleichen Tag Richtung Schiff auf, um dann zurück nach Lübeck zu segeln.
Der Landweg bis zum Schiff ging ziemlich flott, im Gegensatz zum Salztransport. Auch die Überfälle waren weniger.
Im August 1363 trafen sie in Riga ein. Eine Woche dauerte es noch bis die Mannschaft sein Schliff klar zum Auslaufen brachte. Menssen atmete tief durch und begab sich als Letzter auf sein Schiff.
In seiner Kajüte legte er diese Mütze, einige kleine Statuen, die er als wertvoll erachtete, die Edelsteine und mehrere Goldmünzen in seine private Truhe.
Dann richtete er sich langsam auf, weil er sich an den Untergang der Schiffe erinnerte. Es war nicht der Kummer der ihn nachdenklich werden ließ, sondern ein absurder Gedanke.
„Was ist, wenn bekannt wird, dass dieses letzte Schiff auch untergegangen ist?“ schoss es ihm durch den Kopf.
Er rief seine Mannschaft zusammen und erzählte, dass es in Kiew nicht so gut lief, wie er erwartet hatte.
Dann schilderte er seiner Crew seinen Plan.
„Männer, wie ihr wisst, sind fünf meiner Koggen von Piraten überfallen und versenkt worden. Wir können zwar von Glück reden, weil die Waren zuvor gelöscht wurden, dennoch muss ich die Gesamtheit der Lage als gescheitert betrachten, schon in Anbetracht der vielen Männer die wir verloren haben und dem miesen Erfolg in Kiew. Dennoch können wir dieses Missgeschick als Vorteil für uns ausnutzen. Schließlich wollt ihr doch alle eure Heuer, oder?“
Ein kräftiges „Ja“ hallte über die Ostsee.
„Gut, Männer, nun zu meinem Plan. Wir werden angeben, dass auch wir von Piraten überfallen wurden und auch diese Kogge versenkt wurde. Um diese Täuschung zu bewerkstelligen werden wir nicht die Küste absegeln, sondern einen ganz kleinen Umweg nach Gotland machen und diese Kogge verkaufen müssen. Im Gegenzug werde ich ein kleineres Schiff erwerben und noch Geld über haben, welches ich dann unter euch aufteilen kann.“
Nach dem Angebot flogen Mützen durch die Luft und die Mannschaft grölte ein „Halleluja“. Das war ein eindeutiges Zeichen der Zustimmung für Menssen und seine Idee.
Eine Sache bereitete ihm allerdings immer noch Sorgen, und zwar die Unterschrift vom Bürgermeister auf der Urkunde. Mit der Urkunde muss er dem Hansen wenigstens etwas bezahlen. Nicht, dass er das Geld nicht hätte, aber von seinem jetzt geringeren Verdienst wollte er nichts mehr abgeben. Es ist zwar mehr als er hätte, wenn alles nach vorheriger Vereinbarung laufen würde, aber müsste er jetzt teilen, wäre der Gewinn erheblich geringer. Nachdem er gedanklich durchspielte wie er Hansen gegenüber vorgehen würde, verbrannte er die Urkunde.
Während seiner mehr als zweijährigen Handelsreise brodelte ein erbitterter Kampf um die Werte der Hanse. Jeder wollte teilhaben an den Erfolgen Lübecks und seinen Kaufleuten, so auch König Waldemar IV. von Dänemark.
Lübecks Reichtum und Machenschaften, wie er den Handel benannte, waren ihm schon immer ein Dorn im Auge. Er wollte für sich und sein Volk am Reichtum und den Privilegien Lübecks teilhaben und forderte die Hansestadt heraus. Er rüstete sich mit einer starken Flotte gegen Lübeck aus. Als Waldemar IV. 1361 Gotland erreichte und die Schlacht um Visby durch Kapitulation für sich entscheiden konnte, bat man Wittenborg um Hilfe.
Mit der Einnahme Visbys, einem strategischen Punkt der Hanse, war das zu Ertragene erreicht. Denn Visby auf der Ostseeinsel Gotland war derzeit der Mittelpunkt und Verteiler für den Umschlag von Waren von Ost nach West und zurück.
Nach der Eroberung der Hansestadt Visby verlor diese den Anspruch des ersten Hauptortes der Hanse. Dies fiel nun Lübeck zu.
Diese für die Kaufleute und Bürger Lübecks unerträgliche Eroberung sowie die Beschneidung ihrer Rechte und Errungenschaften machten aus dem Bürgermeister Wittenborg einen Krieger. Unerträglich deswegen, weil die Dänen jetzt auf dem strategisch wichtigen Punkt saßen. Ab sofort waren der Handel mit Pelzen und Wachs sowie der Importeur für Luxusgüter aus Russland empfindlich gestört, wenn nicht sogar gefährdet. Und das wollten die Kaufleute mit all ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln unterbinden.
Unter dem Befehl Wittenborgs griff man mit 27 Koggen und etwa 300 Söldnern und Bürgern Lübecks 1362 Waldemars Flotte an. Wittenborg befehligte die bis dato größte Kriegsflotte der Hanse. Sein Ziel: das Reich des Königs Waldemar IV.
König Waldemar IV. Atterdag von Dänemark
(1321-1375)
Vor der schwedischen Küste kam es dann zu einem direkten Konflikt zwischen Waldemar IV. und Wittenborg. Es ging, und das war allen Beteiligten klar, um das seit über 500 Jahren bestehende und Europa übergreifende Bündnis, welches die Hanse prägte. Einer seiner Truppenführer war sein Freund Brun Warendorp.
Der Krieg gegen Waldemar IV. war nicht von Erfolg gekrönt. Wittenborg und die Bürger Lübecks mussten, genau wie vormals Visby, kapitulieren. Jetzt diktierte der siegreiche König von Dänemark die Bedingungen. Er verlangte hohe Lösegeldforderungen, die Wittenborg mit der Kapitulation und dem Siegel der Hansestadt Lübecks beglaubigte. Die Zusage der Geldforderungen gefiel den Kaufleuten nicht. Zumal jetzt auch der Weg durch die Nordsee von den Dänen versperrt war und dies den Handel