Beautiful Soup. Katja Pelzer

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Beautiful Soup - Katja Pelzer

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und sie hat schon des Öfteren welchen für mich gebacken. Sensationell kann sie den. Mit gerösteten Mandeln. Das ganze schmeckt dann ein bisschen wie gebrannte Mandeln. Dazu gibt’s Vanillesauce oder Vanille-Eis, je nach Saison. Echtes Soulfood. Natürlich hat April das Rezept von ihrer Mutter und die hat es von ihrer. Und wahrscheinlich kommt es ursprünglich mal aus England, denn von dort kamen die Vorfahren von April. Das April nach Deutschland gekommen ist liegt daran, dass ihr Vater gestorben ist, als sie noch ein Teenager war und ihre Mutter dann ausgerechnet einen Hamburger geheiratet hat, der sie und April mit nach Deutschland gebracht hat, wo sie dann auch geblieben sind. Und wo April dann schließlich an der Uni zu Köln ihren Mann Tim kennengelernt hat.

      Und da ist sie nun. An American in Cologne.

      Mich jedenfalls durchströmte jener ungekannte Enthusiasmus, als ich beschloss dieses Seminar zu besuchen.

      Ich dachte mir, mit Python könnte ich dem mit Begrifflichkeiten aus der Biosphäre geschönten Cyberspace näher auf die Pelle rücken und noch besser mit dem Internet zurechtkommen – mit seinen Datenbergen und „Wolken“. Außerdem wollte ich etwas Naturwissenschaftliches lernen, um meinen Mann zu verstehen, also zumindest seine Art des Denkens. Und damit eine Gemeinsamkeit zu schaffen. Ja, und vielleicht wollte ich ihn auch ein bisschen damit beeindrucken. Möglicherweise. Weil er sicher mit allem gerechnet hat, aber nicht damit, dass ich programmieren lernen würde. Das überraschte ihn vermutlich genauso wie mich.

      Ich hatte unterdessen das Gefühl zu neuen Ufern aufzubrechen. Neue Länder zu entdecken. Ja, ein ganz neues Kapitel in meinem Leben aufzuschlagen. Und so schlug ich also ein neues Kapitel in meinem Leben auf.

      Der erste Mittwoch meines Seminars war für einen ganzen Tag anberaumt, um die Basissaat in unseren Hirnen auszusäen, damit sie in den folgenden Wochen aufgehen möge.

      Es war Ende April. Das wertete ich als gutes Zeichen, nicht nur wegen meiner Freundin und Kollegin April. Auch weil April sicher kein schlechter Zeitpunkt war, um etwas auszusäen.

      Aber dann begann jener Mittwoch mit einer Tragödie in der analogen Welt: Als ich unter dem alten, stattlichen Kirschbaum in unserem Hinterhof herging, der gerade begonnen hatte zu blühen – weil es wie in den vergangenen Jahren auch schon im Frühjahr für ein paar Tage sommerlich warm geworden war – hörte ich ein dumpfes Dröhnen, wie ein lautes Stöhnen und konnte gerade noch zur Seite springen, bevor er in der Mitte auseinanderbrach. Einfach so. Seine Krone barst – gleichsam gespalten von einer riesigen göttlichen Axt. Ein starker Ast dick wie drei Männerarme lag, umhüllt von seinem grünen Blätterkleid, quer über den Hinterhof. Es brauchte nicht lange, da öffneten sich in den umliegenden Häusern die Fenster und die Nachbarn schauten herunter.

      Unser Vermieter, der hier ebenfalls seine Wohnung hat, eilte auf den Hof an meine Seite und betrachtete erschüttert den halbierten Baum.

      Viele Jahre lang hatten wir unter seinen weiten Ästen ein Kirschblütenfest gefeiert. Wie sich das für eine japanisch geprägte Stadt wie Düsseldorf gehört.

      Seine Spaltung verursachte Wehmut und erinnerte schmerzhaft an die Vergänglichkeit alles Schönen.

      Und alles was mir einfiel, als mein Vermieter sich zu mir gesellte, war: „Ich war’s nicht.“

      Natürlich bestätigte mir mein Vermieter lächelnd meine Unschuld.

      Und wie ich erst Tage später erfahren sollte, war der Baum in Wahrheit schon eine ganze Weile krank gewesen. Man hatte es ihm nicht angesehen, aber ein Pilz hatte sein Innerstes ausgehöhlt, diagnostizierte der Baumdoktor und machte dem Vermieter wenig Hoffnung. Der lange harte Winter hatte den schönen Baum geschwächt, die plötzliche Wärme sein Holz arbeiten lassen. Nun war es geschehen.

