DAS GESCHENK. Michael Stuhr
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„Und was wünscht sie sich?“
„Was alle sich wünschen: Jugend, Schönheit, Reichtum, was weiß ich.“
„Hat sie alles! Was wünscht sie sich wirklich?“
„Du hörst jetzt besser auf!“ In Adrianos Stimme war plötzlich ein drohender Unterton.
Sie kämpften mit Waffen, die im Lauf der Jahre stumpf geworden waren. Stumpf zwar, aber immer noch schwer und mächtig genug, alte Wunden wieder aufbrechen zu lassen. Es gab Geheimnisse in den alten Familien, über Jahrhunderte hinweg gesponnene Intrigen und Gerüchte, die man besser nicht erwähnte.
„Na, egal was es ist. Du wirst es schon möglich machen. Bis auf das Eine ...“
„Oh, es wird ja schon dunkel. War nett, mit dir zu plaudern.“ Adriano lehnte sich zurück und schaute demonstrativ auf die Breitling an seinem Handgelenk. Mit einer eleganten Bewegung stand er auf und legte Diego die Hand auf die Schulter. „Ich verschwinde jetzt besser“, sagte er leise mit einem Lächeln, „bevor ich dir deinen verdammten Schädel von den Schultern reiße.“
„Stimmt!“, grinste Diego zurück. „Das würde auffallen. Ein andermal vielleicht.“
„Ein andermal bestimmt!“, meinte Adriano, hob zum Abschied grüßend die Hand und ging zwischen den Tischen hindurch in Richtung Parkplatz. Dabei kam ihm der kleine Hund in die Quere. Er schaute Adriano erschrocken an, kniff den Schwanz ein und rannte jaulend davon, ohne dass Adriano irgendetwas getan hätte. Er hatte das Tier noch nicht einmal richtig angeschaut.
Diego sah seinem Cousin nach, wie er in der Dunkelheit unter den Bäumen verschwand. Adriano war wirklich verärgert, und vielleicht hatte er jetzt die ganze Woche Ruhe vor ihm. Zufrieden wandte er sich wieder dem Treiben auf der Terrasse zu und sein Blick blieb an einer Gestalt hängen, die er zuvor nicht bemerkt hatte: Ein hübsches Mädchen mit langen, hellblonden Haaren saß mit seinen Eltern und dem Jungen von eben an einem Tisch in der Nähe. Sie schien in irgendwelchen Schwierigkeiten zu sein, denn sie diskutierte mit ihrem Vater und ging mit ihrem Besteck auf das Essen los, als gelte es, einen Feind niederzumachen. Trotzdem machte sie keinen wütenden, sondern eher einen verzagten Eindruck. Sie wollte irgendetwas erreichen, hatte aber schon halb aufgegeben.
Der Kellner kam und servierte die Seewolffilets. Dabei nahm er Diego einige Sekunden lang die Sicht, und als er wieder ging, saß das Mädchen nicht mehr am Tisch. Diegos Augen suchten das Restaurant ab, und da war sie: Sie stand am Tisch einer Freundin, die ähnliche Probleme zu haben schien, wie sie selbst. Das blonde Mädchen war ziemlich groß und sehr schlank und Diego merkte, dass sein Herzschlag sich um eine Winzigkeit beschleunigte.
Das Essen war unwichtig geworden. Er war wie hypnotisiert und sah zu, wie sie sich mit einer fließenden Bewegung auf einen Stuhl gleiten ließ. Sie sprach ein paar Worte mit dem Vater der Freundin, wobei sie mit sparsamen Gesten die Dringlichkeit ihres Anliegens unterstrich. Hier wirkte sie viel überzeugender und lockerer, als im Gespräch mit ihren Eltern, und wirklich: Der Vater der Freundin nickte schließlich, woraufhin seine Tochter aufsprang und ihm eine ganze Serie von Küssen auf die Wange gab.
Auch das hellblonde Mädchen stand auf und gemeinsam gingen die beiden zu einem dritten Tisch, wo es wohl nicht so gut lief. Diego ließ die schöne Unbekannte nicht mehr aus den Augen. Sie war einfach perfekt. Eine Frau, wie sie bislang nur in seinen schönsten und geheimsten Träumen vorgekommen war.
