Der Fall Bahran. Elke Maria Pape

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Der Fall Bahran - Elke Maria Pape

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Zacharias klemmte sich den Hörer unters Kinn, schleppte seinen halbvollen Teller zurück in die Küche und stellte ihn in den Kühlschrank. „Bin schon unterwegs!”

      Er musste nicht lange suchen, bis er das Haus, eine eckige kleine Stadtvilla, fand. Zwar war das Wohnhaus durch einen mächtigen Bestand an alten Bäumen und großen Büschen und Sträuchern vor den Blicken der Passanten relativ gut geschützt, aber die noch immer eingeschalteten Blaulichter wiesen ihm den Weg.

      Er parkte seinen Wagen zirka zehn Meter weiter am Straßenrand und ging an zahlreichen Schaulustigen, neugierigen Nachbarn in kurzen Hosen und den üblichen Vertretern der Presse, die wahrscheinlich wieder den Polizeifunk abgehört hatten, vorbei zu einem Streifenbeamten, der ihm bereitwillig das Absperrband hoch hielt.

      „Die Spurensicherung ist hoffentlich schon da?”, fragte Zacharias.

      Der Beamte nickte stumm.

      Zacharias nestelte an einem Hemdknopf herum und lockerte seine Krawatte. Sein Hemdkragen war jetzt schon durchnässt. Die Temperatur änderte sich kaum, als er durch die geöffnete Haustür ging. Hier drinnen war es genauso stickig wie draußen.

      Leute der Spurensicherung kamen ihm entgegen und nickten ihm mit ihren schweißnassen Gesichtern zu.

      „Wie lange seid ihr schon hier?”, fragte Zacharias.

      „Schon über eine Stunde.”, sagte einer.

      Die blonde Inge Braukmann hatte ihre langen Haare zu einem raffinierten Knoten hochgesteckt und beugte sich gerade konzentriert über den Körper der Ermordeten. Zacharias mochte die junge Rechtsmedizinerin, die es mit Fleiß und Ehrgeiz recht schnell geschafft hatte, sich auf der Karriereleiter nach oben zu kämpfen, trotz einiger Widerstände ihrer männlichen Kollegen.

      Ihrer verbindlichen Art und der fachlichen Kompetenz konnte man recht schnell vertrauen.

      „Tag, Herr Weinfeld!” Sie strich sich mit dem Unterarm eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht, peinlich darauf bedacht, nicht mit den Händen ihren Kopf zu berühren.

      Die medizinischen Handschuhe waren voller Blut.

      „Verdammt heiß heute, nicht wahr?”

      Sie nickte gequält.

      „Weiß man schon wer die Tote ist.” Zacharias stand jetzt in unmittelbarer Nähe der Leiche. Ein fürchterlicher Anblick, dachte er. Die arme Frau war von einer riesigen Lache Blut umgeben, ihr Gesicht war kaum zu erkennen. Auch der Oberkörper wies zahlreiche Wunden auf, die stark geblutet hatten. Hier hatte jemand mit äußerst brutaler Gewalt agiert.

      Sie hatte keinen leichten Tod gehabt.

      Inge Braukmann hatte nicht auf seine Frage geantwortet, so konzentriert war sie bei der Sache.

      „Es ist wohl die Dame des Hauses.”, kam ihr ein Mann der Spurensicherung zur Hilfe. „Patricia Bahran. 56 Jahre alt. Ihre Haushälterin hat sie gegen Mittag gefunden.”

      „Ist sonst noch jemand im Haus gewesen?”

      „Nein, die Frau lebte alleine hier.”

      Er sah sich um. Die Wohnung war hell und freundlich eingerichtet. Insgesamt überwiegten zarte Pastelltöne, Farben, die sich nicht zu sehr dem Auge aufdrängten aber trotzdem eine heimelige Gemütlichkeit zauberten. Wäre da nicht das viele Blut gewesen.

      „Und die Haushälterin?”

      „Wohnt in einem anderen Viertel. Sie kommt jeden Morgen hier hin und hat einen eigenen Schlüssel.”

      Zacharias kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Aha, und wo ist sie jetzt?”

