DAS GESCHENK. Michael Stuhr
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03 IN DER STRANDBAR
Die im Moment fast leere Bar des Neptune sieht aus wie immer, als ich durch den Sand herangeschlendert komme. Die große Terrasse ist mit einem riesigen Sonnensegel überdacht und die Grünpflanzen in den Kübeln ringsum sind kümmerlich wie eh und je. Schon von weitem sehe ich Fleur und Pauline an einem der Tische sitzen.
„Hallo Lana!“ Fleur springt von ihrem Stuhl auf, kommt mir entgegen gerannt und nimmt mich zur Begrüßung in den Arm. „Der Urlaub ist gerettet!“, meint sie. „Pauline ist schon ganz trübsinnig, weil du nicht da warst.“
„Äh, ja, hm ...“ Da weiß ich nun auch nicht, was ich sagen soll. Ich neige ein wenig dazu, mich für nicht so wichtig zu halten und reagiere immer etwas verlegen und trottelhaft auf so etwas.
„Lana!“ Auch Pauline steht auf und nimmt mich in den Arm. Sie sieht wirklich etwas gestresst aus. Kein Wunder, bei den Eltern! Besonders von ihrer Mutter kriegt sie immer so viel Druck, dass ich mich schon lange frage, wie sie das auf Dauer aushält.
„Jetzt ist das Team wieder komplett!“, freut Fleur sich, und als Pauline mich loslässt, ist ein Lächeln auf ihrem Gesicht, dass ich sie knuddeln könnte.
Wir setzen uns an den Tisch und erzählen uns, was wir im vergangenen Jahr so gemacht haben, und vor allem, was unsere Pläne für diese Ferien gewesen wären. Wir stellen fest, dass wir alle eigentlich gar nicht hier sein wollten, aber jetzt, wo es anders gekommen ist, ist es auch gut.
Die Frau von Barnabé kommt aus der Küche und fängt zusammen mit zwei Angestellten an, die Tische neu einzudecken, weil bald der Restaurantbetrieb beginnt. „Hallo, Lana“, grüßt sie mich und ich wünsche ihr auch einen guten Abend.
Höflich räumen wir unseren Tisch, damit wir nicht im Weg sind und setzen uns auf die Kante der Terrasse. Ich ziehe mir die Ballerinas aus und bohre die nackten Füße in den warmen Sand. Was für ein tolles Gefühl. Endlich Urlaub.
„Hast du eigentlich Pascal und Alain schon gesehen?“, will Fleur wissen.
„Nö“, sage ich so beiläufig wie möglich und tue ganz uninteressiert. - So, Alain ist also auch da.
„Da kommen sie nämlich gerade.“ Fleur zeigt mit dem Kinn die Richtung an.
Mein Kopf ruckt herum, und tatsächlich, da stiefeln sie durch den Sand auf uns zu.
Pascal und Alain sind alte Stammgäste auf Neptune, genau wie wir. Der schlanke Alain ist, wie ich auch, Siebzehn. Er wird von Jahr zu Jahr hübscher. Sein Bruder Pascal entwickelt sich mehr und mehr in Richtung Wasserbüffel - so stark und auch genauso stupide. Er ist der Ältere und Langweiligere und sieht immer ein wenig verdrießlich aus. Alles an ihm ist Muskel und Kraft. Ob er wohl Bodybuilding macht? Ich vermute es fast.
Alain winkt uns zu und macht ein paar kleine Hopser, als er mich entdeckt. Er ist lustig wie eh und je, während Pascal mal wieder die Spaßbremse macht und mit finsterem Gesicht grüßend die Hand hebt.
„Schön, dass du da bist, Lana“, strahlt Alain mich an und setzt sich neben Fleur auf den Rand der Terrasse, während Pascal irgendetwas grunzt und sich neben Pauline hockt. „Du hast uns allen echt gefehlt!“
Trottelmodus aktivieren, „Ja, äh!“ stammeln und geistlos grinsen, das geht alles vollautomatisch. Ich hasse mich dafür. Warum kann ich nicht auch mal flinkzüngig, schlagfertig und charmant sein?
