Der Agentenjäger. Peter Schmidt

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Der Agentenjäger - Peter Schmidt

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      Sein Text schien sich über das unterwürfige, halblaute Sprechen der anderen Passagiere lustig zu machen.

      Faber stellte erleichtert fest, dass Corinna nicht gekommen war. Die meisten Indios trugen Hüte und dunkle Jacken westlichen Schnitts, und wie von ihren Jacken oder Ponchos trennten sie sich auch von ihren Hüten nur ausnahmsweise, obwohl kein Lüftchen wehte und die Sonne auf Fabers Wagenseite durch die Scheiben brannte, als lege sie es darauf an, alles um sie herum in Flammen aufgehen zu lassen.

      Man konnte glauben, es explodiere gleich eine Bombe der einen oder anderen Seite, oder bei Maschinengewehrsalven von den Dächern der umliegenden Hotels würde ihnen keine Zeit mehr bleiben, ihre armselige Habe zusammenzuraffen.

      Der Fahrer band einen Ziegenbock auf den Holzrippen des Wagendachs fest, und jugendliche, barfüßige Straßenverkäufer boten in zerschlissenen Körben Früchte und Nüsse an. Dann wurde der Motor angeworfen. Er versetzte das altersschwache Gefährt sofort in allgegenwärtiges Zittern. Faber musterte besorgt die rostigen Schrauben und Nieten der Wandverstrebungen. Seine Scheibe hing schräg in der Halterung. Wo sich ihre Rundung in den Rahmen hätte einpassen sollen, fehlte ein faustgroßes Stück Glas, das ein Steinwurf oder Schuss herausgerissen haben mußte. In der feuchten Hitze tummelten sich die Fliegen. Das Fahrzeug hupte gellend, ihr Abfahrtssignal, und aus dem Schatten der cantina lösten sich die letzten Passagiere.

      Dann sah er Corinna mit einer ledernen Umhängetasche über den Platz eilen …

      Sie winkte aufgeregt dem Fahrer.

      «Rapido, no pare», rief Faber ihm zu.

      Einige Passagiere, alte Männer, lachten wegen seiner Dreistigkeit. Frauen waren es nicht wert, dass man für sie Bremsbelag vergeudete; schon gar nicht, wenn sie so offensichtlich der Rasse der Gringos angehörten.

      Einen Augenblick lang schien es tatsächlich, als rumpele das Gefährt über den mit Asphalt gefüllten Löchern des Sandplatzes weiter, dann kam es abrupt zum Stehen. Der Ziegenbock über ihnen auf dem Dach gab ein lautes Meckern von sich, und die Hühner zu seinen Füßen schlugen wild mit den Flügeln.

      Faber spuckte ein Stück flaumiger Feder aus, das ihm zwischen die Lippen geraten war.

      Als er aufblickte, plumpste Corinna neben ihm auf den Sitz.

      «Das haben Sie sich so gedacht», fauchte sie.

      «Gedacht, was?»

      «Ich konnte hören, was Sie dem Fahrer zuriefen»

      «Ich wollte, dass er anhielt. Vielleicht ist mein Spanisch zu schlecht.»

      «Ihr Spanisch ist ausgezeichnet. Sie haben no pare, nicht anhalten, gerufen.»

      «So? Na, das wundert mich nicht. Wahrscheinlich ist der Motor beim Bremsmanöver in die Brüche gegangen.»

      Tatsächlich war der Fahrer ausgestiegen und horchte besorgt auf den metallischen Klang unter der Motorhaube. Es hörte sich an, als schüttele man leere Konservendosen in einem Waschzuber. Je länger sie im Leerlauf standen, desto rasselnder wurde das Geräusch, untermalt vom dumpfen Geklapper der Ventile. Doch nachdem er irgend etwas im Motorraum laut fluchend mit einem Stück Draht befestigt hatte, setzten sie die Fahrt ohne größere Unterbrechungen fort.

      Als sie hoch genug aus dem Tal mit seinen grünen Hängen aufgestiegen waren, sahen sie milchigblau und weit entfernt im Dunst die Kegel zweier Vulkane aufragen. Ihr Anblick strahlte etwas Entrücktes und Erhabenes aus – als blickten ihre Gipfel mit milder Nachsicht aus einer fernen Zeit auf sie herab, die so unendlich viel bedeutender als die Gegenwart war, dass darüber alles andere verblasste.

