Merveille du monde - Das Geheimnis der zweiten Welt. Yvonne Tschipke

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Merveille du monde - Das Geheimnis der zweiten Welt - Yvonne Tschipke

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Kapitel 52

       Kapitel 53

       Kapitel 54

       Kapitel 55

       Kapitel 56

       Kapitel 57

       Kapitel 58

       Kapitel 59

       Impressum neobooks

      Kapitel 1

      Stell dir vor, das was du hier lebst, ist nicht dein richtiges Leben.

      Stell dir vor, es ist nur ein Ausflug von deiner wahren in eine andere Welt. Stell dir vor, dass all das, was du dir für dein Leben wünschst, nur die Erinnerungen an dein eigentliches Leben sind und die unendliche Sehnsucht danach. Und dass du immer wieder tief in dir spürst, dass du dorthin zurück möchtest, wo du eigentlich zu Hause bist.

      Lass dich entführen nach

      Merveille du monde

      und entdecke

      Das Wunder der Zweiten Welt

      Die Hütte

      Gedankenverloren kramte Tara ihren Lieblingsstift aus dem abgewetzten buntkarierten Mäppchen, das griffbereit neben ihr lag. Sie liebte gute Stifte und besaß einige davon, doch diesen hier mochte sie ganz besonders. Er sah nicht sehr schön aus. Eigentlich ziemlich gewöhnlich. Einer von tausenden. Doch der einfache hellgrüne Kugelschreiber schrieb besonders gut. Irgendwann einmal hatte ihn ihr irgendjemand geschenkt. Tara konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, von wem sie ihn bekommen hatte. So sehr sie auch darüber nachdachte.

      Vielleicht war das in einem anderen Leben, dachte sie manchmal schmunzelnd. Es musste auf alle Fälle jemand gewesen sein, der sie sehr mochte. Nicht weil der Stift ein so großartiges Geschenk war, denn eigentlich sah er, wie gesagt, ziemlich gewöhnlich aus. Doch sie bekam nur selten etwas geschenkt. Und wenn, dann nur von Nina, ihrer besten und, wenn sie es sich recht überlegte, auch einzigen Freundin. Aber von ihr hatte Tara den Stift nicht bekommen. Das wusste sie ziemlich genau. Jedenfalls brauchte sie diesen Stift gerade jetzt. Beim Lesen war ihr ein guter Gedanke gekommen. Manche Gedanken kommen oft heimlich von irgendwoher und fast immer verschwinden sie genauso schnell, wie sie gekommen waren, dorthin zurück. Deshalb wollte Tara ihn schnell sortieren und in dem kleinen Notizbuch festhalten, das sie immer mit sich herum trug. Das Mädchen sah beim Nachdenken über diesen Gedanken für einen kurzen Augenblick auf und stutzte. Ein Windstoß hatte ein paar der dünnen Äste des Gestrüpps, das kreuz und quer neben den Felsen wuchs, zur Seite gebogen. An und für sich war daran nichts Verwunderliches. Tara fragte sich nur, woher der Wind gekommen war. Den ganzen Nachmittag über schien bereits die Sonne und kein einziges Lüftchen wehte. Es war fast wie im Hochsommer und Tara hatte am Mittag nach der Schule schon überlegt, ob sie nicht lieber zum See gehen sollte. Doch das Wasser schien ihr noch viel zu kalt zu sein. Immerhin war es erst Ende April – die Badesaison lag noch in weiter Ferne. So war sie dann doch wie an fast jedem Nachmittag in den Wald zu den Drachenfelsen gelaufen, um sich im Schatten der Bäume in eines der Bücher zu versenken, die sie aus der Bibliothek ausgeliehen hatte.

      Den Namen Drachenfelsen hatte sich Tara vor etwa zwei Jahren ausgedacht, als sie das erste Mal hier gewesen war und diese Stelle mitten im Wald für sich entdeckte. Die drei großen grauen Steinformationen ähnelten – wenn man nur einen kleinen Funken Fantasie besaß – tatsächlich Drachen mit spitzen Zacken auf dem Rücken. Für Menschen ohne diese wunderbare Gabe, etwas Besonderes in scheinbar gewöhnlichen Dingen zu entdecken, waren es allerdings nur drei lange spitze Steinberge, die sich dort im Wald erhaben zum Himmel streckten.

