Der Hanseschatz von Lübeck. Hans-Joachim Schmidt

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Der Hanseschatz von Lübeck - Hans-Joachim Schmidt

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für den Seeweg zutraf. Hansen verlangte im Gegenzug einen schriftlichen Vertrag für die Aufteilung der Arbeit nebst seiner Fuhrwerke, die er bereitstellt und des zu erwartenden Gewinns.

      „Menssen, wir müssen noch zum Bürgermeister Wittenborg um das Schreiben beglaubigen zu lassen.“

      „Ist mir klar, Hansen. Nur glaube ich, dass wenn er von dem Salzgeschäft erfährt, er uns einen Strick daraus drehen wird.“

      „Das Risiko müssen wir halt eingehen.“

      „Du hast ja recht. Die Unterschrift muss rauf um diesen Handel amtlich zu machen.“

      Sowie per Handschlag abgemacht, gingen sie zum Schreiber der Stadt Lübeck und setzten eine Urkunde auf.

      Danach gingen sie mit gemischten Gefühlen los und ließen die Urkunde vom Lübecker Bürgermeister Johann Wittenborg beglaubigen, der diese dann, darauf bestand er, in der Trese, dem Tresor der Stadt in der Marienkirche, wegschloss. Diese Trese war mit sieben Schlössern gesichert. Beide wunderten sich im Nachhinein, dass der Bürgermeister keine Fragen stellte.

      Wittenborgs Schweigen konnte auch damit zusammenhängen, dass eine Salzlieferung seines Vaters Hermann nach Schweden und Dänemark von Räubern überfallen wurde. Alle seine Männer wurden getötet, bis auf einen. Dieser konnte die schlechte Nachricht, dass die Männer tot waren und die Salzladung verloren war, bis nach Lübeck zu Hermann Wittenborg tragen.

      Nachbau einer Hansekogge um 1400 mit dem Wappen des Deutschen Ordens in den Segeln. Sie hatte eine Länge von 21 Metern, eine Breite von 7 Metern und wurde aus Eichenholz gefertigt. 1962 wurden beim Ausbaggern der Fahrrinne im Bremer Hafen Teile einer solchen Kogge entdeckt. Jene Kogge soll, so die Vermutung der Archäologen, bei der Sturmflut 1380 gesunken sein. Es ist die einzige Kogge die je gefunden wurde.

      Johann Wittenborg wurde 1321 in der Johannisstraße 9 in Lübeck geboren. Schon sehr früh wurde er von seinem Vater Hermann um die Welt geschickt, um ihn mit den Gegebenheiten des Handels vertraut zu machen. Mit von der Partie war immer der gleichaltrige junge Brun Warendorp (auch Bruno von Warendorp). Zwischen Wittenborg und Warendorp bestand eine lebenslange Freundschaft.

      Seinen Weg zu den Ratsherren ebnete sich Wittenborg durch die Heirat mit Elisabeth von Bardewik, der Tochter eines der einflussreichsten Ratsherren Lübecks. Durch diese Heirat erhielt er Zutritt zur politischen Elite. Mit gerade einmal dreißig Jahren wurde er selbst Ratsherr. Nur reichte ihm das nicht aus, er wollte mehr. Und er sollte seine Ziele erreichen.

      Einige Jahre später kam er für die machtvollste Position Europas infrage. Er wurde Bürgermeister der Hansestadt Lübeck.

      Nun war er der gefragteste Mann der Hansestadt und darüber hinaus. Auch weil der Lübecker Bürgermeister der angesehenste Mann seiner Zeit war.

      Wittenborgs Handelswege reichten nun vom Baltikum bis nach Flandern und London.

      Johann Wittenborg

      Übrigens hatte Hermann Wittenborg ein Handelsbuch geführt, welches sein Sohn Johann weiter führte. Jenes Handelsbuch ist im Original erhalten und befindet sich heute im Archiv der Hansestadt Lübeck. Dass es überhaupt noch da ist, liegt daran, dass man dieses Handelsbuch zu Johann Wittenborgs Lebzeiten vom Rat beschlagnahmen ließ. Ein Glücksfall für die Historiker.

      Auszug einer Seite aus dem Handelsbuch der Wittenborgs. Erledigte Geschäfte wurden von den Wittenborgs selbst ausgekreuzt.