      Dann wurden sie unvermittelt in die Wirklichkeit zurückgeholt:

      Auf dem schwarzen Stoppelfeld vor ihnen stand eine ausgebrannte Maschine der AVIATECA, der staatlichen Luftfahrtlinie; Sitzgestelle, aus denen noch die Federspiralen ragten, und leere Gepäckcontainer waren weit über den Boden verstreut. Die beiden Alten vorn beim Fahrer, Indiofrauen von derbem Bauernschlag, verhüllten ihre Gesichter mit weißen Taschentüchern, als böte das Schutz vor kommendem Unheil.

      Augenblicke später fuhren sie durch dichten Mischwald, und es wurde angenehm kühl im Bus. In den Tierras templadas, dem zentralen Hochland, lagen die Temperaturen das ganze Jahr über bei 20 Grad.

      Ein paar Minuten lang genoss Faber die Fahrt. Die Straßen waren mustergültig für mittelamerikanische Verhältnisse. Lea im fernen Ost-Berlin schien ihm so wenig wirklich wie jemand, der nur noch in der Einbildung existierte.

      Er hatte Ross dazu bringen können, ihm diesen Auftrag zu überlassen, weil sie beide, Reuben und er, viele Jahre lang Kollegen in derselben Abteilung gewesen waren, «alte Kameraden» – was immer das bedeuten mochte. Von echter Freundschaft war zwischen ihnen nie die Rede gewesen. Obwohl Faber manchmal das Gefühl gehabt hatte, und Reuben wohl nicht minder, sie ständen dicht davor. Den wirklichen Grund, warum er hinter dem Auslandsauftrag her war, hätte er Ross nicht gut nennen können.

      Eine Verschnaufpause – Abstand zu gewinnen von dem, was ihm zu schaffen machte, war kein Motiv, das für einen Mann seiner Position irgendeine Geltung beanspruchen konnte. Es wäre ein Eingeständnis von Schwäche gewesen.

      Als «ewiger Vize» und langjährige rechte Hand wechselnder Chefs, die so unnahbar wie Kometen an ihm vorübergezogen waren, schätzte Ross es nicht sonderlich, wenn man Sonderwünsche äußerte. Er bereitete sich darauf vor, die höchste Stufe in der Hierarchie zu erklimmen – vergeblich, wie man in der Organisation mit gewohnter Schadenfreude orakelte –, und auf diesem dornenreichen Weg erschien ihm selbst der harmlos gemeinte Vorschlag eines Auslandsauftrags als Einmischung in die Planungen der Führungsspitze. Das galt noch strikter für Aufträge, die wie dieser so weit außerhalb von Fabers gewohnten Aufgaben lagen.

      Ross und Marten hatten ihn nach allen Regeln der Kunst davon zu überzeugen versucht, dass ein Geheimnisträger seines Ranges besser im eigenen Land blieb. Deshalb hatte Ross‘ plötzliches Einlenken zwei Tage nach dem ergebnislosen Treffen mit Leas Anwalt in Faber sofort den Verdacht erregt, sie seien ihm auf der Spur.

      Aber genaugenommen gab es dafür keine Beweise. Er versuchte sich auszumalen, wie sie reagieren würden, wenn sie entdeckten, dass er sich schon ziemlich weit vorgewagt hatte – vorgewagt ohne Ergebnis für Lea … Es fiel nicht zu seinen Gunsten aus. Er war dankbar für die Ablenkungen der Reise.

      Einer der Indios im Bus bekreuzigte sich, und die anderen stimmten in sein Gebetsmurmeln ein. Der Mischwald war unvermittelt zum Regenwald geworden …

      «Was ist los?», fragte Faber.

      «Sie glauben, dass im Dschungel dvendes hausen, kleine, über und über mit grauem Haar bedeckte Männchen, die jedem den Daumen abschneiden, der nicht achtgibt.»

      «Den Daumen?», fragte er verständnislos. «Wozu?»

      «Ich weiß nicht … vielleicht, weil sie selbst keinen haben.»

      Fabers Blick streifte skeptisch die wie in Erwartung kommenden Unheils dasitzenden Gestalten. «Deshalb verstecken sie ihre Hände in den Hosentaschen?»

      «Man kann nie wissen.»

      «Ist das nicht reichlich abwegig? Wenn man bedenkt, wer ihre wirklichen Feinde sind?»

      «Wen

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