Der verschwundene Vater. Michael Aulfinger

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Der verschwundene Vater - Michael Aulfinger

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zu erfahren, ob es Neues gab. Sie wohnte in Berlin, so daß es selten Möglichkeiten eines Besuches gab. Zwei mal im Jahr, mehr sahen sie sich nicht. Als Cordula beinahe eine halbe Stunde ihr Herz ausgeschüttet, und die Mutter geduldig zugehört hatte, klingelte es an der Tür.

      „Ich rufe dich später nochmal an. Okay?“

      Die Mutter bejahte, so daß das Gespräch abrupt beendet wurde, und Cordula zur Tür ging. Nach dem obligatorischem quietschen der Tür, erspähte sie zwei Polizeibeamte. Sofort erschreckte sie sich, denn sie befürchtete das schlimmste. Zwar war den Beamten keinerlei Gefühlsregung an den Gesichtern abzulesen, doch konnte es nur eines bedeuten. Das wurde ihr sofort klar:

      Bernd war tot.

      „Frau Cordula Pfaff?“

      „Ja.“ Beim aussprechen des Wortes fühlte Cordula, wie ihr Blut direkt nach oben in den Kopf schoß. In diesem Moment wußte sie alles.

      „Treten sie bitte ein.“ Cordula konnte sich später nicht mehr daran erinnern, diesen Satz gesprochen zu haben. Zu unwirklich wirkte alles auf einem Mal.

      „Wir sind gekommen,“ sprach der ältere Beamte mit dem Schnurrbart als er im Wohnzimmer stand, „um sie bitten mit uns in die Gerichtsmedizin zu fahren.“

      „Warum?“

      Wieder eine Frage, die sinnlos daherkam, da sie die Antwort bereits wußte.

      „Es tut mir leid, es ihnen zu sagen, doch haben wir einen Torso eines männlichen Körpers gefunden, bei dem wir sie bitten diesen zu identifizieren. Es könnte sich um ihren Mann handeln. Einige Indizien weisen darauf hin.“

      Um Cordulas Kopf drehte sich alles. Schwindelig war ihr. Die Beamten sahen, wie ihr vorher aufrechter Körper hin und her schwankte, wie der eines zierlichen Menschen auf hoher tobender See auf den Planken eines kleinen Schiffes.

      „Setzen sie sich bitte.“

      Diese Worte bekam Cordula gar nicht mit. Es brauchte Minuten, bis sie die wieder klar denken konnten. Denn zuerst hatten sich die nebligen Zustände in ihrem Kopf verbreitet. Der geistige Nebelschleier hatte sich schließlich ganz gelichtet.

      „In Ordnung. Gehen wir.“

      In dieser Nacht war an einschlafen nicht zu denken. Ständig dachte sie an den Anblick, der ihr leider nicht erspart blieb. Es wurde zum schrecklichsten Moment ihres Lebens. Dieser leblose Körper ohne Gliedmaßen.

      Als man sie gebeten hatte einen Blick auf die Brust des Torsos zu werfen, zwang sie sich dazu nach einem bestimmten Punkt zu suchen. Nichts anderes wollte sie erblicken. Keine Stümpfe oder andere brutalen Stellen. Nur eine Pigmentstörung interessierte sie, die Bernd Zeit seines Lebens schräg unterhalb der linken Brustwarze gehabt hatte. Daran konnte sie sich gut erinnern.

      Sie zwang sich dazu konzentriert darauf zu achten, denn sie wollte sicher sein. Kein Fehler sollte ihr dabei unterlaufen. Es ging um die vollkommene Gewißheit. Nach Sekunden des Schweigens schnellte ihr Kopf zurück. Sie drehte sich um, und schüttelte den Kopf, als sie den Hauptkommissar Ulrich Doren ansah. War Enttäuschung in seinem Blick? Hatte er gedacht, oder gar gehofft, durch ihr Nicken einen mysteriösen Fall schnell aufklären zu können? Da mußte sie ihn leider enttäuschen. Sie war glücklich, daß vor ihr nicht Bernds Torso gelegen hatte.

      Ihre Freud, des Kommissars Leid.

      Doch war sie wirklich glücklich darüber? Nein, daß konnte sie nicht sein, denn die Ungewißheit über sein Verbleiben hing hartnäckig an ihr. Es wurde nicht besser, allenfalls schlimmer. Jetzt wußte sie nur mit Bestimmtheit, daß die Leiche vor Ihr nicht die ihres Mannes war. Er konnte trotzdem tot sein.

