Der verschwundene Vater. Michael Aulfinger

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Der verschwundene Vater - Michael Aulfinger

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elf Uhr. Sie sah sich um. Von Bernd war keine Spur. Er wird wohl schon im Bett liegen, dachte sie während des Gähnens. Mit verschlafenem, tap­sigen Schritt ging sie die Treppe zum Schlafzimmer hinauf. Dort angekommen knipste sie leichthändig den Lichtschalter an. Sie wollte gerade zu ihrer Bettseite gehen, als ihr Bewußtsein verstand, daß Bernds Seite unbenutzt war.

      Wo mochte er sein?

      Sonst war er nie so lange unterwegs. Schon gar nicht mitten in de Arbeitswoche. Und wenn, rief er vorher an. Das kam aber höchst selten vor. Die Telefone zeigten keinen Anruf an. Sie setzte sich in das Wohnzimmer und wartete. Als sie meinte, lang genug gewartet zu hatte, griff sie nach dem Telefon und wählte die bekannte Nummer von Stefan. Als sie auf die Uhr sah, bekam sie sogleich ein schlechtes Gewissen, denn Ste­fan mußte am nächsten Morgen sicherlich wieder früh auf der Arbeit erscheinen.

      Nach fünfmaligem läuten, meldete sich eine verschlafen klingende Stimme.

      „Jaaa....“

      „Stefan, bist du das? Hier ist Cordula.“

      „Ja, ich bin’s. Was gibt’s. Ich habe schon geschlafen.“

      „Oh, das tut mir leid. Ich wollte nur wissen, ob Bernd noch bei dir bastelt. Weil er noch nicht zu Hause ist.“

      „Natürlich ist ist er nicht mehr hier. Die Reparatur des Computers ging schnell und war ein kleines Problem. Ich hatte mir da einen blöden Virus beim surfen eingefangen. Aber für Bernd kein Problem. Du kennst ihn ja. Er bekommt sowas schnell wieder hin.“

      „Dann ist ja gut. Wann ist er denn gegangen?“

      „Das ist schon lange her. Er war nur eine Stunde bei mir. So gegen neun ist er wieder los. Ist er noch nicht zurück?“

      „Nein, ich dachte er wäre noch auf ein Bier bei dir geblieben. Das ihr euch einfach fest gequatscht habt, und darüber den Sinn für die Zeit verloren hättet. Hast du sonst eine Ahnung wo er sein könnte? Hatte er was gesagt?“

      „Es tut mir leid, aber ich weiß wirklich nicht, wo er ist.“

      „Dann entschuldige die Störung. Schlaf weiter. Gute Nacht.“ Noch bevor Stefan sich am anderen Ende verabschiedete und auflegte, beschlich Cordula ein enorm schlechtes Gefühl. An Schlaf war von nun an nicht mehr zu denken. Panik ergriff sie.

      War ihm etwas passiert?

      Sowas hat er noch nie gemacht.

      Das war nicht Stefan, das sah ihm nicht ähnlich.

      Sie versuchte sich zu beruhigen, indem sie sich einredete, daß er irgendwo in einer verqualmten Kneipe versackt wäre. Aber auch das tröstete sie wenig, weil sie ihn kannte. Spät Abends in einer stinkenden Kneipe zu saufen war gar nicht sein Stil.

      Da fiel ihr etwas ein.

      Mit einem Sprung ging sie zur Kommode im Flur. Wenn er zu Hause war, deponierte er immer in der zweiten Schublade seine Brieftasche mit allen Papieren, sowie sein Portemonnaie. Auch wenn es ihr widerstrebte ihn zu überprüfen, tat sie es dennoch.

      Beides war vorhanden. Mit zitternden Fingern kontrollierte sie alle Fächer. Alles war ordentlich hinterlegt, wo es hingehörte. Personalausweis, Krankenversicherungskarte, EC-Karte, Visa-Karte, Bargeld, Führerschein, einfach alles. Es fehlte nichts. Was sie außerdem in der Schublade entdeckte, war etwas, womit sie gar nicht gerechnet hatte. Bernd hatte sein Handy liegen lassen.

      Cordula Pfaff wurde immer nervöser. Dann fiel ihr nur noch ein Wort ein.

      Polizei.

      Mit zitternden Händen wählte sie die Nummer. Als der wachhabende Beamte sich gemeldet hatte, fing sie sogleich aufgebracht an, über das Vorgefallene zu erzählen.

