Mechanical. Jay Baldwyn
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Mr. Magic hieß mit bürgerlichem Namen Thadeus Wolinski und war in einem kleinen polnischen Dorf geboren worden. Schon als kleiner Junge hatte er als Einziger in der Familie nicht nur großes Interesse, sondern auch Begabung für Zauberkunststücke gezeigt. Nach jahrelangem Üben hatte er es zu einer gewissen Meisterschaft gebracht und war weit über die Grenzen seines Landes berühmt geworden. Sein Verhältnis zu seiner Assistentin Elsa hatte er recht bald durch eine Heirat legalisiert, damit sie ihm nicht von einem Anderen vor der Nase weggeschnappt wurde und damit auch als Bühnenpartnerin ausfiel.
Beide waren nach spektakulären Auftritten in ganz Europa dem Ruf nach Amerika gefolgt. Dort hatte er seinen Künstlernamen Thawo kurzerhand in Mr. Magic geändert. Nach einem längeren Gastspiel im Steeplechase Park hatte Wolinski beschlossen, sich auf Coney Island dauerhaft anzusiedeln und zu diesem Zweck ein etwas heruntergekommenes Etablissement schräg gegenüber von James March gekauft, dessen einzige und großartige Attraktion er künftig sein wollte. Neben dem Showroom, in dem er seine Vorstellungen gab, konnten die Besucher sich auch an „verzauberten“ Räumen erfreuen, die nicht mehr als etwas größere Kammern waren, aber die unterschiedlichsten Überraschungen zu bieten hatten. So fanden sich Besucher mitunter in einem ganz anderen Bereich des Hauses wieder, nur indem sie durch eine Tür gegangen waren. Wie sie dabei eine Distanz von etlichen Metern überwanden, blieb eines der vielen Geheimnisse von Mr. Magic.
Der unergründliche Pole, der ausgesprochen attraktiv war, wie es oftmals den Angehörigen dieser Nation zueigen ist, eroberte die Herzen der Damen im Sturm. Nicht nur sein ansprechendes Äußeres, sondern auch die geheimnisvolle Aura ließ so manche Zuschauerin vor Wonne und heimlichem Grusel in Ohnmacht sinken.
Sein Zauberkabinett „House of Magic“, in dem auch die unterschiedlichsten Artikel für den Hausgebrauch angepriesen wurden, erfreute sich großer Beliebtheit und sorgte für lange Schlangen vor dem Eingang. Sehr zum Verdruss von James March.
Ein weiterer ärgerlicher Umstand war die Schönheit von Elsa Wolinski, die ohne anzügliche Aufmachung auskam, und allein durch ihren Liebreiz und ihre wahrhaft zauberhafte Ausstrahlung ebenfalls den Männern leuchtende Augen bescherte. Damit schlug sie sogar James’ Schönheitstänzerinnen, und Tallulah musste sie als ernsthafte Konkurrenz begreifen.
Als Tallulah schwanger wurde, ein Anlass, der normalerweise Freude aufkommen ließ, fühlte sie sich viel zu jung für eine Mutterschaft. Die Warnung Pythias hatte sie längst vergessen. Auch Rosalind konnte sich mit dem Gedanken, Oma zu werden, nicht recht anfreunden. Sie kannte ihre Tochter zu gut und hatte absolut keine Lust, sich noch einmal mit schmutzigen Windeln und Babygeplärr zu befassen.
James war hin- und hergerissen. Einesteils konnte er nicht erwarten, einen Stammhalter zu bekommen, denn das es ein Junge werden würde, stand für ihn fest, andernteils sah er mit Sorge der Zeit entgegen, wenn Tallulah aufgrund ihrer Körperfülle nicht mehr auftreten können würde. Wer wollte schon eine halbnackte Schwangere sehen? Und so weit, Tallulah in seine Freakshow einzubauen, wollte er nicht gehen. Das hätte sie auch nie mitgemacht. Ihm würde also seine Hauptattraktion ausfallen. Die anderen Mädchen waren zwar auch knusprig und hatten ihre Verehrer, aber einen solchen Erfolg wie Tallulah konnten sie nicht vorweisen. In dieser Hinsicht hatte James sich nicht geirrt.
Sein Irrtum bestand darin, aus Tallulah eine durchschnittliche Ehefrau und Mutter machen zu wollen, denn dazu war sie nicht geboren. Dementsprechend übel gelaunt war sie in der Zeit ihrer Schwangerschaft. Sie musste sich ständig übergeben und ganze Tage im Bett verbringen, so elend fühlte sie sich. Was noch deutlich zunahm, als sie sich durch ihren dicken Bauch aus dem Geschäft zurückziehen musste.