      Auf seinem Weg nach Hause hatte Menssen, wie so oft wieder, ein komisches Gefühl im Magen, weil er die Urkunde beim Bürgermeister zurücklassen musste. Er wusste, dass das nicht gut für ihn war, sie dort zu belassen. Er hätte diese Urkunde lieber bei sich. So kam es, dass er noch am späten Abend beim Bürgermeister vorstellig wurde und die Urkunde für einen Nachtrag, so seine vorgetäuschte Angabe, abverlangte. Er gab sie ihm mit einer Selbstverständlichkeit zurück, der er hätte so nicht nachgehen dürfen. Er betonte allerdings: „Das kann ich ohne Hansen nur so handhaben, weil Sie ein gefragter Kaufmann und Ehrenmann sind.“

      Da ihm der Bürgermeister Johann Wittenborg diese Urkunde ohne Beisein Hansens aushändigte, konnte er sich der Verschwiegenheit des Bürgermeisters sicher sein. Wäre dieser Vertrauensbruch Hansen gegenüber ans Tageslicht gekommen, hätte man ihn und wahrscheinlich auch Wittenborg gelyncht.

      Dass die Salzladung aus Halle jetzt sechs Koggen benötigen würde, bereitete Menssen keine Sorgen. Er selbst besaß fünf dieser neuartigen Schiffe und ein Verwandter aus Hamburg eine weitere Kogge. Er bemühte seinen Neffen Klaus öfters, wenn es um eine größere Ladung ging. Klaus war auch Kaufmann, aber nicht so erfolgreich wie sein Onkel Karl.

      Karl Menssen war in Lübeck nicht der mächtigste Kaufmann seiner Zunft, aber der den man fürchtete. Menssen war nicht gewalttätig, aber da wo er geschäftlich agierte, zogen alle anderen immer den Kürzeren. Hin und wieder wurde ihm deswegen von angeheuerten Schurken aufgelauert und er sollte verprügelt werden. Aber jedes Mal bezogen die Angreifer selbst Prügel von Menssen.

      Als sich Hansen im Juli 1360 mit seinem Track und über 50 Mann Begleitung nach Halle aufmachte, fing Menssen an seine Mannschaft zusammenzustellen und die Route auf dem Landweg zu planen.

      Aufgrund der Machtkämpfe in der Region um Moskau und Kiew gestaltete sich seine Planung etwas komplizierter als erwartet. Die Wege, die jetzt zurückzulegen waren, sind um einiges weiter und die Kosten für den Transport dementsprechend teurer. Hinzu kommt, dass er einen Führer aus der Region bemühen muss, um seine Ware halbwegs heil an den Mann zu bringen.

      Als Hansen nach zehn Wochen immer noch nicht aus Halle zurück war, wurde Menssen unruhig. Denn schon in diesen Transport hatte er viel Geld und einige seiner Männer gesteckt. Seine Männer deswegen, weil er dem Hansen einfach nicht über den Weg traute. Deswegen bestand Menssen darauf, dass eben 20 seiner besten Männer den Transport nach Halle begleiten sollten.

      Mit vier Wochen Verspätung trudelte Hansen endlich mit den Ladungen Salz in Lübeck ein. Er und Menssens Leute berichteten von zwei Überfällen, was ein pünktliches Erscheinen unmöglich machte. Da nun auch die Ladung unberührt eintraf, machte er trotzdem einen zufriedenen Eindruck.

      „Hansen, wir müssen die Ladung zwischenlagern. Ich kann unmöglich jetzt los.“

      „Warum nicht, Menssen?“

      „Wir haben Anfang November, ich würde dann bei Eiseskälte in Russland landen. Vor März geht gar nichts.“

      „Dann kommen ja wieder Kosten auf uns zu.“

      „Ja, leider. Aber das werden wir schon hinbekommen.“

      „Wenn ich fragen darf: wie?“

      „Noch habe ich eigene Lagerkapazitäten frei. Du musst halt nur dafür Sorge tragen, dass sich keiner daran vergreift.“

      Als jetzt noch Hansen im Gegenzug darauf bestand, dass auf jedes der sechs Schiffe zehn seiner Mannen als Begleitung mit sollten, gab Menssen bekannt, dass alle Plätze für die Überfahrt nach Russland belegt seien. Er gab ihm aber die Option, dass, wenn er ein weiteres Schiff auf eigene Kosten anheuerte, er gern bereit sei, dem zuzustimmen.

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