      „Beruhigen sie sich.“ Die Stimme des Polizisten am anderen Ende der Leitung wurde ein wenig forscher. „Ich nehme ihre Anzeige auf, kann aber nicht versprechen, daß wir fündig werden. Viele Leu­te verschwinden, und sind am nächsten morgen – nach einer irgendwie versumpften Nacht - mit dickem Kopf wieder aufgetaucht. Warten sie deshalb erstmal morgen früh ab. Dann klärt sich wahr­scheinlich alles wieder auf.“

      Der Polizeibeamte kannte Cordula aber nicht. So einfach abspeisen ließ sie nicht nicht.

      „Hören sie einmal genau zu,“ rief Cordula laut in den Hörer. „Ich kenne meinen Mann genau, und kann ihnen mit Bestimmtheit sagen, daß er keiner ist der sich nachts in einer Spelunke den Frust über seine Frau herunter säuft. Wir führen eine überaus glückliche Ehe. Er wollte nur kurz zu seinem Freund, wo er auch war. Ab neun Uhr ist er verschwunden. All seine Papiere und sein Handy sind noch hier. Er irrt irgendwo ohne Geld herum. Oder es ist ihm etwas schlimmeres passiert. Können sie nicht nach ihm forschen? Wir zahlen schließlich auch Steuern.“

      Das saß. Der Polizist wurde mit einem Mal dienstfreudiger.

      „Wissen sie was? Ich prüfe nach, ob ihr Mann irgendwo aufgefunden, oder in einer umliegenden Notaufnahme eines Krankenhauses eingeliefert wurde. Ihre Telefonnummer habe ich hier auf dem Display. Ich rufe sie an, wenn ich näheres weiß. Ist das in Ordnung?“

      „Ja,“ schluchzte Cordula. „Danke schön.“

      Sie legte auf. Auch wenn sie krankhaft versuchte, sich zu beruhigen, es mochte ihr nicht gelingen. Irgend etwas in ihrem Innern sagte ihr fortwährend, daß schreckliches geschehen sei.

      Die nächste Stunde wurde sie immer nervöser. An Schlaf war nicht zu denken, und die Ablenkung durch den Fernseher war so sinnlos, wie einen Eisblock in der prallen Sonne stehen zu lassen.

      Sie lief auf und ab. Immer wieder erwischte sie sich dabei, wenn sie erwartungsvoll zum Telefon starrte.

      Endlich klingelte es. Die Uhr zeigte inzwischen schon halb zwei an. Der vorherige Beamte war am Hörer. Nach einer kurzen Begrüßungsfloskel kam er gleich auf den Grund zu sprechen.

      „Ich kann sie beruhigen. Nirgendwo wurde ein Mann nach ihrer Beschreibung aufgefunden. Schlafen sie jetzt erstmal. Morgen früh wird er bestimmt wieder auftauchen. Sie werden sehen. Dann war all die Aufregung umsonst.“

      Trotz seiner beschwichtigen.Worten, konnte sich Cordula nicht beruhigen. Sie fühlte sich kraftlos, so daß sie dem Polizisten nicht antwortete. Mehr als einen kurzen Abschiedsgruß brachte sie nicht hervor. Ihre Sorgen machten ihr arg zu schaffen.

      An Schlaf war nicht zu denken. Und dennoch vergingen die Stunden. Lang und zäh zogen sie sich hin, bis die ersten Sonnenstrahlen über die Baumwipfeln hervortraten.

      Als die Morgendämmerung eintrat, weckte sie die Kinder. Cordula verschwieg ihnen ab­sichtlich, daß deren Vater vermißt war. Dennis und Sonja waren nicht mit Dummheit geschlagen, deshalb merkten sie sofort, daß der Morgen nicht in geregelten Bahnen lief.

      „Wo ist Vater?“

      „Schon los.“

      Mehr antwortete Cordula nicht. Sie war sich sicher, daß die Kinder ihr diese Notlüge nicht abnahmen. Dennoch schwiegen sie, aßen ihr Frühstück mit strengen Mienen und verabschiedeten sich zur Schule. Der Abschied fiel denkbar kühl aus. Was sollte Cordula denn sagen? Vielleicht klärte sich bald wirklich alles auf, und Bernd kam sogleich quietschfidel um die Ecke. Genauso wie der Polizist es ihr am Telefon geweissagt hatte. Vielleicht aber auch nicht, und für

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