Rupert Murdock sorgte für ambivalente Stimmung in der Showtruppe. Auf der Bühne hatte er großen Erfolg mit Charlie, der durch ein mechanisches Getriebe funktionierte. Mittels eines Aufziehschlüssels konnte man wie bei einem Uhrwerk eine Spiralfeder aufziehen. Ebenso funktionierten auch andere Spielzeuge zum Aufziehen wie Lokomotiven, Autos und Tiere, bei denen später Elektromotoren Verwendung fanden. Dieser Antrieb eignete sich allerdings nicht für Charlie, der kein Motorengeräusch, sondern eine menschliche Stimme hören lassen sollte.
Bauchredner, Murdock, gelegentlich auch als Ventriloquist bezeichnet, ein Begriff, der aus den lateinischen Wörtern für Bauch und Reden zusammengesetzt ist, manipulierte seine Stimme in einer Art, dass sie von einer anderen Person, in dem Falle der Puppe, oder aus einer anderen Richtung zu kommen schien.
Es galt als eine Kunst, Worte ohne Bewegung des Mundes hervorzubringen, denn die Stimme beim Bauchreden kam keinesfalls aus dem Bauch. Man unterschied vielmehr zwischen „Kieferlauten“ und „Lippenlauten“. Bei Kieferlauten wie a, e, i, o, u, l, s musste lediglich der Kiefer bewegungslos gehalten werden, ohne die Lippen zu bewegen. Die schwierigeren Lippenlaute wie b, p, f, m, w kamen durch Zunge und Gaumen zustande und erforderten sehr viel Übung.
Charlie rief aus mehreren Gründen Irritationen hervor. Niemand hatte jemals beobachtet, wie er mittels eines Schlüssels aufgezogen wurde. Auch sein Herumlaufen im Haus unter der Verursachung von etwas unheimlichen Geräuschen machte vielen Angst. Einer der Zwerge wollte ein Gespräch zwischen Murdock und Charlie mit angehört haben. Ein Umstand, der viele an Murdocks Verstand zweifeln ließ.
„Du darfst mir heute Abend keine Schande machen, versprichst du mir das?“, hatte er Rupert Murdock sagen gehört.
„Ja, Daddy“, war die Antwort in der etwas höheren Tonlage, mit der Charlie „sprach“.
„Viele denken nämlich, dass du der Andere bist, aber wir wollen ihnen doch beweisen, dass es nicht so ist. Deshalb musst du dich heute mehr wie eine Puppe bewegen, und nicht so natürlich wie sonst. Sei etwas abgehackter in deinen Gesten, auch wenn du läufst. Du weißt ja, wie es bei dem Anderen aussieht.“
„Ja, Daddy, mach ich. Du kannst dich auf mich verlassen. Charlie will doch, dass Daddy Erfolg hat und glücklich ist. Aber diesem Master March sollte man mal eine Lehre erteilen. Er ist kein guter Mensch. Und was ich von dem Anderen halten soll, weiß ich auch nicht. Ich glaube, der tut nur so als sei er gut.“
Charlie glich nämlich in fataler Weise „Prinz Piccolo“, sodass beim Publikum der Verdacht aufkam, Murdock wiege statt der Puppe den Zwerg auf seinen Knien. Etwas, was der Prinz freilich nie zugelassen hätte. Er hasste im Gegenteil Murdock und seine Puppe, weil er sich durch das Aussehen und die piepsende Stimme nachgeäfft fühlte. Deshalb boykottierte er auch mitunter den besonderen Knalleffekt, neben der Puppe auf der Bühne zu erscheinen, um den Gerüchten einer Verwechslung entgegenzutreten. Damit schadete er aber weniger Murdock als James March, der ihn anschließend jedes Mal scharf zur Ordnung rief. Rupert Murdock hingegen verscherzte es sich bei James, indem er auffallend oft in der Nähe von Tallulah gesehen wurde. Besonders in der Schwangerschaft, als sorge er sich um das Wohl der Mutter und des Embryos.
Die Wehen zogen sich über etliche Stunden hin, und Tallulah musste unerträgliche Schmerzen ertragen. In diesen Momenten begann sie, das Ungeborene zu hassen, und auch James als eigentlichen Verursacher ihres Zustands. Als der kleine Joe endlich geboren war, zeigte Tallulah von Anfang an kein Interesse an dem Kind. Fortan oblag es Rosalind, sich um den Kleinen zu kümmern; was sie auch tat, ohne ihrerseits die rechte Liebe für den Säugling aufbringen zu können.
Kurz nach der Geburt kam es zu einem erneuten Eklat. James waren Gerüchte zu Ohren gekommen, dass in Wahrheit Rupert der Vater des kleinen Joe sei. Wutentbrannt stellte er Murdock in Anwesenheit von Tallulah zur Rede.
„Was ist dran an dem Gerede? Hast du dich heimlich an meine Frau herangemacht, du Schwein?“
„Und