Mechanical. Jay Baldwyn

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Mechanical - Jay Baldwyn

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Gelegenheitsjobs wie Kellnern und Putzen durchschlagend. Kein Wunder, dass ihre Tochter alsbald das Weite gesucht hatte, um alleine ihr Glück zu machen. Seit einem Jahr hatte Rosalind nichts mehr von ihr gehört. Und sie durchlief jedes Mal eine heiße Welle, wenn sie an ihre Aufsichts- und Fürsorgepflicht dachte.

      An diesem Abend klopfte es an der Tür, und ein Nachbar teilte ihr mit, dass sie am Telefon verlangt werde. Rosalind zog sich schnell ihren speckigen Morgenmantel über und fragte sich, wer da etwas von ihr wollte.

      „Ach, du bist es, Ethel“, rief sie in die Muschel des Apparats, als sie die Stimme ihrer Freundin erkannte. „Was gibt’s denn so Dringendes, das nicht bis morgen Zeit hat?“

      Sie lauschte und wurde zunehmend blasser im Gesicht.

      „Das gibt’s doch nicht … Wo sagst du, hast du sie gesehen? Und du bist ganz sicher, dass sie es war?“

      „Also hör mal, ich werde doch noch deine Tochter erkennen“, tönte es vom anderen Ende der Leitung. „Obwohl ich zweimal hinsehen musste. Sie war praktisch nackt. Und das in dieser Umgebung. Nein, dass sie soweit sinken würde …“

      „Ethel, hör mal, versprich mir, niemandem davon etwas zu erzählen. Wer hat sie denn sonst noch außer dir gesehen?“

      „Stewart natürlich, aber der quatscht nicht, das weißt du ja. Und was willst du jetzt tun?“

      „Na, was wohl? Hingehen und sie da rausholen. Die kann ihr Blaues Wunder erleben …Also gut, Ethel, danke fürs Bescheid sagen. Ich werde morgen Mr. Smith absagen, hoffentlich hat das keine Konsequenzen, ihm kann ich in letzter Zeit sowieso nichts mehr recht machen … Ja, du hörst dann von mir, bye.“

      Rosalind packte noch am selben Abend ihre Handtasche und graulte sich schon vor der längeren Fahrt. Aber was sein musste, musste eben sein.

      Inzwischen war das Ensemble von James Marchs Kuriositätenkabinett komplett, und alle hatten ihre Zimmer im Anbau des Showroom bezogen. Während James und Tallulah zusammen mit den anderen Mädchen ganz oben residierte, wohnten Prinz Piccolo, die anderen Liliputaner, der Bauchredner Rupert Murdock, „Jane“ mit ihrem parasitären Zwilling, der Wolfsmensch „Lupo”, „Florinda“ - die Krötenfrau und der “Hautmensch” Basil, eine Etage tiefer. Im Erdgeschoss schließlich hatten sich der Allesschlucker, Archibald, der „Kunstfurzer“, Blow, und die „fette Susie“ angesiedelt.

      Vier Tage nach der feierlichen Eröffnung von James’ großspurig genanntem Wonderland kam es zum Eklat. Der „Prinz“ in Frack und Zylinder, mit seinem gelben Gesicht, faltig, greisenhaft und kindlich zugleich, forderte die Schaulustigen mit seiner piepsigen Stimme zum Nähertreten auf, während Tallulah und ihre Kolleginnen sich lasziv in ihrem Hauch von Kostüm auf der schmalen Bühne räkelten, als eine beherzte, etwas übergewichtige Dame einen schrillen Schrei ausstieß.

      „Tallulah, komm sofort da runter!“

      In dem Moment stürzte sie auch schon auf die (Vor-) Bühne und versuchte, ihre Tochter unter dem Gejohle des dicht gedrängten Publikums, herunterzuzerren.

      „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Du hast ja gar nichts an.“

      „Mama, es ist peinlich, wie du dich hier aufführst, merkst du das nicht?“ war Tallulahs Kommentar.

      „Du sollst sofort mitkommen, habe ich gesagt.“

      Wegen der Halsstarrigkeit ihrer Tochter scheute Rosalind Van Dyke nicht davor zurück, ihre Handtasche einzusetzen und damit Tallulah zu attackieren, was schallendes Gelächter der Zuschauer zur Folge hatte.