      „Im Krankenhaus. Sie steht unter Schock. Kein Wunder bei dem Anblick.” Der Mann von der Spurensicherung nickte in Richtung der Leiche. „Nachbarn haben sich um sie gekümmert und die haben auch die Polizei gerufen. Zuerst war der Kriminaldauerdienst da, aber die sind schon wieder weg. Sie wurden zu einem neuen Fall gerufen. Ein Rentner, der schon mehrere Wochen tot in seiner Wohnung lag. Das hier ist eindeutig ein Fall für die Mordkommission.”

      Einer seiner Kollegen kam mit einer Plastiktüte auf sie zu. „Hier.”, sagte er und hielt die Tüte direkt vor Zacharias Gesicht. „Das sollten Sie sich ansehen!”

      „Was ist das?” Zacharias Weinfeld betrachtete neugierig die zwei blutverschmierten großen Gegenstände, die aussahen wie unförmige schwere Steine.

      „Vielleicht die Tatwaffe. Eine Skulptur, wahrscheinlich aus Sandstein. Der Täter hat wohl so fest zugeschlagen, dass sie in zwei Teile gebrochen ist. Sieht nach einer Menge Hass aus. Bei dem vielen Blut kann man nicht viel erkennen, aber es scheint so, als wenn es sich dabei um eine Darstellung eines Paares handelt, wenn man die Steine zusammensetzt. Aber fragen Sie mich nicht.“ Er hob seine linke Hand und machte eine abwehrende Bewegung. „Ich habe keine Ahnung von Kunst.”

      „Ja, o.k. Das ist ja schon ziemlich viel.”, lobte Zacharias ihn. Er wandte sich wieder der Gerichtsmedizinerin zu. „Glauben Sie auch, dass eine schwere Steinskulptur das Tatwerkzeug gewesen sein könnte?”

      Dr. Inge Braukmann schaute kurz hoch. „Schon möglich. Bei den Wunden. Der Kollege von der Spurensicherung hat sie unter dem Sofa gefunden. Da hat sich jemand keine besondere Mühe gemacht, das Ding verschwinden zu lassen, wenn Sie mich fragen.”

      „Was können Sie sonst zur Leiche sagen?”

      „Todesursache sind mit Sicherheit die schweren Schläge auf den Kopf und auf den Brustbereich. Sie sehen ja das viele Blut. Aber wir müssen die Leiche im Institut zuerst säubern, vorher kann ich nichts Genaues sagen. Eins ist klar, der Täter muss wie in Raserei immer wieder zugeschlagen haben.” Sie schüttelte sich, so als würde sie erst in diesem Moment bemerken, an welch grausigem Tatort sie sich gerade befand.

      Zacharias gab ihr Recht. „Ja, es immer wieder unvorstellbar, was Menschen anderen Menschen antun. Man gewöhnt sich nie an diesen Anblick.”

      „Chef!”

      Zacharias blickte sich um. „Ach, der Klaus, hallo, hast du noch etwas für mich?” Er kannte Klaus Bültmann schon einige Jahre. Er war der Dienstälteste im Team der Spurensicherung. „Wir haben den Fotografen gesagt, dass er sich besonders die Blutflecken vornimmt, so dass man hinterher genau…” Er wurde unterbrochen von einem lauten und schrillen Gekreische einer Frauenstimme, die von draußen kam. Die Beamten verstanden nichts von dem, was die Frau von sich gab, aber es klang völlig verzweifelt, fast panisch.

      „Moment!”, sagte Zacharias. „Merk dir, was du mir sagen wolltest. Ich schaue mal kurz draußen nach.” Mit schnellen Schritten ging er zur Haustür.

      Draußen klammerte sich eine weinende Frau in einem weiß-geblümten Sommerkleid an den Arm eines Streifenpolizisten, die Schaulustigen verfolgten die Szene mit schweißroten und gierigen Gesichtern. Zacharias ging zu ihr und versuchte vorsichtig, sie anzusprechen. „Wer sind Sie, so hören Sie doch!” Sein Kollege von der Streife hatte seine liebe Not, die Frau davon abzuhalten, ins Haus zu stürmen.

      „Sie können da jetzt nicht rein. Es geht nicht.” Zacharias fasste die Frau am Arm und übte leichten Druck aus. „Sie können jetzt nicht hinein.” wiederholte er immer wieder gebetsmühlenartig Wort für Wort, so lange, bis die

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