      Alle Nachbarn waren betrübt, als der Vermieter uns diese traurige Botschaft überbrachte. Der breite Ast wurde abgesägt und der gespaltene Stamm mit einem Gurt zusammengezurrt. Aber all das geschah erst in den nächsten Tagen.

      Jetzt stand ich erst einmal betroffen neben dem geteilten Baum und schaute erschrocken auf den breiten Ast, der mich ohne weiteres hätte spalten können, zumindest meinen Schädel.

      Kein so gutes Vorzeichen also für meinen Start ins Programmieren.

      Außerdem kam ich zu spät. Das lag nicht an dem alten Kirschbaum. Ich hätte nämlich trotz Schock meinen Zug noch erwischt. Mein Vermieter half mir über den üppigen Ast, während er sich nochmals besorgt erkundigte, ob mit mir alles in Ordnung sei.

      Natürlich war alles in Ordnung. Der Ast hatte mich ja glücklicherweise verfehlt. Mehr in Ordnung konnte man ja gar nicht sein, als einem Beinahe-Unfall zu entgangen zu sein.

      Und so eilte ich also erleichtert davon.

      Das eigentliche Problem war die Deutsche Bahn. Sie machte auch dieses Mal keine Ausnahme. Ich weiß, die Häme über das Unternehmen ist reichlich überstrapaziert. Dennoch wundere ich mich immer wieder aufs Neue wie konsequent jeder Zug wirklich jeder in den ich einsteige verspätet ist oder es spätestens dann ist, wenn ich wieder aussteige.

      Wieso schaffen die Schweizer und Niederländer es eigentlich mit halbwegs pünktlichen Züge zu operieren und wir nicht?

      Auch über die Klimatisierung bei der DB kann ich mich immer nur wundern. Es scheint keinen Mittelweg zu geben zwischen Nordpol und Death Valley. Jahreszeitenübergreifend.

      Es ist nicht etwa so, dass im kalten Winter ausschließlich Death Valley eingeschaltet ist. Das wäre ja fast noch nachvollziehbar. Aber auch im kalten Winter entscheidet sich die Zugtechnik – ob mit oder ohne Anleitung, sei jetzt mal dahingestellt – gerne für Nordpol. Und im Sommer auch schon mal für Death Valley.

      Ich möchte mir dann am liebsten die Kleider, die ich mir angezogen habe, um der Klimaanlage wahlweise in der Redaktion oder im Zug zu trotzen, vom Leib reißen, weil sich stattdessen die Sommerhitze staut (Zug) oder sogar die defekte Heizung auf Hochtouren läuft (Redaktion).

      Nicht einmal das Fenster lässt sich in den modernen ICEs mit den anfälligen Klimaanlagen aufreißen.

      Aber hey, was rege ich mich eigentlich so künstlich auf über unsere Bahn?

      In Indien sind die Züge manchmal vierundzwanzig Stunden zu spät. Und es sterben im Durchschnitt vierzig Menschen am Tag beim Bahnfahren. Was allerdings auch daran liegen könnte, dass sie gerne auf dem Dach mitfahren oder sich mit ihren ganzen Körpern aus den Türen hängen. (Was mir bei der Luft und den Temperaturen in deutschen Zügen manchmal auch vorschwebt.)

      In Japan gibt es bekanntlich Menschen, die eigens dafür eingestellt wurden, um überzählige Passagiere, die wirklich überhaupt nicht mehr in die Metro hineinpassen, Kraft ihres Amtes doch noch mit all ihrer antrainierten Muskelkraft hineinzupressen.

      Das wäre vielleicht was für mich! Von wegen ausreichend Abstand und Luft zum Atmen. Aber ich komme vom Thema ab.

      In diesem Fall kam ich also mitten im sehr lauen End-April ultrahocherhitzt und reichlich verspätet in Köln an.

      Ich arbeite dort und pendele daher zwischen den beiden rivalisierenden Rheinmetropolen.

      Ich würde aber niemals aus dem gemütlichen Düsseldorf wegziehen, das nicht umsonst „Dorf“ im Namen trägt. Auch der Rhein ist hier einfach schöner.

      Mit seinen Uferwiesen, den weißen Sandstränden, den stattlichen Pappelalleen und windschiefen Kopfweiden.

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