      Da der „Prinz“ aufgrund seiner geringen Körpergröße keine Chance hatte, der resoluten Dame Einhalt zu gebieten, sah sich James genötigt, seine abwartende Position aufzugeben.

      „Das ist gut, das sollten wir jeden Abend ins Programm einbauen. Sie sind ja ein Naturtalent“, sagte er freundlich.

      Die verdatterte Rosalind vergaß für einen Moment, auf ihre Tochter einzuschlagen. James nutzte die Gunst der Minute. „Darf ich Sie in mein Büro bitten, Ma’am? Dort können wir ungestört reden.“

      „Aber du kommst mit“, keifte Rosalind.

      „Ma’am, das geht doch nicht. Die Leute haben bezahlt und wollen etwas sehen für ihr Geld. Aber ich verspreche Ihnen, Leilah wird sofort nach der Vorstellung zu uns stoßen. Bis dahin trinken wir einen Kaffee mit einem tüchtigen Schuss Kognak.“

      „Leilah? Ich höre wohl nicht recht. Nennt sich das Flittchen jetzt etwa Leilah?“

      „In unserem Gewerbe ist es üblich, mit Künstlernamen zu arbeiten, Ma’am. Es lohnt nicht, sich darüber aufzuregen.“

      Der Charme von James und der in Aussicht gestellte Kognak zeigten erste Wirkung. Es war schon eine Weile her, dass ein Mann sie derart zuvorkommend behandelt hatte. Schließlich hätte er sie ja auch achtkantig von der Bühne werfen können. Aber James war klug genug, den Ernst der Lage zu erkennen. Polizei konnte er sich im Augenblick nicht leisten, damit sein schöner Traum nicht zerplatzte.

      Während draußen die Vorstellung unter lauten Beifallsrufen im Gange war, saßen James und Rosalind in dem stickigen kleinen Büro. Und es wurde mehr als ein Kognak getrunken, denn bei dieser Gelegenheit stellte sich heraus, dass Tallulah gerade mal achtzehn Jahre alt war, und somit noch lange nicht volljährig.

      „So ein kleines Luder, mich derart zu beschwindeln“, sagte James.

      „Haben Sie sich denn nicht ihre Papiere zeigen lassen?“

      „Das ist in unserer Branche nicht üblich, Ma’am, da geht alles mit Handschlag. Und Sie müssen zugeben, dass ihre Tochter wesentlich reifer aussieht und für ihr Alter kolossal entwickelt ist.“

      „Ja, das ist bei der Art, wie Sie sie präsentieren nicht zu übersehen. Verstehen Sie mich nicht falsch, nicht dass ich prüde bin, im Gegenteil.“ Rosalind senkte für einen Moment beschämt den Blick, beinahe wie ein Teenager. Sie musste sich eingestehen, dass ihr der Kerl ausnehmend gut gefiel. Wenn sie nur ein paar Jahre jünger gewesen wäre …

      „Aber sie ist ja fast noch ein Kind, meine Tallulah.“

      „Ihren früheren Arbeitgeber, den Barbetreiber, schien das nicht gestört zu haben. Oder wussten Sie nicht, dass …?“

      Rosalind räusperte sich.

      „Ich muss gestehen, dass ich sie etwas aus den Augen verloren habe. Sie war immer schon ein sehr wildes Kind, und nach meiner Scheidung … Ach was soll’s. Sie ist mir durchgebrannt, das Miststück. Halb verrückt bin ich vor Sorge gewesen. Man hat ja schließlich eine Verantwortung als Mutter. Na ja, und gestern habe ich dann einen Anruf von einer sogenannten Freundin gekriegt. Ich solle doch mal nach Coney Island fahren. Dort würde eine Nackte mit Tallulahs Gesicht auf der Bühne stehen.“

      „Na, ganz nackt ist sie ja nicht. Das wäre auch verboten.“

      „Ich weiß, ihr Schausteller habt da so eure Tricks, und die Kerle sehen nur, was sie sehen wollen, aber trotzdem …“

      „Ja, was machen wir denn nun, Ma’am?“

      „Hach, wenn Sie Ma’am sagen, geht es mir jedes Mal durch und durch. Sie können aber auch einen Charme versprühen. So langsam kann ich Tallulah verstehen

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