      Lebte er noch?

      Wo war er?

      Warum tust du uns das an?

      Fragen über Fragen, quälten sie Tag für Tag, Stunde für Stunde. Ja nicht nur jede Minute, nein, sogar jede Sekunde dachte sie nur an ihn.

      Stundenlang lag sie wach, bis der Wecker erklang, und sie der karge Alltag ohne Ehemann wieder in seinen unbarmherzigen Krallen hatte.

      Tage später klingelte es an der Tür. Wie erwartet stand Bettina vor dieser. Sie war mit die beste Freundin Cordulas und ein Mensch mit dem sie alles bereden konnte.

      Es war schon Abends und das Nachtessen bereits vorbei. Es hatte sich so zugetragen, wie es all die Wochen vorher auch schon ablief. Dennis und Cordula aßen alleine, während sich Sonja stillschweigend ihr Essen aus der Küche geholt, und sich klammheimlich wieder in ihr Zimmer begeben hatte.

      Nach einer Umarmung setzten sich die Freundinnen in das Wohnzimmer. Zuerst tranken sie einen Kaffee. Danach wurde eine Flasche Wein geöffnet. Ihre Gespräche drehten sich nur um ein Thema. Um den verschwundenen Vater und Ehemann.

      „Ich kann nicht mehr, Bettina. Es geht einfach nicht mehr. Diese nervliche Anspannung macht mich kaputt. Ich kann nicht mehr schlafen. Dazu der Streß mit den Kindern, sowie die quälende Ungewißheit.“

      Bettina hatte Mitleid. Langsam nahm sie die Hand der Freundin zwischen ihren und drückte sie leicht.

      „Das glaube ich dir. Wenn du Hilfe brauchst, so sage es nur.“

      „Danke, ich komme darauf zurück. Es hilft mir schon, jetzt mit dir darüber zu reden. Mit Sonja kann ich gar nicht mehr sprechen. Sie blockt total ab. Dennis verhält sich sehr tapfer für sein Alter. Aber auch um ihn und Sonja mach ich mir Sorgen. Welche Konsequenzen hat das verschwinden ihres Vaters auch auf deren späteres Leben? Werden sie einen seelischen Schaden davon tragen? Ich weiß es nicht, aber es kann gut sein. Bei Scheidungskindern ist es ja auch so.“

      Cordula machte eine Pause. Ein verweintes Schluchzen konnte sie nicht mehr unterdrücken. Es mußte hinaus. Bettina tätschelte ihr den Rücken.

      „Mach dir jetzt darüber keine Gedanken. Das kannst du noch immer tun, wenn Bernd wieder da, und die Geschichte vorbei ist. Sonst machst du dich nur kaputt.

      Jetzt geht es aber auch nicht nur um Bernds Verschwinden, und um die Kinder. Jetzt geht es auch um dich. Ich sehe ja auch, wie du dich zermürbst, wie das alles zuviel für dich wird. Denke auch mal an dich selbst. Gehe am besten morgen zum Arzt. Laß dir psychiatrische Hilfe verschreiben. Ich sehe doch wie nötig du fachliche Hilfe brauchst.“

      „Danke, aber das brauche ich nicht. Es hilft schon, wenn du mir einfach zuhörst, und ich mich mal ausreden kann. Außer mit meiner Mutter habe ich noch mit niemanden so gesprochen wie mit dir. Du bist mir jetzt schon eine Hilfe. Du weißt gar nicht, wie gut mir das tut. Gerade in solchen Situationen kann man feststellen, wer die wahren Freunde sind. Es gibt da Leute, von denen habe ich nicht gedacht, daß sie mir nicht helfen wollen. Das einzige was sie interessiert ist, ob Bernd wieder da ist. Aber nur aus dem Grunde um in anderen Kreisen eine interessante Geschichte auftischen zu können. Ansonsten sind sie keine wahren Freunde. Da sieht man mal, wie man sich in Menschen täuschen kann.“

      „Ja, ich verstehe was du meinst. Diese Erfahrung habe ich leider auch schon dutzendmal machen müssen. So sind die Menschen eben. Wenn du Hilfe brauchst, dann komme ich gerne wieder, oder du kommst ein paar Tage zu uns. Ja, das wäre doch eine gute Idee. Wir haben ein Zimmer für dich frei. Was hältst du davon?“

      „Gute Idee, und danke für das Angebot. Aber die Kinder. Sie müssen zur Schule, und Bernd kann

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