Während meine Farbe wieder von rot zu normal wechselt, erzählt Fleur irgendwas von einem Paar Schuhe, das sie in der Stadt gesehen hat. Alain wirft mir dabei Blicke zu, die mir nicht unangenehm sind. Dieses Jahr wirkt er irgendwie viel erwachsener, als ich ihn in Erinnerung hatte. Ein wirklich ansehenswerter Kerl, der Alain. In mir steigt die Hoffnung auf, dass dieser Urlaub vielleicht doch noch ganz lustig werden könnte.
Die Tische sind mittlerweile hergerichtet und wir ziehen wieder in die Bar um. Ein Tisch ganz am Rand ist uns gerade recht. Hier lässt es sich bis zum Abendessen aushalten, und weil man uns kennt, kommt auch niemand daher, um uns teure Getränke aufzuschwatzen.
Während wir uns unterhalten und das Lokal sich langsam mit Gästen füllt, kommt ein dunkelhaariges Mädchen herangeschlendert.
„He, wer bist du denn?“, ruft Alain ihr zu, und seine Stimme klingt dabei genauso herzlich wie eben bei mir. Ich fühle mich ein wenig angepiekt. Muss er denn wirklich jedes halbwegs hübsche Mädchen ansprechen? Muss er wohl, sonst wäre er nicht Alain. Pascal dagegen zieht die Augenbrauen ein wenig zusammen und es sieht fast so aus, als fürchte er sich davor, eine neue Bekanntschaft zu machen.
„Ich bin Felix.“ Freundlich lächelnd bleibt das Mädchen stehen. „Kann ich hier runtersitzen?“ Der englische Akzent ist unüberhörbar und die Wortwahl auch.
Bevor wir etwas erwidern können, zieht sie sich auch schon einen von diesen unbequemen Sesseln aus Rohrgeflecht heran, die auf jeder nackten Stelle der Haut unweigerlich hässliche, juckende Muster hinterlassen.
„Felix?“, vergewissert sich Pauline. „Hast du Felix gesagt? Heißt man so in England? Als Mädchen, meine ich.“
„No!“ Das Mädchen grinst uns alle der Reihe nach an „Meine Name ist aber doch Felix“ erklärt sie und setzt sich ganz selbstverständlich zu uns.
Fragend zieht Pauline eine Augenbraue hoch. „Das ist doch ein Jungenname“, stellt sie fest.
„Ist mich egal!“ erwidert Felix eifrig, „Hauptsache nicht einen Namen haben wie eine jämmerliche Heulsuse!“ Wieder grinst sie uns an. „Mein wirklich Name ist Felicitas. Wie kann man einer Mädchen nur so was antun?“ fügt sie kopfschüttelnd hinzu. „Crazy!“
Wir müssen lachen über ihre kleinen, sprachlichen Ausrutscher. „Also, du sprichst wirklich gut Französisch, fast perfekt. Von wo kommst du? Wo wohnst du in England?“ Fleur beugt sich neugierig in ihrem Sessel vor, und auch ich betrachte dieses Mädchen interessiert. Felix ist mir auf Anhieb sympathisch.
„Ja, ich komme von Great Britain, also Cardiff“, erklärt sie uns bereitwillig. „Wir tun einer Tour über der Kontinent. France, Italy, Austria und so. Mit einer big Wohnmobil.“ Bei diesen Worten hebt sie die Arme, um die Größe des Wohnmobils anzuzeigen und macht dabei auch ganz große Augen.
Wieder müssen wir lachen, denn diese Geste wirkt irgendwie kindlich komisch.
„Ach euch gehört der Riesenkasten“, platzt Alain heraus.
„Kasten?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen schaut Felix ihn fragend an. „Ich verstehe nicht. Er ist ein Auto und kann fahren“, fügt sie ernsthaft nickend hinzu.
„Ja, ja, ich weiß, ist nur so eine Redewendung“ erklärt er und muss ein Grinsen unterdrücken. „Wirklich ein schönes Wohnmobil“, fügt er noch bekräftigend hinzu, wohl um nicht den Eindruck zu erwecken, als wolle er sie veralbern.
„Ja nicht?“ erwidert Felix begeistert. „Und alles drin, was einer brauchen kann. Wir haben ihn in Calais gemietet.“ Sie wird mir mit ihrer offenen, arglosen Art immer sympathischer.
„Wie lange bleibt ihr hier auf Neptune?“ fragt Pauline interessiert.
„Ich weiß nicht sehr genau. A few days? Möglicherweise