Schließlich verließen alle drei Mädchen und die Terrasse. Ein viertes Mädchen sprang von einem Nachbartisch auf, rief etwas, und schloss sich ihnen an.
Diego presste die Lippen zusammen. Die Nachzüglerin war schwarzhaarig und klein. Sie mochte das netteste Wesen der Welt sein, aber Diego stand sofort wieder das Mädchen aus seinem Traum vor Augen, dessen Körper sich in seinen Armen auf so unbegreifliche und schreckliche Weise verändert hatte. Warum konnte man solche Erinnerungen nicht einfach löschen, wenn sie einem doch nur das Leben vergifteten?
Die vier Mädchen verschwanden in der Dunkelheit, aber für Diego waren sie noch schemenhaft sichtbar, als sie nahe der Wasserlinie stehen blieben, sich umwandten und gebannt in den Nachthimmel schauten. Die nahe Diskothek hatte gerade mit einem Samstagabendfeuerwerk begonnen.
Was für ein Mädchen, was für eine Frau! Versonnen zerteilte Diego eines der Filets und schob sich den Bissen in den Mund. Er musste sie unbedingt kennen lernen! Vergessen war der Ärger mit Adriano. Er sah nur noch das Bild dieses Mädchens vor sich, und als die letzten Raketen ihre Ornamente an den Himmel gemalt hatten, stand sein Entschluss fest: Morgen würde er ihre Nähe suchen und sie ansprechen.
05 SIEG
„Warum denn nicht, Papa?“ begehre ich auf, als ich schließlich bei meinen Eltern am Tisch sitze, wo unser Abendessen serviert wird. „Fleur und Pauline machen schließlich auch mit und Felix auch!“
„Felix?“ Mein Vater schaut mich etwas irritiert an. „Jungen machen da auch mit?“
„Felix ist ein Mädchen“, kläre ich ihn auf. „Also, darf ich?“
„Nein!“
„Oh, Mann, warum denn nicht?“
„Weil du dich nicht zur Schau stellen sollst. Das macht man nicht!“ erwidert mein Vater bestimmt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Eltern von Fleur und Pauline das erlaubt haben.“
„Doch haben sie“, lüge ich und hoffe inständig, das es so sein würde. „Die sind nicht so spießig!“ füge ich noch giftig hinzu, während ich mit wütenden Bewegungen an meinem Filet herum schneide und es dabei halb zerquetsche.
„Na, na!“ tadelt mich meine Mutter mit strafendem Blick. „Nun sei mal nicht so frech zu deinem Vater. Er meint es doch nicht böse mit dir. Er hat nur Angst um dich, weil er nicht weiß, wie so eine Misswahl abläuft“, fügt sie noch lächelnd hinzu und blinzelt mir dabei verschwörerisch zu. Das gibt mir ein wenig Hoffnung.
Mein blöder Bruder muss in diesem Moment natürlich dazwischen plärren: „Lana auf dem Laufsteg.“ Er lacht, hebt im Sitzen ein wenig die Arme und wackelt mit dem Oberkörper. „Sie wird bestimmt stolpern und sich total blamieren. Dann kenne ich dich nicht mehr!“
„Halt die Klappe Didier, du weißt ja gar nicht, wovon du redest!“ fauche ich ihn an. „Außerdem macht Celine auch mit, die Schwester von deinem Paul! Willst du, dass ich hinter der zurückstehe?“
Didier sieht mich mit offenem Mund an, in dem sich noch Reste von zermatschten Pommes befinden. Ich merke, wie er zu kämpfen hat. Schließlich siegt seine Familienloyalität. Er schließt seinen Mund und murmelt. „Na, besser als die blöde Celine bist du auf jeden Fall.“
„Wer ist überhaupt diese Felix, von der du da geredet hast?“ will mein Vater mit einem Mal wissen.
„Eigentlich heißt sie Felicitas. Sie ist Engländerin“, erwidere ich seufzend und glaube schon nicht mehr an den Erfolg meiner Bemühungen.
Mein Vater vergisst das Stück Filet und erstarrt mitten in der Bewegung. „Eine Engländerin“, wiederholt er ungläubig mit großen Augen. „Ist sie allein hier?“
„Nee, mit ihren Eltern.“ Diese Ausfragerei geht mir mittlerweile ganz gewaltig auf den Geist
„Engländer?