      Nun jedenfalls hatte der plötzlich aufkommende Windstoß den Blick auf etwas freigegeben, was Tara hier vorher noch nie gesehen – oder vielleicht nur noch nie bewusst wahrgenommen – hatte. Später würde Tara behaupten, es kam ihr gerade so vor, als ob der Wind ihr das vermeintliche Geheimnis, das hinter dem Gestrüpp verborgen lag, unbedingt zeigen wollte.

      Tara kniff die Augen fest zusammen, so, wie man es eben tut, um besser sehen zu können. Hinter dem stachligen Gebüsch kamen Bretter zum Vorschein; braune alte Holzbretter. Tara legte das Notizbuch und den Stift zur Seite und erhob sich langsam. Sie stieg von dem Felsvorsprung, auf dem sie gesessen hatte, herunter und lief neugierig hinüber zum Gebüsch. Vorsichtig, damit sie mit den viel zu langen Ärmeln ihres Pullovers nicht in den spitzen Dornen hängen blieb, schob sie die Zweige noch ein Stück mehr auseinander.

      Was Tara dann erblickte, überraschte sie sehr.

      Denn dort stand eine Hütte. Eine kleine windschiefe Bretterbude. Tara dachte scharf nach. Sie war an fast jedem Nachmittag hier draußen im Wald. Sie bildete sich ein, jeden Stein und jeden Baum hier zu kennen. Doch sie war sich ganz sicher, diese kleine alte Hütte noch nie gesehen zu haben. Aber vielleicht hatte sie sie in den Jahren zuvor auch einfach nur übersehen. Wer achtete schon auf so ein unspektakuläres, halb verfallenes Ding, das scheinbar keinen Nutzen mehr hatte?

      Tara zwängte sich durch das Gebüsch und ging etwas näher an die Hütte heran. Sie kniff ihre Augen ganz fest zu, hielt sie für ein paar Sekunden geschlossen, um sie dann blitzschnell wieder zu öffnen. Wer weiß, vielleicht hatte sie sich ja auch nur eingebildet, eine Hütte zu sehen. Manchmal spielten einem die eigenen Gedanken einen Streich. Wenn man in der Wüste war und einen der Durst fast umbrachte, dann erschien am Horizont oft eine grüne blühende Oase. Doch je länger man auf die vermeintliche Rettung zulief, umso mehr entfernte sich dieses Hirngespinst. Tara hatte in einem ihrer Bücher darüber gelesen – Fata Morgana hießen diese Trugbilder, die das Gehirn produzierte. Oder war es doch ein physikalisches Phänomen, das diesen optischen Effekt erzeugte? Tara wusste es nicht mehr so genau. Aber sie wusste, dass sie meistens in der heißen Wüstenluft vorkamen im Zusammenspiel mit dem Licht der Sonne. Gut, das hier war keine Wüste. Aber wer weiß.

      Als Tara ihre Augen wieder öffnete, erstarrte sie kurz. Es war keine Einbildung. Das windschiefe Ding stand noch immer da.

      Das Mädchen hätte schwören können, dass die Hütte wirklich noch nie dort an dieser Stelle gestanden hatte. Aber sie konnte doch auch nicht urplötzlich aus dem Nichts aufgetaucht sein. Wahrscheinlich hatte Tara das Ding sonst einfach schlichtweg übersehen. Es hätte sie nicht gewundert. Wenn man ganz flüchtig hinsah, verschwand die kleine Hütte im Gewirr aus stachligen Brombeerzweigen, das hier an dieser Stelle besonders dicht gewachsen war.

      Tara war oft hier im Wald. Unter einem der Felsvorsprünge, er sah ihrer Meinung nach aus wie die Vorderklaue eines Drachens, konnte sie stundenlang sitzen, ganz egal ob die Sonne ihre heißen Strahlen auf den Waldboden schoss oder es lange feuchte Bindfäden regnete. Hier konnte sie sich aus ihrer wahren Welt in andere, bessere Welten, in ein besseres Leben träumen, lesen oder schreiben. Manchmal war es, als würde sie aus einem schönen Traum erwachen, wenn sie das Buch zuschlug oder den Stift aus der Hand legte.

      Keiner,

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